Universität Wien

190048 PS BM 8 Paradigmatische und aktuelle Beispiele für einschlägige Forschung (AHP+PP) (2023S)

Das Imaginäre, das Symbolische und das Politische - Formen der Subjektivierung im Zeichen des Mangels.

15.00 ECTS (4.00 SWS), SPL 19 - Bildungswissenschaft
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Am Fr, 03.03. um 15.30 Uhr findet eine gemeinsame Vorbesprechung zur Klärung aller organisatorischer Fragen via Zoom statt.
Die Anwesenheit ist unbedingte Voraussetzung zur Teilnahme am BM8.
Den Teilnahmelink finden sie auf moodle.

Am Montag 17. April muss die LV leider entfallen!
Ersatztermin: Montag 5.6.2023 im SR 7!

Freitag 03.03. 15:30 - 17:00 Digital
Montag 06.03. 16:45 - 20:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Montag 20.03. 16:45 - 20:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Freitag 31.03. 13:15 - 18:15 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
Samstag 01.04. 10:30 - 15:45 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Montag 17.04. 16:45 - 20:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Montag 08.05. 16:45 - 20:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Freitag 12.05. 16:45 - 20:00 Hörsaal 1 Sensengasse 3a 1.OG
Samstag 13.05. 10:30 - 15:45 Hörsaal 1 Sensengasse 3a 1.OG
Montag 22.05. 16:45 - 20:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Montag 05.06. 16:45 - 20:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
Montag 12.06. 16:45 - 20:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Freitag 23.06. 13:15 - 18:15 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG
Samstag 24.06. 10:30 - 15:00 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG
Montag 26.06. 16:45 - 19:15 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Auch wenn die Rede von 'mangelhaften', brüchig gewordenen Subjektformen oder letzten 'großen Erzählungen' (Lyotard, 1986) - etwa in Diskursen der postcultural oder (post)political studies
mittlerweile selbst brüchig und inflationär geworden scheint, muten die gesellschaftlichen und politischen Widerfahrnisse der letzten Jahre unserem westeuropäischen Subjekt- und Demokratieverständnis einiges zu: Despotische Staatsstrukturen, die sich als Konsensdemokratien tarnen, unmittelbare Kriegserfahrungen und die anhaltende Gefahr einer pandemischen Lage erschüttern das gegenwärtige Subjektverständnis tief in seinen Souveränitätsansprüchen. Der Halt des Unmittelbaren geht verloren. Dies gilt sowohl für kulturelle, ökonomische wie politische
Perspektiven.

Kulturell betrachtet sind Subjekte bzw. Subjektformationen stets eingelassen in imaginäre, übergeordnete Objektivationsstrukturen (Ideologien lt. S. Žižek, 2014), die als imaginäre Phantasmen
unser alltägliches gesellschaftliches Zusammenleben regulieren. Vermittelt werden sie über symbolische Ordnungsstrukturen bzw. so genannte Signifikanten wie Gesetze, Normen, Werte, Artefakte, die unserem Denken, Fühlen und Handeln unbewusst eingeschrieben sind und gleichwohl permanent und konfliktär neu ausgehandelt werden müssen. Das Konfliktäre zeigt sich in den letzten
Jahren dahingehend zunehmend, als sich Positionen einer demokratisch konstituierten (politischen) Mitte damit konfrontiert sehen, mit radikaleren bzw. populistischen Strömungen Schritt halten zu müssen. Geht also mit dem Un-Mittel-baren auch die Mitte verloren?
Ökonomisch gesehen - so könnte man es mit H. Rosa & A. Reckwitz (2021) betrachten - befindet sich das spätmoderne Subjekt in den Erfordernissen einer spätkapitalistischen Wirtschaftsstruktur, die
sich ausschließlich 'dynamisch stabilisieren' zu vermag. Damit ist angezeigt, dass für die gegenwärtige Sozialformation permanentes Wachstum der Produktionsverhältnisse und die damit einhergehende Innovierung der sie aufrechterhaltenden Subjekte nicht nur spezifisch ist, sondern notwendig vorausgesetzt werden muss. Postmodernes Subjektsein erfordert offenbar paradoxerweise, beständig über sich selbst hinauswachsen zu müssen, um den status quo bloß
aufrecht zu erhalten.

Aus einer politisch-philosophischen Perspektive scheint es angezeigt, dem Begriff des Politischen als Praxis des Dissenses in zeitgenössischen Diskursen nachzugehen. Jacques Rancière strukturiert in seinen 10 Thesen zur Politik (2000) ebenjene als notwendig konflikthafte Handlungspraxis, der eine eigene Rationalität innewohnt. Erst in agonistischen Beziehungen lasse sich ein politisches Subjekt denken. Er setzt damit einen Kontrapunkt zu dem geläufigen Verständnis eines politischen Subjekts als Bürger*in, welche*r dem Politischen bereits vorausgehe. Das Relationale eines solchen Subjektverständnisses, das - wie eingangs beschrieben - in ideologischen Rahmungen hervorgebracht wird und sich trotz deren Fluidität behaupten muss, eröffnet damit Möglichkeitsräume, in denen die Frage nach dem Verhältnis von Selbst- und Fremdbestimmung (Bünger 2013) innerhalb ideologischer Strukturen beständig neu verhandelt werden muss.

In diesem Proseminar wollen wir uns aus vorangestellter interdisziplinärer Perspektive, d.h. anhand einschlägiger, gleichwohl eklektisch gewählter Literaturzugänge aus der Bildungswissenschaft, der Soziologie und politischen Philosophie mit diesen und weiteren Fragestellungen rund um das beschriebene Themenfeld auseinandersetzen. Es geht dabei um eine kritische Beschäftigung mit aktuellen Positionen im Hinblick auf ihre kulturellen, subjektphilosophischen und -politischen Einlassungen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

• Thesenpapier inkl. Vorstellung in der jeweiligen Sitzung (30% der Gesamtbewertung)
• Verfassen einer Forschungsfrage + Literaturrecherche ODER Literaturreflexion (30% der Gesamtbewertung)
• Verfassen einer Proseminararbeit (max. 15 S.) (40% der Gesamtbewertung)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Allgemeine Mindestanforderungen
• durchgängige Anwesenheit (max. 25% Fehleinheit)
• proaktive Teilnahme an der Lehrveranstaltung
• diskussionsfähige Vorbereitung der Lektüre
• Einzel- und Gruppenarbeitsaufträge sowie -präsentationen /z.B. Postersession oder Placemat

Beurteilungsmaßstab + Mindestanforderungen
• Das Seminar gilt insgesamt als positiv bestanden, wenn mindestens die Proseminararbeit als Schlüsselleistung sowie eine weitere (d.h. mind. 70%) mit positivem Ergebnis bestanden wurden
• Die jeweilige Teilleitungsbeurteilung wird in Form von Feedbacks rückgemeldet.

Methodik /didaktische Einheiten
• 'Think - pair - share' - Einheiten
• Einzelreferate/Impulsreferate
• Kleingruppenarbeit/ Workshoparbeit mit unterschiedlichen Fragestellungen an die Texte / z.B. World-Café ? anschließende Präsentation und Diskussionsrunden im Plenum
• Posterarbeit in Gruppen mi Präsentation
• Plenarphasen

Prüfungsstoff

die Teilleistungen zum PS werden in der Vorbesprechung bzw. ersten Sitzung besprochen

Literatur

Bauman, Z. (2016). Moderne und Ambivalenz: Das Ende der Eindeutigkeit. Hamburger Edition HIS.
Feustel, R. (2018). Viel heiße Luft: Political Correctness und ihre Kritiker. Ein Essay. In Jahrbuch für Pädagogik (S. 23-37). Peter Lang.
Fischer, W. (1993). Einige Bemerkungen über die (Un-)Verträglichkeit von Pädagogik und Politik. In W. Fischer, & J. Ruhloff (Hrsg.), Skepsis und Widerstreit. Neue Beiträge zur skeptisch-transzendentalkritischen Pädagogik (S. 191-209). Academia Verlag.
Hartmann, H. P. (2015). Narzissmus und Spiegeln. Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie, 14(2), 225-236.
Jaeggi, R. (2005). Entfremdung. Zur Aktualität eines sozialphilosophischen Problems. Campus.
Jergus, K. (2020). Das Gift der Sprache–Zum Verhältnis von Sprache und Gewalt zwischen Normalisierungsbegehren, Pädagogisierung und Kritik. Jahrbuch für Pädagogik, 2018(1), 165-180.
Krassmann, S. (2010). Jacques Rancière: Politik und Polizei im Unvernehmen. In U. Bröckling, & R. Feustel (Hrsg.), Das Politische denken. Zeitgenössische Perspektiven (S. 77-98). transcript.
Krenz-Dewe, D., & Mecheril, P. (2014). Einsicht, Charisma, Zwang. Die illusionären Grundlagen pädagogischer Führung und Nachfolge. In A. Schäfer (Hrsg.), Hegemonie und autorisierende Verführung (S. 41-66). Schöningh.
Marcuse, H. (1977). Triebstruktur und Gesellschaft. Ein philosophischer Beitrag zu Sigmund Freud. Suhrkamp.
Messerschmidt, A. (2013). Bildungspolitische Normalisierungen – pädagogische Mittäterschaften und Bewegungen in Widersprüchlichkeiten. In T. Fuchs, M. Jehle, & S. Krause (Hrsg.), Normativität und Normative (in) der Pädagogik. Einsätze theoretischer Erziehungswissenschaft III (S. 157-174). Würzburg.
Nonhoff, M. (2010). Chantal Mouffe und Ernesto Laclau. Konfliktivität und Dynamik des Politischen. In U. Bröckling, & R. Feustel (Hrsg.), Das Politische denken. Zeitgenössische Perspektiven (S. 33-58). transcript.
Pongratz, L. A. (2013). Unterbrechung: Studien zur Kritischen Bildungstheorie. Verlag Barbara Budrich.
Rieger-Ladich, M. (2012). Konsens suchen oder Dissens bezeugen? Bildung, Politik und (Post-)Demokratie. In U. Frost, & M. Rieger-Ladich (Hrsg.), Demokratie setzt aus. Gegen die sanfte Liquidation einer politischen Lebensform. 2. Sonderheft der Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik (S. 33-49). Brill Schönigh.
Rosa, H. (2019). Analyse, Diagnose, Therapie? Versuch einer kritischen Neubestimmung der spätmodernen Sozialformation. In U. Bittlingmayer, A. Demirovic, & T. Freytag (Hrsg.), Handbuch Kritische Theorie (S. 1352-1373). Springer VS.
Thompson, C. (2019). Anpassung und Zensur in der Universität. Bildungstheoretische Irritationen. In R. Mayer, A. Schäfer, & S. Wittig (Hrsg.), Jacques Rancière: Pädagogische Lektüren. Springer VS.
Widmer, P. (1997). Die Entdeckung des Begehrens. Das Spiegelstadium. In P. Widmer (Hrsg.), Subversion des Begehrens. Eine Einführung in Jacques Lacans Werk (S. 15-37). Turia + Kant.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BM 8 PS (AHP+PP)

Letzte Änderung: Do 11.05.2023 11:27