180115 SE Husserl und Carnap - Berührungspunkte in Erkenntnis, Metaphysik und Methode (2014W)

Das Bild einer unüberbrückbaren Kluft zwischen analytischer und kontinentaler Tradition hat sich in den philosophischen Common Sense eingegraben. Die Werke von Edmund Husserl und Rudolf Carnap sind maßgeblich für diese zwei offenbar auseinanderlaufenden Traditionen. Ohne das Bild einer Gegensätzlichkeit groß zu kommentieren, wird im Seminar die Frage nach der Vergleichbarkeit und den gemeinsamen Ursprüngen dieser Werke gestellt. Tatsächlich finden sich sehr leicht Einflüsse und Überschneidungen. Sowohl in seiner Dissertation als auch in einem seiner Hauptwerke, Der logische Aufbau der Welt, nimmt Carnap explizit Bezug auf Husserl und bedient sich seiner Begriffe und Theorien. Abgesehen von solchen expliziten Einflüssen, werden im Seminar jedoch auch weitere mögliche Nähen untersucht. Hierfür bietet sich zuerst in der Philosophie der Mathematik ein Vergleich von Husserls Mannigfaltigkeitsbegriff und Carnaps Strukturalismus und in der Metaphysik ein Vergleich der Raumtheorien beider an. Ebenfalls werden Husserls phänomenologische Reduktion und Rekonstruktion und Carnaps Explikation und logische Analyse einander gegenübergestellt, um ein besseres Verständnis der jeweiligen philosophischen Methode anzubieten. Ein Vergleich der sich daraus ergebenden Erkenntnistheorien und Wissenssysteme soll schließlich eine Annäherung an die Frage ermöglichen, wo genau und warum ein Auseinanderlaufen von Sprache und Erfahrung, ein Bruch zwischen Carnap und Husserl einsetzt.

Folgende Themen sollen im Seminar basierend auf einer Analyse der Originaltexte (sowie mit Berücksichtigung der aktuellen Sekundärliteratur) behandelt werden: 1) Husserls Begriff der (formalen) Mannigfaltigkeit und Carnaps Strukturbegriff; 2) Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Raumphilosophien; 3) Berührungspunkte in der philosophische Methodologie, insbesondere zu den Begriffen der Explikation und Reduktion; 4) Überschneidungen im Verständnis von Sprache und Erfahrung.