020016 SE SE Vertiefung zur Systematisch-Theologische Forschung (2024W)

Rudolf Bultmann legte nicht nur wichtige exegetische Arbeiten zum Neuen Testament vor, er hat ebenso die Bedeutung der historischen Erkenntnisse für die Theologie kritisch hinterfragt und sich diesbezüglich gegenüber liberaler und dialektischer Theologie positioniert. Mit seinem „Entmythologisierungsprogramm“ löste der Marburger Theologe eine folgenreiche Debatte über das Verständnis der biblischen Schriften im Allgemeinen und dem historischen Jesus im Besonderen aus. Für Bultmann ist „die Welt, die der Glaube erfassen will, mit Hilfe der wissenschaftlichen Erkenntnis überhaupt nicht erfaßbar“, weswegen die Glaubensperspektive über die wissenschaftliche Beschaffenheit der Welt keine Auskunft geben kann, ihr Feld ist die existentielle Frage, die Frage nach Sinn und Hoffnung. Die Wahrheit des Glaubens eröffnet sich dem Christen in der Begegnung mit dem Wort Gottes. Die strenge Trennung von Glauben und Wissen in der Bezugnahme auf die geänderten Bedingungen der Moderne wurden auch von seiner Schülerschaft kontrovers diskutiert.

Das Seminar ist in zwei Teile gegliedert, wobei wir uns im ersten Teil dem theologischen Verständnis Bultmanns widmen, im zweiten Teil kommen die (kritischen) Stimmen und Um- bzw. Neudeutungen seiner Schülerschaft, z.B. von Dorothee Sölle, Hans Jonas und Ernst Käsemann, zu Wort. Indem jene Stimmen aus Bultmanns Umfeld mit seiner Theologie ins „Gespräch“ gebracht werden, lassen sich nicht nur die Aktualität, sondern auch die Grenzen seiner Theologie von verschiedenen Perspektiven aus beleuchten.