Universität Wien

070265 SE Seminar + Konversatorium: Pornografie: Lebenswelten, Diskurse und Medien (18. 20. Jh.) (2013W)

[!!!] LV wird an der Universität für angewandte Kunst Wien abgehalten [!!!]

6.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 7 - Geschichte
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Termine:

Seminar
Mi, 9.10.2013, 12.00 - 13.30 Uhr, Einführung in die Frage- und Aufgabenstellungen, Sem.Raum A, Hauptgebäude Universität für angewandte Kunst, Oskar Kokoschka-Platz 2, 1010 Wien;
Mi, 16.10.2013, 12.00 - 13.30 Uhr, Einführung in die Frage- und Aufgabenstellungen, Sem.Raum A
Fr, 8.11.2013, 15.00 - 19.00 Uhr, Literaturblock, Einstieg in die Problematik über Fachliteratur (Referate), Lehrkanzel Kulturgeschichte, Franz Josefs-Kai 5, 1010 Wien;
Fr, 29.11.2013, 15.00 -18.00 Uhr, Literaturblock, Einstieg in die Problematik über Fachliteratur (Referate), Fortsetzung, Franz Josefs-Kai 5;
Fr, 24.01.2014, 13.00 - 20.00 Uhr, Abschlussblock, Franz Josefs-Kai 5.

Konversatorium
Mi, 9.10.2013, 13.30 - 14.00 Uhr, Konv. Einführung in die Aufgabenstellungen, Sem.Raum A;
Mi, 16.10.2013, 13.30 -14.00 Uhr, Konv. Einführung in die Aufgabenstellungen, Sem.Raum A;
Mi, 20.11.2013, 12.00 - 14.00 Uhr, Konversatorium, Sem.Raum A;
Fr, 13.12.2013, 16.00 - 18.30 Uhr, Konversatorium, Franz Josefs-Kai 5;
Fr, 31.01.2014, 14.00 - 17.30 Uhr, Abschlussblock Konversatorium, Franz Josefs-Kai 5.

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 10 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine

Zur Zeit sind keine Termine bekannt.

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Pornografie ist eine zentrale Materie Medium, Handelsware, Unterhaltung, Kunst, Vorbild, etc. der Gegenwart. Es geht um ein, wenn nicht das wichtigste Thema und Handlungsfeld, um den Sex, auf den sich die Sehnsucht der Menschen nach Liebe, Lust und Leidenschaft konzentriert.
Pornografie ist Medium und nicht alltägliches Handlungsfeld. Ihre ubiquitäre Präsenz beeinflusst allerdings massiv den Alltag der Menschen. Sex wird in der Pornografie explizit dargestellt, ohne soziale, inhaltsbezogene, wertbezogene, künstlerische, dramaturgische Begründung Pornografie ist "sex pour sex". Es gibt keinen Handkuss und kein Händchenhalten, Liebe ist nicht notwendig erscheint in Pornografiegeschichten eher überflüssig; es geht direkt zur Sache; dabei spielt die Frage nach den individuellen Geschichten wer mit wem; welche (Lebens-)Geschichten haben die AkteurInnen, wer sind sie eine untergeordnete Rolle.
Pornografie ist ein Massenmedium, ein Wirtschaftsimperium ungeahnten Ausmaßes, eine Tabubruchinstanz auf einem Feld, wo die ProduzentInnen täglich aus Geschäftsgründen etwas weiter gehen; die Grenzen des Dargestellten und des Darstellbaren werden schleichend ständig erweitert.
Pornographie oszilliert in der gesellschaftlichen Wahrnehmung zwischen patriarchalisch bestimmter Ausbeutung der AkteurInnen insbesondere der Frauen, die nur scheinbar Wahlfreiheit haben und einem Experimentierfeld der sozialen Innovation, auf dem vorexerziert wird, wie sich Individuen von den Ketten Jahrhunderte langer Sexualunterdrückung befreien können.
Erotik und lustvoller Sex waren in der Geschichte Fantasiegebilde; sie waren wohl selbst als Fantasie nur rudimentär vorhanden, da für deren Ausbildung gute Lebensbedingungen, vermutlich auch Bildung und ein gewisses Maß an Autonomie notwendig gewesen wäre. So war die Realisierung einer erotischen Kultur nur wenigen Angehörigen sozialer Eliten und dort wieder vorwiegend den Männern vorbehalten. Religion, "Familie", "Haus", "Stamm", "Clan" und schließlich die sich in der Neuzeit konstituierenden "Staaten" wollten Kontrolle über die Fortpflanzung, über die "Legitimation zur Zeugung" und auch über die Sexualität.
Die Medien der Pornografie waren und sind in ihren Herstellungs-, Distributions- und Gebrauchszusammenhängen ambivalent zu beurteilen. Sie waren Katalysatoren einer "sexuellen Revolution und Befreiung", sind aber auch zunehmend neue Instanzen der Kontrolle und Disziplinierung der Sexualität.
Viele Fragen stellen sich: seit jedenfalls 15 Jahren wächst eine Generation heran, für die pornografische Darstellungen der Sexualität vor allem via Internet normal sind und die wie bei anderen Dingen auch zwischen medialer Darstellung und Wirklichkeit nicht unterscheiden kann. Wenn die Menschen flexible Kulturwesen sind wie historische Anthropologie und Ethnologie vermuten könnte es sein, dass die zig-milliardenfache Darstellung des früher "Anstößigen" aus diesem in the long run schließlich das Gängige, Normale, Alltägliche macht und mit dem Tabu auch das Pornografische verschwindet. Aus dem vorher diametralen Unterschied zwischen dem Alltäglichen und dem Erotischen, z.B. dem Handkuss und dem Cunnilingus, würde dann ein bloß gradueller zwischen einer eher höflichen und einer persönlichen Zärtlichkeit. Wenn Tabus jedoch anthropologisch festgelegt sind, bleiben Tabus und deren Verletzung durch Pornografie eine unendliche Geschichte.
Zu fragen ist, wie sich das Verhältnis Kunst und Pornografie gestaltet hat und gestaltet. Die apollinische Tradition war in der europäischen Kulturgeschichte jedenfalls stärker als die dionysische. Christus kommt daher in der europäischen Kunst häufiger vor als Priapos, der Sohn des Dyonisos. Und die überlieferten christlichen Werke waren dem Ideengebäude entsprechend eher sexualfeindlich motiviert und wurden fast durchgehend in diesem Sinn gedeutet.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Zu fragen ist, wie sich das Verhältnis Kunst und Pornografie gestaltet hat und gestaltet. Die apollinische Tradition war in der europäischen Kulturgeschichte jedenfalls stärker als die dionysische. Christus kommt daher in der europäischen Kunst häufiger vor als Priapos, der Sohn des Dyonisos. Und die überlieferten christlichen Werke waren dem Ideengebäude entsprechend eher sexualfeindlich motiviert und wurden fast durchgehend in diesem Sinn gedeutet.
Weitere Fragen, die Gegenstand der Lehrveranstaltung sind:
-Feministische Diskurse für und gegen Pornografie (z.B. Alice Schwarzers PornNO Kampagne);
- "Altporn: Alternative Pornografie";
- "Pornchic": Verbreitung pornografischer Stilelemente in unterschiedlichen medialen Kontexten der Popkultur;
- Pornografie in der Filmgeschichte: z.B. Filme aus dem amerikanischen Mainstream der 70er Jahre (Behind the green door; Deep throat; The Devil in Miss Jones)
- Körper- und Schönheitstrends, die durch die Pornoindustrie vorgegeben wurden und werden und Mainstream werden.

Prüfungsstoff

Das Thema wird gesellschafts-, kunst-, kulturhistorisch bearbeitet. Es geht mir vor allem um die Wechselwirkung zwischen pornografischen Medien in ihrer Entwicklungsgeschichte und den alltäglichen Lebenswelten, die durch diese Medien beeinflusst wurden und werden.
Gefragt wird, wie sich die Diskurse über Sexualität und Pornografie veränderten, aber auch wie sich die Symbole und Rituale, die Werte und Normen im alltäglichen Umgang mit der Sexualität wandelten.
Meiner Auffassung nach ist Wissenschaft kein Glaubensbekenntnis, sondern eine in den Methoden offene Suchbewegung, die kritisch sein muss, bereit, die Frage zu stellen, wem gesellschaftliche Entwicklungen nützen und wem sie schaden.
Ich halte es mit Paul Feyerabend, der gegen den Methodenzwang argumentiert hat, mit Karl R. Popper, der darauf hingewiesen hat, dass in der Wissenschaft das Falsifizieren ebenso wichtig ist wie das Verifizieren, und mit dem 2012 verstorbenen Historiker Eric J. Hobsbawm, der festgehalten hat, dass soziale Ungerechtigkeit angeprangert und bekämpft werden muss, weil die Welt von selbst nicht besser wird.

Die Lehrveranstaltung wird von mir unter Beteiligung von zwei Kolleginnen, die Graduierungsarbeiten zum Thema Pornografie machen, Frau Mag. Barbara Grodecka und Frau Mag. Suleika Mundschitz, abgehalten.
Die Lehrveranstaltung besteht aus Einzelterminen für alle Koordinierungs-, Instruktions-und Vorbereitungsaufgaben und aus zwei Blockveranstaltungen ein Block zur Diskussion von Fachliteratur, ein Block zur Vorstellung der Arbeiten.
Die Lehrveranstaltung wird von einem Konversatorium begleitet, in dem wichtige wissenschaftliche Literatur zum Thema Pornografie referiert und diskutiert wird.

Literatur


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

MA Frauen- und Geschlechtergeschichte: Seminar Vertiefung 1 oder 2 (6 ECTS) | MA Wirtschafts- und Sozialgeschichte: Seminar Vertiefung 1 oder 2 (6 ECTS) |

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:30