Universität Wien

180050 VO-L rogress. Sense and Nonsense of a basic idea of Western modernity (2014S)

Mit besonderer Bezugnahme auf aktuelle technikphilosophische Positionen und Günther Anders

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie

Details

Language: German

Examination dates

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

3. Prüfungstermin ist am Montag 15. Dez. 2014 um 16 Uhr 45, Hörsaal 3F NIG 3.Stock
4. Prüfungstermin ist am Mittwoch 21. Jän. 2015 um 9 Uhr 45, Hörsaal 3F NIG 3.Stock

Monday 10.03. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 17.03. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 24.03. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 31.03. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 07.04. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 28.04. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 05.05. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 12.05. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 19.05. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 26.05. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 02.06. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 16.06. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 23.06. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228
Monday 30.06. 16:00 - 17:30 Hörsaal 2i NIG 2.Stock C0228

Information

Aims, contents and method of the course

Die Lehrveranstaltung bringt zuerst einen einführenden Überblick über die Implikationen und Probleme einer Grundidee (eines „Grundglaubens“) der westlichen Moderne: dem „Fortschritt“. Dieser von der europäischen Aufklärung prinzipiell positiv besetzte Begriff war verbunden mit der Vorstellung, dass Fortschritt die Menschen umfassend betrifft. Lessing schreibt 1780 von der „Erziehung des Menschengeschlechts“, Kant 1784 von der Überwindung „der Unmündigkeit“ und Hegel 1830 vom „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit“.
Schon bei Marx wird in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit seiner Aussage vom „Reich der Freiheit“ (Unabhängigkeit von der Natur) die im 20. Jahrhundert immer stärkere Fokussierung der Fortschrittsidee auf einen technisch-technologischen Fortschritt deutlich. Beginnend mit den verheerenden Kriegstechnologien des ersten Weltkrieges, der Massenvernichtung, der Shoa und anderer Genozide, der Atombombe und dann dem Problem der Umweltzerstörung wird die negative Seite des technischen Fortschritts manifest. In diesem Kontext wird die Philosophie von Hannah Arendt und das kontroverse Denken von Günther Anders als Folie für eine Technikphilosophie und Fortschrittskritik des 20. Jahrhunderts mit aktuellen technikphilosophischen Positionen kontrastiert.
Hierbei wird auch der enge Zusammenhang von Geschichtsbewusstsein und Fortschrittsdenken (Rapp) aufgezeigt, denn im Fortschrittsdenken liegen geschichtsphilosophische Annahmen wie Kulturoptimismus und Teleologie, aber auch säkularisierte, verdeckte religiöse Grundlagen, wie etwa eine christliche Heilserwartung. Entsprechende religiöse Assoziationen spiegeln sich auch in diversen Fortschrittsutopien von technischen Paradiesen.
In der Lehrveranstaltung werden auch die Versuche diskutiert, einen auf technisch-technologische Belange eingeengten Fortschrittsbegriff zu erweitern, wie z.B. mit der Frage Hannah Arendts „Was tun wir wenn wir tätig sind?“ und dem Vorschlag Günther Anders durch die „Plastizität der Gefühle“ ebendiese Gefühle dem „Weltzustand Technik“ entsprechend zu erweitern.
Wie kann eine vermeintliche Entwicklung durch Technik zum Besseren festgemacht werden? Können wir Kriterien angeben, mit denen wir Veränderungen als Verbesserungen bewerten können? Was bedeutet dabei die Hypostatisierung des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts (Spaemann)? Wohin führt uns der Fortschritt, ist er eine "sinnvolle Vorbereitung der Zukunft" (Löwith) oder kann man „behaupten, dass die Geschichte als Ganzes auf eine Hypertrophie, ja, eine Perversion unseres Sinnes für die Zeit hinausläuft“ nur um „dem Alptraum des Werdens zu entkommen“ (Cioran).
Die hochvernetzten und hochkomplexen kybernetischen Systeme sind für uns nicht mehr als einfache Objekte beschreibbar, die einem mehr oder weniger autonomen Subjekt gegenüberstehen, sondern ihr Sinn ist schwer erfassbar. „Der Sinn der technischen Welt verbirgt sich“ schreibt Heidegger und Günther Anders spricht von der „Antiquiertheit des Sinns“. Befinden wir uns in der „Totalmaschine“ (Anders), einer hybriden Wirklichkeit aus Menschen und Maschinen, die uns mit „Sinnprothesen“ (Anders) abspeist?

Assessment and permitted materials

Aktive Mitarbeit in der Diskussion der Texte, Protokolle bzw. Referate der TeilnehmerInnen. Mündliche Prüfung (1. Termin 30.06.)

Minimum requirements and assessment criteria

Die verwendeten Begriffe (wie z.B. Fortschritt) sollen zumindest grundlegend in ihren jeweiligen Bedeutungsimplikationen und verschiedenen Wirkungsfeldern erkannt werden, Argumentationslinien nachvollzogen werden können und grundlegende Einblicke in die Technikphilosophie gewonnen werden.

Examination topics

Vortrag durch den Lehrveranstaltungsleiter in Deutsch, gemeinsame Lektüre und Diskussion kurzer Textstellen, Protokoll der vorherigen Stunde bzw. Referat der TeilnehmerInnen (auch in Kleingruppen), Diskussion.

Reading list

Anders, Günther: Die Antiquiertheit des Menschen. Band 1. München: C. H. Beck, 1992.
*Anders, Günther: Die Antiquiertheit des Menschen. Band 2. München: C. H. Beck, 1992.*(siehe Moodle)
* Angerer, Marie-Luise: Am Anfang war die Technik. Zu Bernard Stieglers zeit-technischer Verspätung des Menschen. in: Zeitschrift für Medienwissenschaft, Heft 5, 2011, S. 177-180 Abrufbar im Internet. URL: http://e-text.diaphanes.net/doi/10.4472/zfmw.2011.0032
*Arendt, Hannah: Vita Activa oder vom tätigen Leben. München: Piper, 1992. *(S.244 - 317)
*Bahr, Raimund (Hg.): Günther Anders. Leben und Werk. Wien: Edition Art Science 2007 * (S. 7 - 67)
*Cioran, Emil. M.: Die negative Seite des Fortschritts, in Sloterdijk, P., (Hrsg.): Vor der Jahrtausendwende: Berichte zur Lage der Zukunft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1990.
*Hörl, Erich (Hg.): Die technologische Bedingung. Beiträge zur Beschreibung der technischen Welt. Berlin: Suhrkamp, 2011. *( S. 73 - 192)
Lenk, Hans: Zur Sozialphilosophie der Technik. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1982.
*Lohmann, Margret: Philosophieren in der Endzeit. Zur Gegenwartsanalyse von Günther Anders. München: Wilhelm Fink Verlag, 1996.*(siehe Moodle)
Löwith, Karl: Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie. Stuttgart: Metzler, 2004.
*Nordmann, Alfred: Technikphilosophie zur Einführung. Hamburg: Junius, 2008.
*Rapp, Friedrich: Fortschritt. Entwicklung und Sinngehalt einer philosophischen Idee. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1992.
Schubert, Elke: Günther Anders. Monographie. Reinbeck: Rowohlt, 1992
*Spaemann, Robert: Unter welchen Umständen kann man noch von Fortschritt sprechen?, in: Ders.: Philosophische Essays. Erweiterte Ausgabe. Stuttgart: Reclam, 1994. * (S. 130 - 150)
Stiegler, Bernard: Technik und Zeit. Der Fehler des Epimetheus. Zürich: Diaphanes, 2009.
*Traue, Boris: Die Transformation der Erfahrung durch Zeit- und Netzmedien : zur Technizität, Reflexivität und Kritikalität des Wissens. In: Soeffner, Hans-Georg (Hg.): Transnationale Vergesellschaftungen. Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss., 2012. Abrufbar im Internet. URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-288838
*Voland, Eckart: Die Fortschrittsillusion. in: Spektrum der Wissenschaft, Heft April 2007, S. 108 - 113. Abrufbar im Internet. URL: http://www.spektrum.de/alias/spektrum-essay-evolution/die-fortschrittsillusion/862833

* = Pflichtliteratur

Semesterplan:
1. Montag 10. März: Einleitung, Überblick, Organisatorisches
2. Montag 17. März: Was ist Fortschritt? Analyse und historische Entwicklung (Evolution, freigelassener der Schöpfung). Rapp, Friedrich: Fortschritt. Entwicklung und Sinngehalt einer philosophischen Idee.
3. Montag 24. März: Philosophische und historische Entwicklung der Idee Fortschritt (Antike, Heilserwartung, Kulturkritik, Fortschrittsmechanismen) Rapp, Friedrich
4. Montag 31. März: Kulturkritik, Theodizee, Geschichte als Fortschritt. Robert Spaemann: Unter welchen Umständen kann man noch von Fortschritt sprechen?
5. Montag 7. April: Emil Cioran: Die negative Seite des Fortschritts. Fortschritt als Illusion. (Eckart Voland)
6. Montag 28. April: Schlaglichter auf die Technikphilosophie. Nordmann, Alfred: Technikphilosophie zur Einführung
7. Montag 5. Mai: Weltzustand Technik. Günther Anders: Die Antiquiertheit des Menschen II
8. Montag 12. Mai: Günther Anders Technikphilosophie: Margret Lohmann: Philosophieren in der Endzeit.
9. Montag 19. Mai: Günther Anders in Diskussion: Raimund Bahr (Hg.): Günther Anders. Leben und Werk.
10. Montag 26. Mai: Hannah Arendt: Vita activa. Sechstes Kapitel: Die Vita Activa und die Neuzeit
11. Montag 2. Juni: Aktuelle Technikphilosophie Hörl, Erich (Hg.): Die technologische Bedingung.
12. Montag 16. Juni: Bernard Stiegler und Diskussion (Marie-Luise Angerer, Boris Traue)
13. Montag 23. Juni: Zusammenfassung, Resümee über Fortschritt und technikphilosophische Positionen
14. Montag 30. Juni: Prüfung

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BA M 7.2, 57.3.6

Last modified: Sa 10.09.2022 00:19