Universität Wien

130086 PS PS Soz.geschichte: (Be-)Handlungsräume: Psychiatrische Einrichtungen in der Literatur (2016W)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Montag 10.10. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 17.10. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 24.10. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 31.10. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 07.11. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 14.11. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 21.11. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 28.11. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 05.12. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 12.12. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 09.01. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 16.01. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 23.01. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Montag 30.01. 15:00 - 16:30 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

„Einen Rasenden soll man nicht unter die Leute kommen lassen“, rät schon Platon in Nomoi, seinen Dialogen zum „wohlgeordneten Staate“, vielmehr sollten Angehörige „ihn im Hause verwahren“. Beispiele privater Verwahrung – wie die ‚Madwoman in the Attic‘ in Charlotte Brontës Jane Eyre (1847) – finden sich zahlreich in der Literaturgeschichte, ebenso Darstellungen institutioneller Unterbringung, von Maupassants Le Horla (1886) über Ken Keseys One Flew Over the Cuckoo’s Nest (1962) bis zu Brigitte Schwaigers Fallen lassen (2006). Der Reiz des Topos liegt, vom sensationellen Moment abgesehen, in der Auskunft, die Behandlungsorte und -arten über den sozialgeschichtlichen Kontext zu geben vermögen: Die Anstalt bildet den Zustand der Gesellschaft ab, repräsentiert (ex negativo) ihre Werte. So haben Toll-, Irren- und Narrenhaus, Nervenheilanstalt und psychiatrische Klinik im Laufe der Zeit Namen und Normen geändert, kaum jedoch ihren Status als „Abweichungsheterotopien“, laut Foucault nach eigenen Gesetzmäßigkeiten funktionierende Orte, die jene Individuen beherbergen, deren Verhalten merklich vom Vorgesehenen abweicht. Die räumliche Abtrennung erweckt die Illusion einer klaren Grenze zwischen Gesundem und Pathologischem, der vor allem psychiatriekritische Schriftsteller ein beunruhigendes Kontinuum entgegenstellen. Dabei dient insbesondere die Figur des zwischen Genie und Wahnsinn schwankenden Künstlers dazu, die Relativität der Grenzziehung zu verdeutlichen.
Gestützt auf gemeinsame Theorie-Lektüren (Foucault, Deleuze, Wacquant), untersucht das Proseminar literarische Psychiatrie-Porträts (u. a. von Émile Zola, Wilkie Collins, Charles Dickens, Frederik van Eeden, Antonin Artaud, Unica Zürn, Kurt Vonnegut, Walker Percy, Sylvia Plath, Anne Sexton, Gerhard Roth und Hermann Schürrer) und betrachtet, wie diese den Wandel psychiatrischer Praktiken im Verlauf der letzten 150 Jahre spiegeln.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Referat und mündliche Mitarbeit (40%), 15-seitige Seminararbeit (60%)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Literatur

Forschungsliteratur (Auswahl)

Bivins, Roberta und John V. Pickstone (Hg.). Medicine, Madness and Social History. Basingstoke und New York: Palgrave Macmillan 2007.
Cross, Simon. Mediating Madness. Mental Distress and Cultural Representation. Basingstoke und New York: Palgrave Macmillan 2010.
Dietze, Gabriele. „‚Heller Wahn‘. Echoräume zwischen Genie-und-Wahnsinns-Diskursen in Psychiatrie und künstlerischen Avantgarden der Moderne“. In Heinz-Peter Schmiedebach (Hg.): Entgrenzungen des Wahnsinns. Psychopathie und Psychopathologisierungen um 1900. Berlin, Boston: De Gruyter 2016. S. 259-278.
Gilbert, Sandra M. und Susan Gubar. The Madwoman in the Attic. The Woman Writer and the Nineteenth-Century Literary Imagination (1979). New Haven, London: Yale Nota Bene 2000.
Goffman, Erving. Asylums. Essays on the social situation of mental patients and other inmates. Garden City/NY: Anchor Books 1961.
Hess, Volker und Heinz-Peter Schmiedebach (Hg.). Am Rande des Wahnsinns. Schwellenräume einer urbanen Moderne. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2012.
Köpf, Gerhard. ICD-10 literarisch. Wiesbaden: DUV 2006.
Kyaga, Simon. Creativity and Mental Illness. The Mad Genius in Question. Basingstoke und New York: Palgrave Macmillan 2015.
Porter, Roy und David Wright (Hg.). The Confinement of the Insane. International Perspectives, 1800-1965. Cambridge: Cambridge University Press 2003.
Reuchlein, Georg. Bürgerliche Gesellschaft, Psychiatrie und Literatur. Zur Entwicklung der Wahnsinnsthematik in der deutschen Literatur des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. München: Fink 1986.
Scull, Andrew. The Insanity of Place/ The Place of Insanity. Essays on the History of Psychiatry. London, Now York: Routledge 2006.
Szasz, Thomas. Antipsychiatry. Quackery Squared. Syracuse/NY: Syracuse University Press 2009.
Thomé, Horst. Autonomes Ich und ‚Inneres Ausland‘. Studien über Realismus, Tiefenpsychologie und Psychiatrie in deutschen Erzähltexten (1848-1914). Tübingen: Niemeyer 1993.
Wernli, Martina. Schreiben am Rand. Die „Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau“ und ihre Narrative (1895-1936). Bielefeld: transcript 2014.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA M5

Letzte Änderung: Do 04.07.2024 00:12