Universität Wien

010156 SE Jüngerinnen, Zeuginnen, Apostolinnen (2007W)

Frauengestalten im Johannesevangelium und ihre Rezeptionsgeschichte

6.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 1 - Katholische Theologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Donnerstag 11.10. 16:30 - 18:00 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG
Donnerstag 08.11. 16:30 - 19:30 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG
Donnerstag 15.11. 16:30 - 19:30 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG
Donnerstag 22.11. 16:30 - 19:30 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG
Donnerstag 29.11. 16:30 - 19:30 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG
Donnerstag 13.12. 16:30 - 19:30 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG
Donnerstag 10.01. 16:30 - 19:30 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG
Donnerstag 17.01. 16:30 - 19:30 Seminarraum 5 (Kath) Schenkenstraße 1.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Im Johannesevangelium fällt die besondere Präsenz von Frauen auf, welche als aktive Handlungsträgerinnen, Gesprächspartnerinnen Jesu, Theologinnen und Verkünderinnen in Erscheinung treten. Wenn wir davon ausgehen, dass sich in der johanneischen Darstellung der Jesus-Geschichte auch Situation, Leben und Entwicklung der Trägergemeinschaft des Johannesevangeliums, des johanneischen Christentums, widerspiegeln, lässt sich anhand der literarischen Charakterisierungen von weiblichen Erzählfiguren und ihrer Verortung in der Erzählung des Lebens Jesu eine Spurenlese nach Frauenpräsenz und -wirklichkeit in den johanneischen TradentInnenkreisen vollziehen. Wenngleich aber die Jüngerinnen im Johannesevangelium offenbar eine größere Bedeutung gewinnen als im damaligen sozio-kulturellen Mainstream - zeigen sich neben den Gemeinsamkeiten auch Unterschiede im Vergleich zu den Rollenprofilen der Männer in der Nachfolgegemeinschaft? In der Wirkungsgeschichte der großen Frauengestalten aus dem Johannesevangelium, etwa der Samaritanerin, Marias und Martas oder Marias von Magdala, zeichnen sich - je nach den verschiedenen christlichen Milieus - Ambivalenzen ab. Warum präsentieren gnostische Apokryphen beispielsweise weibliche Figuren, insbesondere Maria Magdalena, als bevorzugte Jüngerinnen Jesu, während sie gleichzeitig "Weiblichkeit" abwerten? Warum wird schließlich in der weiteren Rezeptionsgeschichte aus Marta das Vorbild der tugendhaften Hausfrau, aus ihrer Schwester und der Magdalenerin zusammen die Einheitsgestalt der erotischen Sünderin? Wer waren diese Frauen wirklich? Welche Rollen spielten sie in der ersten Zeit der Kirche - und wie wurden diese später reflektiert?

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Aufgrund eines männlich dominierten Wirklichkeits- und Geschichtsverständnisses wird die Partizipation von Frauen in der Jesusbewegung und an frühchristlichen Leitungsfunktionen oft marginalisiert. Eine gender-reflexive Analyse der literarischen Darstellung von Frauengestalten bedarf daher einer Interpretationsarbeit, welche die vom patriarchalen Kontext geprägten Texte und ihre Auslegungen kritisch auf geschlechtsspezifische Klischees, ideologische Geschlechterkonstruktionen und hintergründige Legitimationsinteressen untersucht. Frauenporträts, die gegenüber der konventionellen symbolischen Ordnung deutlich differieren, stehen dabei im Zentrum des Interesses, da sie eine Neudefinition der wirkenden Rollenbilder ermöglichen. Verdrängte oder vergessene Traditionen sollen zur Erinnerung gebracht sowie eine Sensibilisierung für das Wirken von Geschlechterstereotypen, Vorurteilen und Interessen in Texten und ihrer Auslegungsgeschichte erreicht werden.

Prüfungsstoff

In der konkreten Textarbeit mit dem Johannesevangelium, aber auch anderen neutestamentlichen sowie apokryphen, patristischen und mittelalterlichen Schriften kommen sprach- und literarurwissenschaftliche Methoden sowie das historisch-kritische Methodenensemble - in feministischer Revision - zur Anwendung, ergänzt um die Fragestellungen einer gender-reflexiven Lektüre. Geplant sind Impulse der Leiterin sowie Referate der TeilnehmerInnen anhand von selbst erstellten Arbeitspapieren und Textblättern mit jeweils anschließender Diskussion. Vorausgesetzt werden die Kenntnis bibelwissenschaftlicher Methoden sowie elementare Griechischkenntnisse.

Literatur

BEIRNE, M.M., Women and Men in the Fourth Gospel: A Genuine Discipleship of Equals (JSNT.S 242; London: Sheffield Academic Press, 2003)
BROWN, R.E., The Community of the Beloved Disciple: The Life, Loves, and Hates of an Individual Church in New Testament Times (London: Geoffrey Chapman, 1979)
DE BOER, M.C., "John 4:27 - Women (and Men) in the Gospel and Community of John," Women in the Biblical Tradition (Hg. v. Brooke, G.J.; SWR 31; Lewiston, New York: The Edwin Mellen Press, 1992) 208-230
KITZBERGER, I.R., "Mary of Bethany and Mary of Magdala: Two Female Characters in the Johannine Passion Narrative: A Feminist, Narrative-Critical Reader-Response," NTS 41 (1995) 564-586
KLAUCK, H.-J., Gemeinde - Amt - Sakrament: Neutestamentliche Perspektiven (Würzburg: Echter, 1989)
SCHNEIDERS, S.M., "Women in the Fourth Gospel and the Role of Women in the Contemporary Church," BTB 12 (1982) 35-45
SCHOTTROFF, L., "Die Samaritanerin am Brunnen (Joh 4)," Auf Israel hören: Sozialgeschichtliche Bibelauslegung (Hg. v. Jost R. / Kessler R. / Raisig C.M.; Luzern: Edition Exodus, 1992) 115-132
SCHÜSSLER FIORENZA, E., Zu ihrem Gedächtnis ...: Eine feministisch-theologische Rekonstruktion der christlichen Ursprünge (Gütersloh: Kaiser, 21993)
TASCHL-ERBER, A., Maria von Magdala - erste Apostolin? Eine Symbolfigur im Spiegel sich wandelnder Kontexte (Diss.; Wien 2006)
WENGST, K., Das Johannesevangelium (2 Bde; Theologischer Kommentar zum Neuen Testament 4/1-2; Stuttgart: Kohlhammer, 2000-2001)

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Seminar der Fächergruppe 1 für 011 und 012 (alter und neuer Studienplan) bzw. (freies) Wahlfach für alle Studienrichtungen; für "Frauen- und Geschlechterforschung" anrechenbar!

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:27