Universität Wien

170514 UE The Future-Past of Film: Chris Markers Fernsehserie L'Heritage de la Chouette (2015W)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Achtung: Doppelseminar, nur gemeinsam mit Thomas Todes Seminar "The Future-Past of Film: Chris Markers Fernsehserie L'Heritage der la Chouette Vorschläge für ein imaginäres Fernsehen I" belegbar, so dass insgesamt zwei Scheine erworben werden. Gemeinsame Termine beider Seminare.

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 52 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine

Blocktermine jeweils von 10-17 Uhr im Jura Soyfer-Saal am Sa 24.10. und So 25.10.2015; Mo 22.2., Di 23.2., Mi 24.2., Do 25.2. (10-14 Uhr!), Fr 26.2., Sa 27.2. und So 28.2.2016


Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Helmut Färber
Memories of Things to Come: Chris Markers Fernsehserie L'Heritage der la Chouette Vorschläge für ein imaginäres Fernsehen II

Achtung: Doppelseminar, nur gemeinsam mit Thomas Todes Seminar "The Future-Past of Film: Chris Markers Fernsehserie L'Heritage der la Chouette Vorschläge für ein imaginäres Fernsehen I" belegbar, so dass insgesamt zwei Scheine erworben werden. Gemeinsame Termine beider Seminare:
Sa und So 24. und 25. Oktober 2015, 10.00-17.00 Uhr: 2 Tage Sichtung des Bildmaterials (13 Folgen à 26'), Einführung in die Methodologie, Referatsvergabe.
Mo-So 22.-28. Februar 2016, 10.00-17.00 Uhr: 7 Tage (nur Do nachmittag ab 14.00 ist frei) Beschäftigung mit den 13 Folgen, Referaten und Antiken-Exposées, außerdem mit Beiträgen der Gäste aus den Disziplinen Philosophie, Geschichte und Altphilologie, zuweilen Exkurse zu weiteren Arbeiten Markers (z.B. La Jetée).

Inhalt
Das Seminar widmet sich Chris Marker 13teiliger Fernsehserie L'Heritage de la Chouette (F 1989). Es ist meist höchst interessant, wenn Autorenfilmer wie Chris Marker (oder auch Alexander Kluge oder Jean-Luc Godard) sich der Institution "Fernsehen" annähert und einen alternativen Gebrauch dieses Mediums gleich mit einer ganzen Serie demonstrieren. Orson Welles hat das Wesens des Fernsehens wie folgt umschrieben: »...das Fernsehen ist der Feind der klassischen filmischen Werte, nicht aber des Films selber. Es ist ein wunderbares Verfahren (...), doch kein dramatisches, sondern ein narratives Verfahren; das Fernsehen ist sogar das ideale Ausdrucksmittel des Erzählers.« Markers Serie L'Heritage de la Chouette nutzt zunächst die unmittelbare Erzählsituation von Gesprächsrunden, um das Fersehen nicht bloß als Kino mit sehr kleiner Leinwand zu präsentieren, sondern um die Eigengesetzlichkeit, die spezifischen Möglichkeiten dieses Mediums zu erkunden. Als zweites Bildelement treten Einzelinterviews mit Griechenlandexperten hinzu, zuweilen so montiert, daß ein Experte auf die Äußerungen des anderen antwortet, oder ihnen widerspricht. Hier entsteht ein imaginärer, weil nur durch Montage hergestellter Dialog, in dem ein Interviewpartner das Staffelholz dem nächsten weiterreicht, ohne daß er ihm je begegnet wäre. Es ist ein internationaler Dialog: in griechisch, französisch, englisch und russisch.
Nur zuweilen kommt noch ein drittes Montage-Element hinzu: Aufnahmen von antiken Statuen, Ausschnitte aus Wochenschauen oder Filmen (z.B. britische Soldaten und auch Heidegger auf der Akropolis, Kassiberfilme aus der Zeit des Militärregimes, Leni Riefenstahls Olympia-Film oder Elia Kazans Amerika, Amerika), die das Gesagte illustrieren oder ironisieren. Die Griechen zu Sokrates Zeiten trauten den Büchern nicht; für sie zählte allein die lebendige mündliche Rede, die sich erst in der Situation und an den intervenierenden Gesprächspartnern formt. Ganz in diesem Geist ist auch in L‘heritage de la chouette Sprache dominierend.
In Platons Dialog »Symposium« sitzen Freunde zusammen und erörtern das Gespräch mit einem anderen Freund, in welchem dieser berichtete, was er von Mittelsmännern über ein berühmtes Gelage gehört hatte. Auf dem Gelage hatte Sokrates eine Rede vorgetragen, die wiederum von einem in seiner Jugend erfolgten Gespräch berichtet. Ein so gezieltes Jonglieren mit verschiedenen Berichtsebenen dient Platon wie Marker zur bewußten Distanzierung (die Wahrheit läßt sich nur in vielfach gebrochener Weise erfahren) und zum anderen scheinbar paradox zur Versicherung der Authentizität des Erzählten. In diesem Sinne ist L‘Heritage de la chouette vor allem ein Stück über Polyphonie, die Polyphonie der Stimmen und Ansichten.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

1. Referat (schriftlich zum 1.2.2016 + mündlich zum 22.2.2016 ff.)
Vorraussetzung für eine Benotung ist die Bereitschaft zur Übernahme eines Referates zu Semesterbeginn im Oktober 2015. Maximal jeweils vier Studenten übernehmen eine der 13 Episoden und untersuchen diese Fernsehfolge in Gruppenarbeit unter den vier Aspekten Philosophie, Geschichte, Filmwissenschaft und Interdisziplinarität. Jede(r) wählt einen der vier Aspekte und fertigt ein 3seitiges Referat dazu an, das zum 1. Februar 2016 den Seminarleitern eingereicht wird (thomastode@gmx.de), also vor dem eigentlichen zweiten Seminarblock Ende Februar.
Sie erhalten für den Besuch dieses Doppelseminars zwei Scheine und also auch zwei Noten für Ihre Arbeit: Die erste Note für das zum 1. Februar 2016 eingereichte 3seitige Referat; die zweite Note für die kontinuierliche mündliche Mitarbeit im Seminar, für den 10minütigen Vortrag des Referates und für den 5minütigen Vortrag des sogenannten "Antiken-Exposées".
2. Antiken-Exposée (mündlich zum 22.2.2016 ff.)
Um Ihre Beschäftigung mit dem Thema der Antike zu anzuregen und zu zeigen, soll jede(r) Vortragende zu Beginn des eigenen Referates ein kompaktes, 5minütiges "Antiken-Exposée" vortragen (= ca. 2 Seiten). Dies soll sich mit einem antiken Text, Bild, Gebäude oder Objekt (z.B. einer Skulptur) beschäftigen. Bei der Auswahl sollten sie sich von dem Motto aus Chris Markers Film Sans Soleil inspirieren lassen und Dinge auswählen, "die das Herz schneller schlagen lassen". Das Sujet muss also nicht unbedingt etwas mit der bearbeiteten Fernsehepisode zu tun haben, sondern kann frei gewählt werden. Insgesamt trägt jede(r) also 5 Minuten Antiken-Exposée und 10 Minuten Referat vor.
3. Schriftliche Hausarbeit (nur in Ausnahmefällen zum 31.3.2016)
Achtung: Es kann sein, dass nicht alle Referate auch tatsächlich mündlich im Seminar vorgetragen werden. Das entscheiden die Seminarleiter nach Qualität des eingereichten Referates und nach den Bedürfnissen des Zeitplans. Die aus Gründen mangelnder Qualität nicht berücksichtigten Referate können in verbesserter Form bis zum 31. März schriftlich bei den Seminarleitern wie eine schriftliche Hausarbeit eingereicht werden. Diese Arbeiten sollten dann zusätzlich die Debatten im Seminar auswerten und mitberücksichtigen.
4. Forschungsreferat (ersetzt 1. Referat + 2. Antiken-Exposée, schriftlich zum 1.2.2016)
Über die Hintergründe der Produktion der Serie ist in der Forschung extrem wenig bekannt. So hat der Auftraggeber, die Onassis-Stiftung, nach Fertigstellung gegen Marker eine Klage wegen "Verunglimpfung des Griechentums" angestrengt, deren Ausgang uns aber unbekannt ist, wegen der aber offenbar die deutschsprachige Fassung des Films nicht zustande kam. Die Rechte der Serie sind nach einigen Jahren dann an Marker zurückgefallen, so dass er sämtliche Folgen auf seiner Internetseite platzieren konnte. Die Seminarleiter möchten Forschungsreferate initiieren, die Genaueres über die Produktionshintergründe recherchieren, durch Telefongespräche, e-mail-Korrespondenzen oder Vorort-Recherche etwa bei der Onassis-Stiftung, bei LA SEPT / ARTE, beim zuständigen Redakteur, bei den beteiligten Interviewpartnern, oder bei der für die deutsche Sprachfassung zuständigen Firma "Trebitsch Produktion International GmbH". Die Spuren müssen im Abspann aufgenommen und selbständig weiterrecherchiert werden. Wegen des größeren Aufwands kann dann das Antiken-Exposée entfallen und ein drei bis fünfseitiges Forschungsreferat zum 1.2.2016 eingereicht und vorgetragen werden.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Die nach einer Idee von Jean-Claude Carrière für LA SEPT (den ARTE-Vorläufer) entstandene Fernseheserie ist bisher nur selten untersucht worden, so dass bisher kaum Studien vorliegen, die über Inhaltsangaben oder knappe Kommentierungen hinausgehen (siehe die magere Literaturliste). Neben dem Erarbeiten eines neuen Forschungsstandes soll exemplarisch das interdisziplinäre Arbeiten demonstriert und praktiziert werden. Ziel des Seminar ist es, einen überschaubaren, geschlossenen Filmkorpus (13 Teile einer Fernsehserie) zu erfassen und auf verschiedenen Ebenen zu bewerten. Dabei sollen die Ansätze und Denkweisen verschiedener Fachrichtungen genutzt werden, die den gemeinsamen Fragestellungen mit ihren jeweiligen Methoden nachgehen. In unserem Fall sind das Philosophie, Altphilologie und Filmwissenschaft, aber auch die Interdisziplinarität selbst, denn auch sie ist Thema in Markers Fernsehserie. Die Diskussionen werden daher durch gesondert geladene Gäste und Spezialisten aus den Bereichen Philosophie, Altphilologie und Geschichte bereichert werden.

Prüfungsstoff

Nach Einführungen in Autor, Thema, und die Methodologie sichten wir das Bildmaterial. Von den StudentInnen vorbereitete Referate führen uns in die Thematik einer jeden Folge ein, die wir dann gemeinsam intensiver diskutieren und ausloten. Dabei werden die geladenen Fachgäste aus anderen Disziplinen die mit ihren jeweiligen Methoden erzielten Ergebnisse beisteuern. Gelegentliche Exkurse in weitere, zu dem Thema passende Filmarbeiten Markers vertiefen den Hintergrund des Oeuvres.

Literatur

Typoskript der deutschen Übersetzung aller 13 Folgen (à 8-10 Seiten). Im Handapparat des Seminars.
Chris Marker: "L'Heritage der la chouette", in: XXV Mostra Internationale Del Nuovo Cinema, Katalog des XXV. Pesaro Filmfestivals, Pesaro 1989. In italienisch.
Anonymus: "L'Heritage de la chouette", in: Kurzfilmtage Oberhausen, Katalog, 1990. Kurzer Katalogeintrag.
Daniel Marks: "Marking Time / Die Zeit markieren", in: EDI Bulletin 9/10 (April 1992), S. 35-41. In englisch und deutsch.
François Niney: "L'Heritage de la chouette", in: Images Documentaires 15 (1993), S. 41-43.
"L'Heritage der la chouette", in: Bernard Eisenschitz (Hg.): Chris Marker, Katalog der Retrospektive der XXXII Mostra Internationale Del Nuovo Cinema, Pesaro film festival 1996, Roma: Dino Audino Editore 1996, S. 135-140 (= die oben erwähnten Beiträge von Chris Marker und François Niney in italienisch.
Chris Marker / Otholith Group: Inner Time of Televison, London/Athen: Athens Biennial 2007, S. 1-39. In englisch, Präsentation einer jeden Episode.
Jean-Michel Durafour / Pierre-Ives Quiviger: "La Grèce et ses inventions: L'Heritage de la chouette (1989), in: Vertigo 46 (automne 2013), S. 57-64. In französisch, Präsentation einer jeden Episode.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:36