160070 SE Bruckner erforschen - wie politisch/unpolitisch kann Musikwissenschaft sein (2021S)

Musik gilt als unpolitische Kunst – unschuldig und nur dem Schönen ergeben. Doch nicht nur diese These wurde bereits widerlegt, auch Musikwissenschaft kann sich (und das nicht nur in Zeiten von Zensur und Totalitarismus) der gesellschaftspolitischen Landschaft, die die Forschung umgibt, nicht entziehen. Dass Forschung unpolitisch-objektiv sei, ist ein Konstrukt aus der 2. Hälfte des 20. Jhdts., das die frühe Musikwissenschaft nicht kannte, verstand sie sich doch als Speerspitze einer Gesellschafts- und Kulturpolitik. Bei wenigen Persönlichkeiten der Musikgeschichte haben sich Politik und Forschung so eng die Hand gegeben wie bei Bruckner - wohl auch, weil die Zahl der Egodokumente erstaunlich gering und eine gezielte Memoria schon zu Lebzeiten begonnen hat. Der "Kulturkampf" um Bruckner zwischen "deutschem Michel" und "Musikanten Gottes" prägt daher auch die Forschungsliteratur - und nicht nur bis 1945, sondern auch weit darüber hinaus. Wie viel aktuelle Politik steckt also in der Forschungsliteratur zu Bruckner, wo sind die Forscher und Forscherinnen politisch-weltanschaulich zu verorten, wie weit beeinflussen uns die damals konstruierten Bilder immer noch?
Das SE wird als Block-SE abgehalten werden - mit einem Abschluss-Block in Stift St. Florian.