Universität Wien

020027 SE SE aus dem Gebiet der Kirchengeschichte oder der Kulturgeschichte des Christentums (2024S)

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 2 - Evangelische Theologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung
VOR-ORT

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Montag 04.03. 11:30 - 13:00 Hörsaal 1 Schenkenstraße 8-10 5.OG
Montag 11.03. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 18.03. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 08.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 15.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 22.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 29.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 13.05. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 27.05. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 03.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 10.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 17.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG
Montag 24.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3 Schenkenstraße 8-10 6.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Seminarthema: Das Leben Jesu in der Aufklärungszeit und das Entstehen der historischen Kritik

„Gleichwie demnach kein Zweifel seyn kann, daß Jesus in seiner Lehre die Menschen auf den rechten großen Zweck einer Religion, nemlich eine ewige Seligkeit, verwiesen: so bleibt uns nur die Frage übrig, was Jesus selbst für sich in seiner Lehre und Handlungen für einen Zweck gehabt habe?“ (Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger: Noch ein Fragment des Wolfenbüttelschen Ungenannten, hg. von G.E. Lessing 1784, §3)
Die zitierte Schrift, die 1774–1778 unter G.E. Lessings Edition mit dem Namen Wolfenbüttelsche Fragmente anonym in die Geschichte der modernen Theologie eingegangen ist, trägt eigentlich den Titel Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes und ihr Verfasser ist H.S. Reimarus (1694–1768). Sie stellte in der Zeit der deutschen Aufklärung eine ungeheure Provokation dar, besonders gegenüber der lutherischen Orthodoxie. Mit ihr nahm die auch bereits vorher aufgekommene Kritik am Kanon als gottgegebene Autorität an Fahrt auf. Der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits verstorbene Reimarus wendet die in Folge des neuzeitlichen Humanismus bedeutsam gewordene historisch-kritische Methode auf das Neue Testament an und kommt zur vagen Vermutung, dass dieses auf Mythenerzählungen aufbaut und damit nicht so unbedingt dasteht, wie man es von einer ewigen Wahrheit meinen könnte. Die widersprüchlichen Auferstehungsberichte der Jünger werden als Phantasiegebilde der enttäuschten Jünger betrachtet und die Wundergeschichten in Zweifel gezogen. Dies ist die Diskrepanz, die im obigen Zitat ihren Ausdruck findet: der, wie Lessing sagen wird: „garstige breite Graben“ zwischen ewiger Vernunftwahrheit und historischer Bedingtheit der biblischen Offenbarung. Mit dem sog. Fragmentenstreit war das Feld unterschiedlicher Bestimmungen von ‚Wahrheit der Bibel‘ und ‚Wahrheit der Religion‘ eröffnet, das auch die Folgezeit bestimmen wird.
Diese seit der Aufklärung und ohne sie nicht zu denkenden Frage nach dem historischen Jesus zählt zu einer der zentralen Themenstellungen der modernen protestantischen Theologie. Ziel des Seminars wird es sein, sich mit der Debattenlage des Fragmentenstreites und der Genese der Leben-Jesu-Forschung vertraut zu machen.

Wir werden erstens und hauptsächlich die Entstehung dieser historisch-kritischen Lesart des Lebens Jesu anhand zentraler Texte der Aufklärungszeit – J-J. Rousseau, H.S. Reimarus, J.S. Semler, G.E. Lessing, J.G. Herder, I. Kant und G.W.F. Hegel – nachverfolgen.
In den Blick kommen wird aber zweitens, mit Schwerpunktsetzungen, auch die geschichtsphilosophische Neukonzipierung der Frage nach dem historischen Jesus im 19. Jahrhundert, so bei F.D.E. Schleiermacher, F.C. Baur, D.F. Strauß, K.M.A. Kähler, S. Kierkegaard, E. Renan und A. v. Harnack, sowie drittens der Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Debatte um die Mythentheorie bei A. Drews, E. Troeltsch, A. Schweitzer, R. Bultmann, K. Barth und E. Friedell konsequent weitergeführt oder konsequent bestritten wurde. Wir schließen mit einem Ausblick auf die gegenwärtige Leben-Jesu-Forschung.
Methodisch gehen wir historisch wie systematisch vor: einerseits analysieren wir den historischen Kontext der behandelten Texte, andererseits debattieren wir über die geschichtsphilosophischen wie wissenschaftstheoretischen Prämissen und Schlüsse der historisch-kritischen Methode, wie sie in der Aufklärungszeit geprägt wurde.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Die Leistungskontrolle setzt sich aus drei Teilen zusammen:
a) Vorbereitung der Seminarsitzungen (10%)
b) Präsentation des Seminararbeitsthemas (30%)
c) Seminararbeit (60%) zu einem Thema aus dem Seminar (Abgabetermin: 15. September 2024; ca. 15 Seiten)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

a) Regelmäßige Anwesenheit (max. zwei entschuldigte Absenzen)
b) Vorbereitung der Seminarsitzungen
c) Jede Teilleistungen muss positiv bewertet werden (zur Gewichtung s.o.)

Prüfungsstoff

Literatur

Als Einführung in die Phasen der Leben-Jesu-Forschung eignen sich die entsprechenden knappen Überblickskapitel z.B. in:
MERZ, Annette & THEIßEN, Gerd: Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen, 4. Aufl., 2011.
Dies, Wer war Jesus? Der erinnerte Jesus in historischer Sicht. Ein Lehrbuch, Göttingen 2023.
STROTMANN, Angelika: Der historische Jesus: eine Einführung, Paderborn, 4. Aufl., 2024.

Eine umfassende Darstellung bietet:
SCHMIDT, Eckart David: Jesus in Geschichte, Erzählung und Idee. Perspektiven der Jesusrezeption in der Bibelwissenschaft der Aufklärung, der Romantik und des Idealismus, Tübingen 2022 (Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie 86).

Weitere Literatur wird im Seminar bekanntgegeben.


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Fr 23.02.2024 17:25