Universität Wien

070042 GR Guided Reading - Entwurzelung. Eine österreichische Migrationsgeschichte des 20.Jahrhunderts. (2017S)

Uprooting. An Austrian history of migration in the 20th century.

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 7 - Geschichte
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Freitag 17.03. 10:00 - 14:00 Seminarraum 2, Institut für Zeitgeschichte, 1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1
Freitag 31.03. 10:00 - 14:00 Seminarraum 2, Institut für Zeitgeschichte, 1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1
Freitag 28.04. 10:00 - 14:00 Seminarraum 2, Institut für Zeitgeschichte, 1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1
Freitag 19.05. 10:00 - 14:00 Seminarraum 2, Institut für Zeitgeschichte, 1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1
Freitag 09.06. 10:00 - 14:00 Seminarraum 2, Institut für Zeitgeschichte, 1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Grenzzäune, Abschottung der `Festung Europa`, verschärfte Fremden- und Asylgesetze, menschliches Elend und wachsende Ausländerfeindlichkeit: Die anhaltenden Konflikte um Zu- und Abwanderung verweisen auf gesellschaftliche Abgründe mit einer langen `Vor`-Geschichte. Aktuelle Debatten und Konflikte sind solcherart Anlass, sich historischen Phänomenen und Schattenseiten zuzuwenden, die nicht zuletzt mit Begriffen wie `Ausgrenzung`, `Kulturkampf`, `Vertreibung`, `Deportation` oder `Rassismus` verbunden sind und tiefliegende Defekte in dermentalen wie sozialen `Verfassung` vieler
Staaten darstellen.
Um sie am Beispiel Österreichs zu analysieren, ist einerseits im Rahmen der Lehrveranstaltung allgemein nach der Schaffung und Verstärkung von Feindbildern zu fragen. Andererseits müssen darüber hinaus konkrete Problemfelder aus der Perspektive der Betroffenen, der Behörden und des sozialen Umfelds betrachtet werden.
Hierbei sind sowohl die Fälle der `Entwurzelung` von Österreichern etwa im `Katastrophenzeitalter`der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Auge zu fassen als auch die Schicksale jener, die sich in der Alpenrepublik vorübergehend oder dauerhaft niederlassen wollten. Unter anderem wird diesbezüglich auch die Auswanderung von Staatsbürgern behandelt, die sich ab 1900 aus vorwiegend ökonomischen Gründen entschlossen, die Donaumonarchie beziehungsweise Österreich zu verlassen.
In einem weiteren Schritt geraten dann die Flüchtlinge und `Displaced Persons` als Konsequenz zweier Weltkriege ins Blickfeld - und damit auch die Phänomene `Vertreibung`, `Zwangsevakuation` und `Deportation`. Eine `Ethnisierung` bewaffneter Konflikte verbindet sich dabei mit einem wachsenden Rassismus und Antisemitismus, der sich schließlich zum industrialisierten Massenmord während der NS-Gewaltherrschaft steigert.
Ideologische Einflussfaktoren lassen sich außerdem bei der Abschiebung beziehungsweise Ausweisung von Osteuropäern und Anhängern sozialistischer oder kommunistischer Bewegungen in der Zwischenkriegszeit erkennen. Ähnlich weltanschaulich aufgeladen sind unter geänderten Bedingungen die Migrationserscheinungen während des Kalten Krieges, hauptsächlich infolge der Niederschlagung des `Ungarischen Volksaufstandes` 1956 und des gewaltsamen Endes des `Prager Frühlings` 1968.
Anknüpfend daran widmet sich die Lehrveranstaltung der Transit- und Einwanderungsthematik ab den 1960er Jahren unter anderem anhand der sogenannten `Gastarbeiter` und der Durchreise jüdischer Emigranten aus der UdSSR.
Die Diskussion über Leitkulturen` und `multikulturelle Gesellschaften` sowie die
Auseinandersetzungen um Prinzipien und Praxis der Asyl-, Integrations- und Flüchtlingspolitik speziell in den 1990er Jahren als Folge des gewaltsamen Zerfalls von Jugoslawien führt abschließend zum `Migrationsregime` Österreichs und der Europäischen Union vor dem Hintergrund der humanitären Katastrophen speziell am Balkan und im Mittelmeer, insbesondere infolge der Krisen und blutigen Konfrontationen im Nahen Osten beziehungsweise `arabischen Raum`.

Die einzelnen Einheiten im Überblick:
1. Einführung: Vorbedingungen und Grundgedanken, Konzept der Lehrveranstaltung und Gliederung der Themenbereiche
2. Zur wissenschaftlichen Untersuchung von `Migrationsformen und Migrationsregimen`:Forschungsstand, Schlüsselbegriffe, Themen und Diskussionen
3. Texte zur Migrationsgeschichte der späten Donaumonarchie bis 1914
4. Texte zu Flucht, Evakuierung, Vertreibung und Deportation im `Katastrophenzeitalter` von 1914 bis 1945
5. Texte zu Arbeitsmigration, Integration, Flucht und Asyl während und nach dem Ende des Kalten Krieges
6.-12. Vertiefung und Wiederholung beziehungsweise Vorträge der LV-Teilnehmer und Diskussion in mehreren Einheiten.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Analyse von Quellen, Überblicks- und Schlüsseltexten zu einer Migrationsgeschichte der späten Donaumonarchie, der Ersten und Zweiten Republik beziehungsweise Österreichs während der Herrschaft des Nationalsozialismus, Mitarbeit und Diskussion im Rahmen der Lehrveranstaltung sowie die Behandlung eines ausgewählten Themas der österreichischen Migrationsgeschichte in Form eines mündlichen Referates und einer kurzen schriftlichen Arbeit (5-10 Seiten)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Grundkenntnisse der Geschichte des 20. Jahrhunderts als Mindestanforderung. Beurteilt wird die Bereitschaft zur Mitarbeit und Diskussion im Rahmen der Lehrveranstaltung sowie die Behandlung eines ausgewählten Themas der österreichischen Migrationsgeschichte in Form eines mündlichen Referates und einer schriftlichen Arbeit

Prüfungsstoff

Inhaltlich ist neben der Mitarbeit und Diskussion im Rahmen der Lehrveranstaltung vor allem die Auswahl eines Themas aus dem Bereich der österreichischen Migrationsgeschichte wichtig. Hierfür werden vom LV-Leiter einführende Vorträge zur Orientierung und mögliche
Untersuchungsschwerpunkte präsentiert.

Literatur

Bade, Klaus J./Emmer, Pieter C./Lucassen, Leo/Oltmer, Jochen (Hg.): Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jh. bis zur Gegenwart. Paderborn u.a. 2007.
Bauböck, Rainer: `Nach Rasse und Sprache verschieden`. Migrationspolitik in Österreich von der Monarchie bis heute.Wien 1996.
Bauer, Ingrid/Ehmer, Josef/Hahn, Sylvia (Hg.):Walz, Migration, Besatzung. Historische
Szenarien des Eigenen und des Fremden. Klagenfurt 2002.
Bettelheim, Peter/Ley, Michael (Hg.): Ist jetzt hier die `wahre` Heimat? Ostjüdische
Einwanderung nach Wien.Wien 1993.
Fassmann, Heinz/Münz, Rainer (Hg.): Einwanderungsland Österreich? Wien 1995.
Hahn, Sylvia/Komlosy, Andrea/Reiter, Ilse (Hg.): Ausweisung - Abschiebung - Vertreibung.
Europa 16.-20. Jahrhundert. Innsbruck 2006.
Heiss, Gernot/Rathkolb, Oliver (Hg.): Asylland widerWillen. Flüchtlinge in Österreich im
europäischen Kontext seit 1914. Wien 1995.
Hoffmann-Holter, Beatrix: `Abreisendmachung`: Jüdische Kriegsflüchtlinge inWien 1914 bis
1923.Wien 1995.
Horvath, Traude/Neyer, Gerda (Hg.): Auswanderungen aus Österreich. Von der Mitte des 19. Jhs. bis zur Gegenwart. Wien 1996.
John, Michael/Lichtblau, Albert: SchmelztiegelWien - einst und jetzt. Geschichte und
Gegenwart der Zuwanderung nach Wien. Wien 1990.
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena: Die Republik Österreich 1918/2008. Überblick -
Zwischenbilanz - Neubewertung. Wien 2008.
MacLoughlin, Barry/Schafranek, Hans/Szevera. Walter: Aufbruch - Hoffnung - Endstation.
Österreicherinnen und Österreicher in der Sowjetunion 1925-1945.Wien 1996.
Marrus, Michael R.: Die Unerwünschten. Europäische Flüchtlinge im 20. Jahrhundert.
Berlin/Göttingen/Hamburg 1999.
Mentzel,Walter: Kriegsflüchtlinge in Cisleithanien im ErstenWeltkrieg. Diss. Wien 1997.
Oertel, Christine: Juden auf der Flucht durch Austria. Jüdische Displaced Persons in der US-Besatzungszone Österreichs. Wien 1999.
Sassen, Saskia: Migranten, Siedler, Flüchtlinge. Von der Massenwanderung zur Festung Europa. Frankfurt a. M. 2000.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA Geschichte: Zeitgeschichte (4 ECTS)
BA UF GSP: Österreichische Geschichte 2, Wirtschafts- und Sozialgeschichte (4 ECTS)
Diplom UF GSP: Wirtschafts- und Sozialgeschichte (4 ECTS)

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:30