070070 UE Guided Reading Osteuropäische Geschichte - Preußens Gloria, Polens Niedergang? (2023W)

Kaum ein Land Europas erfuhr bereits unter Zeitgenossen so ambivalente Wertungen wie Preußen. War die Monarchie unter Friedrich II. für Voltaire etwa das Musterbeispiel für einen „Aufgeklärten Absolutismus“, so galt sie Lessing als „das sklavischste Land von Europa“ und war im 19. Jahrhundert sowohl Hort der Modernität wie auch eines reaktionären Militarismus. Diesem ambivalenten Befund will sich das Guided Reading aus ostmitteleuropäischer Perspektive nähern und nach Preußens Verortung in diesem Kontext fragen. Als Teil einer agrarisch geprägten Strukturregion und seit dem 17. Jahrhundert mächtepolitisch eingebunden in ein durch Polen-Litauen und das Russländische Reich, aber auch Schweden und die Habsburgermonarchie dominiertes Konfliktfeld, war Preußen ob seiner exponierten Lage stets zu Anpassungsprozessen gezwungen und fungierte zugleich als wichtiger Transferraum zwischen West und Ost.

Das Guided Reading dient der gemeinsamen, chronologisch angelegten Erarbeitung verschiedener Aspekte preußischer Geschichte aus politik-, sozial- und kulturhistorischer Perspektive. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei dem dynamischen Verhältnis zwischen (Brandenburg-)Preußen und Polen gelten, dessen politischer Niedergang eng mit der preußischen Großmachtwerdung korrespondierte. Die Arbeit mit Fachliteratur und Quellenbeispielen soll zur Identifikation historischer Prozesse, zum kritischen Umgang mit und einem Hinterfragen von historiographischen Narrativen sowie allgemein zum analytischen Lesen befähigen. Neben der aktiven Mitarbeit in den Lehrveranstaltungseinheiten werden die Teilnehmenden ihr erworbenes Wissen auch in Form kleinerer schriftlicher Ausarbeitungen kontinuierlich darlegen und zur Diskussion stellen.