Universität Wien
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080018 SE Seminar: Das Genie. Genese, Geschichte u.gegenwärtige Kritik einer "Legende vom Künstler (m./n.K.) (2018S)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 20 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Freitag 02.03. 09:00 - 13:00 Seminarraum 3 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-25
  • Freitag 09.03. 10:00 - 18:00 Seminarraum 3 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-25
  • Samstag 10.03. 09:00 - 13:00 Seminarraum 3 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-25
  • Donnerstag 10.05. 10:00 - 18:00 Seminarraum 3 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-25
  • Freitag 11.05. 10:00 - 18:00 Seminarraum 3 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-25
  • Samstag 12.05. 10:00 - 18:00 Seminarraum 3 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-25
  • Sonntag 13.05. 10:00 - 13:00 Seminarraum 3 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-25

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

In der Renaissance wurden einzelne Künstler als „göttlich“ gefeiert, das Wort Génie aber erst spät und vereinzelt gebraucht. Der „Sturm und Drang“ des 18. Jahrhunderts und die Romantik erklärten Maler 
und Bildhauer zu „Genies“, zu wegweisenden Verkörperungen des modernen, des selbstbestimmten Ich. Das 18. Jahrhundert gilt als „Geniezeit“, das spätere
 19. Jahrhundert als Epoche der „verkannten Genies“. Bereits seit Napoleon wurden auch Staatenlenker als „Genies“ eingeschätzt, nicht zuletzt Adolf Hitler – umgekehrt entwickelten nach eigenem Anspruch geniale Künstler des 20. Jahrhunderts einen kunstreligiösen Sendungsanspruch; ein besonders prominenter Fall ist Joseph Beuys, der zugleich im Widerspruch zum herkömmlichen Geniebegriff ausrief: "Jeder Mensch ein Künstler." Im letzten Drittel des 20. Jahrhundert wurde der „Tod des Autors“ proklamiert und das Ende des männlichen Genie-Kultes gefordert, der in feministisch inspirierter Kunst ironisiert wurde und wird, so in Elaine Sturtevants Beuys-Parodie.

Durch genaue Analyse einzelner Schriftquellen und exemplarischer Bildwerke und Inschriften soll zunächst die Vorgeschichte des neuzeitlichen Geniebegriffs in Antike und Mittelalter schlaglichtartig erschlossen werden. Genius und ingenium sind im Unterschied zu Génie antike Begriffe, ohne die frühneuzeitliche Genie-Diskurse kaum verstehbar sind. Im Mittelalter wurden der Deus artifex, der kunstreich agierende Weltschöpfer und der menschliche artifex in eine Analogie versetzt, die erst die neuzeitiche Erhebung des artifex divinus zum Genie ermöglichte. Antike Aussagen über Künstler (bes. Phidias) und mittelalterliche Künstlerinschriften relativieren gängige Urteile über den niedrigen Status vorneuzeitlicher Künstler.
Während Lexika und Monographien die Ausbildung eines Begriffs vom Genie avant la lettre bei Vasari und in der italienischen Kunstliteratur der Renaissance kaum berücksichtigen, soll Vasaris Michelangelo-Vita (1550/68) im Kontext zeitgenössischer Äußerungen analysiert werden. Mit Gemälden von Vasari, F. Zuccari, Artemisia Gentileschi, Velasquez, Vermeer, Rembrandt und Rubens sollen Zeugnisse gemalter Kunst- und Künstlertheorie analysiert werden. Geniediskurse des Sturm und Drang, der von Goethe gesammelte Maler Asmus Carstens, Aspekte des Geniekultes im 19. und 20. Jahrhundert folgen. Die Fundamentalkritik der „Geniereligion“ durch den Wiener Kulturhistoriker Edgar Zilsel 1918 und Absagen an das Genie seit Barthes’ „Tod des Autors“(1963) werden ebenso behandelt wie Kontinuitäten und neueste Wiederauferstehungsversuche. Zugleich erörtern wir zentrale kunsthistorische Publikationen zum Geniebegriff.
Das Seminar stellt an Hand ausgewählter Themen Vorgeschichte und Geschichte des Geniebgeriffes in Text und Bild vor. Nach einem Einblick in die Vorgeschichte des „göttlichen“ Künstlers in Antike und Mittelalter liegt ein Schwerpunkt auf Diskursen, Bildern und Bildinterpretationen der Frühen Neuzeit, in denen die Grundlagen des expliziten Geniekultes des 18., 19. und 20. Jahrhunderts gelegt wurde. Der chronologische Rahmen umfasst auch die jüngste Vergangenheit.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

In der Vorbesprechung werden die Referatsthemen vergeben und zentrale Texte verteilt, die auch im Learnweb/Moodle der Universität Wien zugänglich gemacht werden. Zentrale Themen und Thesen der Forschung werden eingeführt. Eine Woche später findet der erste Block statt. In dieser Zeit sollen die verteilten Texte gelesen und eine erste Skizze des Referates (das im zweiten Block im Mai gehalten wird) mit einigen Folien und einer Gliederung (ebenfalls als Folie) erstellt werden. Außerdem ist ein Handout zu erstellen, das die wichtigsten Gegenstände (Quellen, Bilder...) und die wichtigste Literatur (Primärquellen und Sekundärliteratur) benennen soll. Jede TeilnehmerIn stellt in diesem zweiten Seminarblock außerdem einen knappen, für das Thema im weiteren Sinn wichtigen Grundlagentext der kunsthistorischen Literatur vor (Impulsreferat 10 Minuten). Hier befinden wir uns noch in einer „informellen“ Phase und diskutieren im Hinblick auf die eigentlichen Referate (siehe unten), die im Mai-Block gehalten werden.
Für die Referate im Mai werden die Studierenden aufgefordert, a) die jeweiligen Schriftquellen kurz vorzustellen und innerhalb der Erkenntnisse der kunsthistorischen Forschung zu kontextualieren, und b) zu klären, welche Bildwerke der betreffenden KünstlerInnen auf Genie- und verwandte Diskurse zurückgreifen. Wurden diese Befunde in kanonischen kunsthistorischen Texten über die Geschichte des Genies bereits angemessen berücksichtigt? Alternativ werden in einigen Referaten kunsthistorische Standardwerke zum Thema im Allgemeineren und deren seitherige Rezeption im Fach vorgestellt (Burckhardt, Kris/Kurz, Warnke, Alpers, Bätschmann, Krieger).

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Impulsreferat 10 min. mit kurzem Handout (Doppelseite) im Rahmen des ersten Blocks (9.-10.3.); Referat mit Handout (20-30 Min., 30% der Gesamtnote) während der Blockveranstaltung im Mai, Hausarbeit (ca. 40.000 Zeichen, bis Ende Juni, 60% der Gesamtnote) und aktive Teilnahme an den Diskussionen (10% der Gesamtnote).

Prüfungsstoff

Literatur

Wolfgang Löhr: Art. "Genie", in Ulrich Pfisterer (Hg.), Metzler Lexikon Kunstwissenschaft, 2. Auflage, Stuttgart 2011, S. 144-150
Eberhard Ortland: Art. "Genie", in Karlheinz Barck et al. (Hgg.), Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 2, Stuttgart 2001, S. 661-709
Ernst Kris und Otto Kurz, Die Legende vom Künstler. Ein geschichtlicher Versuch, Wien 1934 (und spätere Ausgaben)
Hubert Sommer, Génie: zur Bedeutungsgeschichte des Wortes von der Renaissance zur Aufklärung, Frankfurt am Main 1994 (Univ.-Diss Marburg 1942, Neudruck, hg. von Michael Nerlich)
Joanna Woods-Marsden: Renaissance Self-Portraiture, New Haven 1998
Edgar Zilsel, Die Geniereligion, Wien 1918 (Neuausgabe Frankfurt a. M. 1998)
Jochen Schmidt: Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik, 1750-1945, 2 Bde., Darmstadt 1985 (oder Neuausgabe Heidelberg 2004)
Catherine M. Soussloff: The Absolute Artist: the Historiography of a Concept, Minneapolis 1997
Martin Hellmold, Sabine Kampmann, Katharina Sykora (Hg.): Was ist ein Künstler? Das Subjekt der modernen Kunst, München 2003
Verena Krieger: Was ist ein Künstler? Genie - Heilsbringer – Antikünstler, Köln 2007
Birgit Schwarz, Geniewahn: Hitler und die Kunst, 2. Aufl., Köln und Weimar 2011

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:31