Universität Wien

170741 UE Inter- und transsexuelle Athlet*innen (2022W)

Chance oder Bedrohung für die Fairness und Geschlechtergerechtigkeit im Frauensport?

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Die Lehrveranstaltung wird als Blockveranstaltung durchgeführt, da das gemeinsame Planspiel und die Medienanalyse nicht in einer wöchentlichen neunzigminütigen Sitzung durchführbar sind. Die drei Blöcke gliedern sich wie folgt:

Block 1: Einführungsveranstaltung (Termin: SA 29.10. 10-18 Uhr)
- Infos zur Organisation der Lehrveranstaltung
- Einführung in die Thematik und Relevanz
- historische Rahmung und Forschungsstand
- Vorstellung von Schlüsseltexten zum Thema „Inter- und transgeschlechtliche Athlet*innen“
- theoretische Zugänge I (medien-/kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung, sportwissenschaftliche Geschlechterforschung zur Thematik)
- Vorstellung Case-Studies von trans- und intersexuellen Sportler*innen I
- gemeinsame Analyse Filmausschnitte I
- Grundlagen von Postergestaltung und Planspiel
- Einteilung in Gruppen (Pro/Contra)

Block 2: Planspiel (Termin: SA 26.11. 10-18 Uhr)
- theoretische Zugänge II (Körpersoziologie und Cultural Studies/Gender Studies zur Thematik)
- Vorstellung Case-Studies von trans- und intersexuellen Sportler*innen II
- gemeinsame Analyse Filmausschnitte II
- Vorbereitung Postergestaltung und Planspiel (Gruppenarbeit)
- Zwischenreflexion

Block 3: Präsentation der Ergebnisse (Termin SA 10.12. 10-16 Uhr)
- Durchführung des Planspiels (Pro/Contra) und Posterpräsentation
- Diskussion und Reflexion a. Poster sowie b. des Planspiels nach Gruppen
- Diskussion von medien- und sportpädagogischen Aspekten
- Abschließende Diskussion der forschungsleitenden Frage: Inter- und transsexuelle Athlet*innen – Chance oder Bedrohung für die Fairness und Geschlechtergerechtigkeit im Frauensport?
- gemeinsame Reflexion
- Ausblick: Fazit und Evaluation der Veranstaltung

Samstag 29.10. 10:00 - 18:00 Seminarraum 4 2H558 UZA II Rotunde
Samstag 26.11. 10:00 - 18:00 Seminarraum 4 2H558 UZA II Rotunde
Samstag 10.12. 10:00 - 16:00 Seminarraum 4 2H558 UZA II Rotunde

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Inhalte: Im Sport herrscht eine traditionell-dichotome Differenzierung in eine Leistungsklasse für Frauen und eine für Männer, mit der nach wie vor eine asymmetrische gesellschaftliche Vorstellung verbunden ist, die Geschlechter für ihre sportlichen Leistungen unterschiedlich zu beurteilen und zu honorieren. Diese Trennung in Männer und Frauen wird als grundlegende Voraussetzung erachtet, um insbesondere im Profisport einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Doch was bedeutet eine solche Trennung für intersexuelle Sportler*innen, die sich schon körperlich der Zweigeschlechterordnung entziehen? Und wie passen transsexuelle Sportler*innen, die eine Geschlechtsidentität als Frau angenommen haben, in das binäre System? Haben biologische Frauen gegen diese noch eine faire Chance im Wettkampf zu gewinnen? Der Umgang der Sportwelt mit Transgender-Athlet*innen ist eine hochgradig politisierte und spaltende Debatte, die zu vielen Kontroversen führt. Bis heute gelten für inter- und transsexuelle Sportler*innen strikte Restriktionen seitens des IOC: Der Testosteronspiegel im Blut muss mindestens zwölf Monate lang unter zehn Nanomol pro Liter gelegen haben. Doch nach den Winterspielen von Peking 2022 wird das Internationale Olympische Komitee neue Empfehlungen herausgeben, die inter- und transsexuellen Sportler*innen eine bedingungslose Teilnahme an den Wettbewerben ermöglicht. Das sehen Vertreter*innen von Sportverbänden, Experten, selbst Mitarbeitende des IOC anders, denn in einem jetzt bekannt gewordenen Positionspapier warnen unter anderem Wissenschaftler*innen davor, dass die neuen Richtlinien zu unlauterem Wettbewerb im Frauensport führen könnten.

Vor diesem Hintergrund möchten wir in der Veranstaltung mit den Studierenden die Frage nach Fairness und Geschlechtergerechtigkeit im Hinblick die neuen Regeln im Profisport für trans- und intersexuelle Sportler*innen diskutieren und analysieren. Wir nähern uns dieser Thematik zunächst über die Vorstellung einiger Case-Studies von trans- und intersexuellen Sportler*innen. Konkret geht es um den Umgang mit Geschlecht, Körper und Psyche im Falle von Balian Buschbaum, Caster Semenya und Erik Schinegger. Als Grundlage dienen dabei die Medienanalyse von Bertling/Ihle (2011) zur Berichterstattung über Balian Buschbaum sowie die Dokumentarfilme über Caster Semenya (Kampf ums Geschlecht – die verstoßenen Frauen des Sports, Deutschland 2019) sowie Erik Schinegger (und zwar der Dokumentarfilm Erik(a) – der Mann der Weltmeisterin wurde, Österreich, 2005; R: Kurt Mayer) und der Spielfilm Erik & Erika (Deutschland/Österreich, 2019; R: Reinhold Bilgeri). Gerahmt wird diese Betrachtung von einer Beschäftigung mit Grundlagenliteratur zur Körpersoziologie, zu Geschlecht und Diskriminierung im Sport sowie Trans- und Intersexualität im Sport.

Ziele: Die Studierenden sollen erstens Kenntnisse aus der sportbezogenen Geschlechterforschung in Hinblick auf inter- und transsexuelle Sportler*innen erwerben, zweitens sich Kompetenzen in der Anwendung wie auch Präsentation des Verfahrens des Planspiels aneignen sowie drittens Konsequenzen für die Medienpraxis und auch Sportpraxis sowie der Sportpolitik reflektieren. Ziel ist es, dass die Studierenden geschlechtsspezifische Phänomene im Sport durch die gemeinsame Betrachtung identifizieren, analysieren und erklären können sowie im Anschluss theoretische, methodologische und praxisrelevante Schlussfolgerungen ableiten können.

Methoden: In der Lehrveranstaltung kommen Lektüre, Präsentation, Diskussion, Referate, Fallerörterungen, Film- und Medienanalysen und ein Planspiel / Posterpräsentation zum Einsatz.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Grundlage der Lehrveranstaltung sind zwei von den Lehrbeauftragten herausgegebene bzw. verfasste Bücher:
• „Die Sexualisierung des Sports in den Medien“ (hrsg. v. Schaaf/Nieland 2011)
sowie
• „Die Entstehung des Mediensports – Zur Geschichte des Sportdokumentarfilms“
(Leder/Nieland/Schaaf 2019)
sowie weitere Publikationen zur Trans- und Intersexualität im Mediensport (siehe Literaturliste).

Im Rahmen der Lehrveranstaltung werden diese Arbeiten vorgestellt, diskutiert, aufeinander bezogen und Hinblick auf die Frage nach Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit
im Sport interpretiert. Seine Anwendung findet dieser Zugriff im Planspiel mit Posterpräsentation und der Erstellung eines Medienberichts. Die Ergebnisse münden schließlich in einer gemeinsamen Diskussion und kritischen Reflexion über Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit im Sport.
Die erworbenen Erkenntnisse werden in einem Planspiel im letzten Seminarblock angewendet. Zwei Gruppen präsentieren zwei unterschiedliche/gegensätzliche Positionen zu den sportpolitischen/-rechtlichen und sportpädagogischen/-soziologischen Aspekte von inter- und transsexuellen Athlet*innen. Zu Beginn des Planspiels präsentieren die beiden Gruppen ihre jeweiligen Positionen in Form eines Posters. Nach Beendigung des Planspiels verfassen die Gruppen einen ca. einseitigen Medienbericht.
Art der Leistungskontrolle:
1) Anwesenheit und mündliche Mitarbeit
2) mündliche Leistung (Planung und Durchführung des Planspiels mit Posterpräsentation und der Erstellung eines Medienberichts) und Gruppenfeedback
3) schriftliche Individualleistung

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Vorausgesetzt wird ein Interesse an Fragen zu Trans-* und Inter*Identitäten, sowie an Sportthemen. Die für die Posterpräsentation / den Medienbericht relevante Literatur, Ansätze sowie Methoden werden in der Lehrveranstaltung vermittelt.
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab:
- Anwesenheit und Mitarbeit (30 %)
- Übernahme eines mündlichen Beitrags (30 %)
- Übernahme eines schriftlichen Beitrags (40 %).
Die 10-seitige Hausarbeit enthält
a) ein Lektüreprotokoll eines ausgewählten (Theorie-)Textes - aus der Genderforschung oder der Körpersoziologie
b) die Durchführung des Planspiels mit Posterpräsentation und der Erstellung eines Medienberichts (schriftliche Ausarbeitung)
c) eine Reflektion der Lehrveranstaltung.
Der Abgabetermin für die Hausarbeit muss noch festgelegt werden und wird zu Veranstaltungsbeginn bekanntgegeben.

Prüfungsstoff

Literatur

Anderson, E. & Hargreaves, J. (2014). Routledge Handbook of Sport, Sexuality and Gender. London: Routledge.
Bertling, C. / Ihle, H. (2011): Tabu Transsexualität? Eine Analyse der Printberichterstattung über den Fall Balian Buschbaum in der deutschen Qualitätspresse und in Nachrichtenmagazinen. In Schaaf, D. / Nieland, J. -U. (Hrsg.): Die Sexualisierung des Sports in den Medien. Köln [Herbert von Halem], S. 279-301.
Block, J. (2014): Geschlechtergleichheit im Sport. Mit besonderer Berücksichtigung der Diskriminierung von trans- und intersexuellen Sportlerinnen unter den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Baden-Baden: Nomos.
Bourdieu, P. (1982). Die feinen Unterschiede. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (1992): Programm für eine Soziologie des Sports, in: Ders., Rede und Antwort, Frankfurt a.M., S. 193–207 (ursprünglich Paris 1987).
Butler, J. (1991). Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Cahn, S. K. (2015): Coming on Strong: Gender and Sexuality in 20th Century Women’s Sport. 2nd edition. Urban/Chicago/Springfield: University of Illinois Press.
Crosson, S. (2013). Sport and Film. Milton Park/New York: Routledge.
Diketmüller, R. (2009). Macht- und Genderdiskurse in Bewegungskulturen. In M. Marschick, R. Müllner, O. Penz & G. Spitaler (Hrsg.), Sport Studies (S. 85 – 98). Wien: Facultas.
Florschütz, G. (2005). Sport in Film und Fernsehen. Zwischen Infotainment und Spektakel. Wiesbaden: DUV.
Gugutzer, R. (Hrsg.) (2006): body turn. Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports. Bielefeld [Transcript]
Gugutzer, R. & Englert, B. (Hrsg.) (2014). Sport im Film. Zur wissenschaftlichen Entdeckung eines verkannten Genres. Konstanz: UVK.
Hargreaves, J. (1991). Sporting females: Critical issues in the history and sociology of women’s sport. London: Routledge.
Heckemeier, K. (2017): Geschlechterdifferenzen im Sport. Leistungsklassen, selektive Geschlechtertests und die Reproduktion weiblicher Unterlegenheit In: Müller, M. / Steuerwald, C. (Hrsg.) (2017). „Gender“, „Race“ und „Disability“ im Sport. Von Muhammad Ali über Oscar Pistorius bis Caster Semenya. Bielefeld [Transcript], S. 25-50.
Krämer, D. (2020): Intersexualität im Sport. Mediale und medizinische Körperpolitiken. Bielefeld: transcript.
Malitsky, J. (2014): Knowing Sports: The Logic of the Contemporary Sports Documentary. Journal of Sport History. Vol. 41, No. 2, pp. 205-214.
McDonald, I. (2007). Situating the Sport Documentary. Journal of Sport & Social Issues, 31(3), 208-225.
McRobbie, A. (2012). Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
Mersch, P. (2016): Die Fälle Caster Semenya und Julija Jefimowa. Kontroversen bei der Olympiade 2016 in Rio de Janeiro. Norderstedt : Books on Demand.
Müller, M. / Steuerwald, C. (Hrsg.) (2017): „Gender“, „Race“ und „Disability“ im Sport. Von Muhammad Ali über Oscar Pistorius bis Caster Semenya. Bielefeld: transcript.
Raczuhn, A. (2018): Trans*Gender im Film. Zur Entstehung von Alltagswissen über Transsex* in der filmisch-narrativen Inszenierung. Bielefeld : transcript.
Sartore-Baldwin, M. (2013): Sexual minorities in sports. Boulder, Colo.: Rienner.
Penny, L. (2012). Fleischmarkt. Weibliche Körper im Kapitalismus. Hamburg: Nautilius Verlag.
Poulton, E. & Roderick, M (Eds.) (2008). Sport in Films. London/New York: Routledge.
Schwarzer, A. & Louis, C. (2021). Transsexualität: Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? - Eine Streitschrift. Köln: Kiwi.
Sicks, K.M. & Stauff, M. (Hrsg.) (2010). Sportfilm. Stuttgart: Reclam.
Stock, Kathleen (2022). Material Girls. Warum die Wirklichkeit für den Feminismus unerlässlich ist. Berlin: Tiamat.
Winker, G. & N. Degele (2010). Intersektionalität: Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: Transcript.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mi 26.10.2022 10:49