Universität Wien

060008 SE Gershom Scholem - Deutschtum, Nationaljudentum und Kabbala (2017S)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

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Am 6.3. Themeneinteilung und Vorbesprechung.
Das SE wird am 03.07.2017 geblockt abgehalten.

Montag 06.03. 12:30 - 14:00 Hörsaal 1 Judaistik UniCampus Hof 7 2L-EG-25
Montag 03.07. 10:00 - 16:00 Hörsaal 1 Judaistik UniCampus Hof 7 2L-EG-25

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Seminar-Themen: deutsch-jüdische Geschichte; Kabbalaerforschung; Messianismus im Judentum; Israel in den ersten Jahren nach der Staatsgründung.
Gershom Gerhard Scholem (1897-1982), der vor allem als Kabbala-Erforscher bekannt ist, veröffentlichte mit 80 Jahren 1977 seine Jugenderinnerungen unter dem Titel Von Berlin nach Jerusalem. In zehn Kapiteln lässt er seinen intellektuellen Werdegang Revue passieren und liefert dabei ein manchmal polemisches Bild des Berliner Judentums der Weimarer Republik. Er erzählt von seiner Familie, dem Studium, dem ersten Weltkrieg und wie er als engagierter Zionist schließlich nach Jerusalem auswanderte. Sein Interesse für Kabbala war durch Einfluss ostjüdischer Gelehrter, wie Salman Rubaschow, aber auch Walter Benjamin und Martin Buber entstanden. Als er sich zu einer Dissertation über Kabbala entschloß, übernahm er von der Wissenschaft des Judentums das Werkzeug, eine streng rationalistische Philologie, eventuell von Benjamin das Problem der Sprachtheorie und angeregt von Buber und den ostjüdischen Beziehungen den Stoff: die Kabbala. Als er einige der kabbalistischen Meditationen auch versuchte praktisch auszuprobieren, musste er allerdings feststellen, dass sie geistesverwüstend seien. Daher blieb er zeitlebens bei der rein theoretischen Beschäftigung mit der faszinierenden Materie. Scholem sah in der verschütteten und vielfach geschmähten Kabbala einen Teil der jüdischen Geistesgeschichte, der revolutionäre und anarchistische Utopien aufwies. Er stellte sich die Frage, ob nicht dieses unterirdische Judentum das eigentliche sei. Scholem suchte die jüdische Totalität, die er in seiner persönlichen Umgebung vermisste. Er fahndete nach Wegen zum echten Kern des Judentums. Das Judentum bestand für ihn aus einer pluralistischen Vielfalt von Möglichkeiten, Wahrheiten zu finden. So ist es verständlich, dass er jede Form einer dogmatischen Theologie verachtete. Judentum konnte für ihn nicht eindeutig definiert werden. Es war für ihn nicht allein säkularer Zionismus oder religiöse Tradition. Judentum bedeutet eine geschichtliche Aufgabe, die sich immer wieder neu stellt, solange es Juden gibt. Er wollte kein versponnenes romantisches Fabulieren über die Zukunft des Judentums, sondern das in die Krise geratene jüdische Selbstverständnis durch das Versenken in die Vergangenheit modernisieren. Dieses neue jüdische Geschichtsbewusstsein war ohne die Verknüpfung mit der Auswanderung nach Israel und dem Erlernen der Hebräischen Sprache nicht denkbar. So verwundert es nicht, dass er bereits 1923, nach Abschluss der Promotion, nach Israel einwanderte. Er wurde Bibliothekar an der hebräischen Abteilung der Nationalbibliothek in Jerusalem. Zwei Jahre später erfolgte seine Berufung als Dozent an die neu gegründete Hebräische Universität.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Referat und schriftliche Seminararbeit (25-30 Seiten)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Literatur

Primär:
Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000,.
Ursprung und Anfänge der Kabbala. Verlag de Gruyter, Berlin 1962.
Sabbatai Zwi. Der mystische Messias, übertr. von Angelika Schweikhart. Jüdischer Vlg., Frankfurt a. M. 1992.
The Messianic Idea in Judaism and Other Essays on Jewish Spirituality. Schocken Books, New York 1971.
Tagebücher nebst Aufsätzen und Entwürfen bis 1923, hrsg. von Karlfried Gründer und Friedrich Niewöhner. Jüdischer Vlg., Frankfurt am Main, 2000.
Judaica, Suhrkamp, Frankfurt, Bd. 1: 1968; Bd. 2: 1970; Bd. 3: 1973; Bd. 4, hrsg. von Rolf Tiedemann, 1984; Bd. 5, hrsg., aus dem Hebräischen übers. und mit einem Nachw. von Michael Brocke, 1992.
Briefe, C. H. Beck, München, 1994 fff..
Briefe an Werner Kraft, hrsg. von Werner Kraft, mit einem Nachwort von Jörg Drews. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986.
Betty Scholem/Gershom Scholem, Mutter und Sohn im Briefwechsel, hrsg. von Itta Shedletzky in Verb. mit Thomas Sparr. C. H. Beck, München 1989.
Hannah Arendt und Gershom Scholem: Der Briefwechsel, hrsg. von Marie Luise Knott unter Mitarbeit von David Heredia; Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2010.
Sekundär:
Ralf Hoffrogge, Werner Scholem - eine politische Biographie (1895-1940), UVK Verlag, Konstanz 2014.
G. Necker, E. Morlok, M. Morgenstern (Hg.), Gershom Scholem in Deutschland. Seelenverwandtschaft und Sprachlosigkeit, Tübingen 2014.
Peter Schäfer und Gary Smith [Hrsg.]: Gershom Scholem. Zwischen den Disziplinen. Mit Beiträgen von Amos Funkenstein, Joseph Dan, R.J. Zwi Werblowsky [u.a.], Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1995.
Stéphane Mosès und Sigrid Weigel [Hrsg.]: Gershom Scholem. Literatur und Rhetorik. Mit Beiträgen von Moshe Idel, Pierre Bouretz, Thomas Macho [u.a.], Böhlau, Köln 2000 .
Daniel Weidner: Gershom Scholem – Politisches, esoterisches und historiographisches Schreiben. Wilhelm Fink Verlag, München 2003.
Klaus Davidowicz: Gershom Scholem und Martin Buber. Neukirchen-Vluyn, Neukirchener Verlg 1995.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA: U1-255/256 und als BA-Seminar
MA: U2-243

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:30