010022 SE Abschied vom allmächtigen Gott? (2006W)

Im Apostolischen Glaubenbekenntnis wird bekannt, dass Gott allmächtig sei. Doch wird in der Theologie der Gegenwart das Attribut der Allmacht problematisiert. Gerade die abgründigen Leidenserfahrungen des 20. Jahrhunderts haben Theologen dazu bewogen, den Abschied von der Allmacht einzufordern. Wäre Gott allmächtig, so wird argumentiert, dann hätte er intervenieren müssen, um das Leid zu verhindern. Die Tatsache, dass er es nicht getan hat, lasse darauf schließen, dass er nicht allmächtig sei. Ist aber ein dem Leiden gegenüber ohnmächtiger Gott noch Gott? Gefährdet die Rede von der Ohnmacht Gottes nicht die Einheit des Gottesbegriffs, wenn sie unter der Hand Gegenmächte einführt, welche die Macht Gottes begrenzen? Und kann auf die eschatologische Überwindung von Leid, Schuld und Tod noch gehofft werden, wenn Gott schwach und ohnmächtig ist?
Vor dem Hintergrund der angedeuteten Problemstellung sollen im Seminar exemplarische Texte der theologischen Tradition, aber auch und vor allem Beiträge aus der systematischen Theologie der Gegenwart gemeinsam gelesen und erörtert werden. Dabei werden schwerpunktmäßig Stimmen zum Tragen kommen, welche die Allmacht Gottes mit der am Kreuz manifest gewordenen Liebe Gottes zu vermitteln suchen.