Universität Wien
Achtung! Das Lehrangebot ist noch nicht vollständig und wird bis Semesterbeginn laufend ergänzt.

080030 VU M420 Wissen und Materialität: Kochen mit biographischer Methode (2025W)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 50 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Montag 06.10. 16:15 - 17:45 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Montag 13.10. 14:30 - 16:00 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Montag 20.10. 14:30 - 16:00 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Freitag 24.10. 11:00 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Freitag 14.11. 11:00 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Freitag 05.12. 11:00 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Montag 15.12. 16:15 - 17:45 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Montag 15.12. 18:00 - 19:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Kochen ist materielle Notwendigkeit und Herausforderung, eine alltägliche Performanz, eine sorgende Praxis – geschlechtlich codiert, ein Gegenstand von Stereotypisierung und nicht zuletzt das nostalgische Refugium heimatbezogener Sehnsüchte: Nirgends schmeckt es schließlich so gut wie bei…

In dieser Lehrveranstaltung erproben wir das gemeinsame Kochen als einen körperlichen, materiellen und zugleich beziehungsstiftenden Erhebungsmodus: Wir lernen etwas über die Personen, mit/bei denen wir kochen, und verorten das kennengelernte Rezept in einem biographischen Porträt.

Entscheidend ist die objektivierbare Grundlage: Mit wem können und möchten wir kochen – wie gelingen Zugänge? Legen wir uns auf eine Personengruppe fest, um durch das Kochen erfahrungsgemeinschaftliche Bezüge herzustellen? Wählen wir einen lokalen Fokus, um eine vermeintliche Typizität zu dekonstruieren? Nehmen wir ein Lebensmittel, eine Technik oder etwas ganz anderes zum Ausgangspunkt?

Ob wir uns nun auf Rezepte mit Hefeflocken fokussieren, ob uns die Pflege einer Sauerteigmutter oder Geheimtipps von erfahrenen Privatkochenden interessieren oder ob wir versuchen möchten, mit lokalen Politiker*innen zu kochen, queere und feministische Aktivist*innen kennenzulernen oder die Restaurantbesitzer der Meidlinger Hauptstraße zu versammeln – das entscheiden wir gemeinsam. Dabei wägen wir Machbarkeit und Forschungsethik ab, diskutieren, wie „gemeinsam“ der Fokus sein muss, um ein geteiltes kulturanalytisches Erkenntnisinteresse zu verfolgen, und welche Kriterien uns beim Erhebungsprozess wichtig sein werden. So viele Dimensionen dieser Lehrveranstaltung stehen und fallen mit Ihren persönlichen Präferenzen und hängen auch von der Teilnehmendenzahl des Kurses ab.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Selbstverständlich müssen Sie nicht kochen können, um die Lehrveranstaltung mit Erfolg abzuschließen. Sie sollten allerdings dazu bereit sein, allein oder im Team teilnehmend beobachtend in einer Küche aktiv zu werden und zu essen. Vorausgesetzt ist also Ihr Interesse, sich ethnographisch auf eine unvertraute Situation einzulassen.

Um forschungsethischen Herausforderungen gerecht werden zu können, sollten Sie zudem bereit sein, an Aufgaben im Bereich des Wissenschaftsmanagements mitzuwirken – so etwa dem Beantragen von Geldern, mit denen die Lebensmittel für das gemeinsame Kochen finanziert werden können.

In dieser Lehrveranstaltung machen Sie sich mit Diskussionen der europäisch-ethnologischen Ernährungsforschung und der internationalen Food Anthropology vertraut, lernen Herangehensweisen der Biografieforschung kennen und erproben diese ganz praktisch im Team oder alleine. Dabei schärfen Sie nicht lediglich Ihren Blick für die Bedeutsamkeit körperlicher und materieller Dimensionen eines Erhebungsprozesses, sondern vertiefen auch Ihre Schreibkompetenzen, indem Sie sich dem erfahrungsnahen Format eines Porträts widmen.

Auf freiwilliger Basis wird es die Option geben, eine gemeinsame Veranstaltung zu organisieren, bei der wir die kennengelernten Gerichte probieren und die Ergebnisse unserer Forschung präsentieren. Auch gemeinsame Kochabende oder das Probieren von Dingen während der Lehrveranstaltung sind denkbar. Außerdem plant die Lehrveranstaltungsleitung ein kulturwissenschaftliches Kochbuch, an dessen Herausgabe Sie bei Interesse langfristig mitwirken und in dem Ihre Portraits beheimatet werden können.

Wichtig: Aus organisatorischen Gründen endet die Lehrveranstaltung bereits Mitte Dezember 2025. Entsprechend intensiviert sich der wöchentliche Arbeitsaufwand (4 ECTS = 100 - 120 Stunden) bis dorthin. Bis 19. Oktober 2025 entwickeln Sie auf der Basis von Ihnen ausgewählter Literatur ein wissenschaftliches Positionspapier zur Anthropology of Cooking im Umfang von ca. drei Seiten. Konkrete Hinweise finden Sie bereits ab Ihrer Zulassung zur Lehrveranstaltung im begleitenden Kurs bei Moodle.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Die Lehrveranstaltung ist prüfungsimmanent; kontinuierliche Anwesenheit (maximal 2 x 90 Minuten Fehlen) ist unbedingte Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss. Ersatzleistungen sind nicht vorgesehen.

30 Punkte: Wissenschaftliches Positionspapier, ca. 3 Seiten bis voraussichtlich 19.10.2025

20 Punkte: Übernahme organisatorischer Aufträge im Bereich des Wissenschaftsmanagements und Übungsaufgaben

50 Punkte: Erarbeitung und Abschluss eines biographischen Portraits, ca. 5 Seiten bis voraussichtlich 12.01.2026

Für den erfolgreichen Abschluss der LV sind mindestens 51 von 100 möglichen Punkten zu erreichen.

Notenskala:
> = 92 sehr gut (1)
> = 80 gut (2)
> = 65 befriedigend (3)
> = 51 genügend (4)
< 51 nicht genügend (5)

Prüfungsstoff

Literatur

Bauer, Theres (2005): Ist Essen Heimat? Das Beibehalten und das Verändern von Koch- und Essgewohnheiten in der Migration. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, 101(1), S. 21–35.

Bendix, Regina (2008a): Formatfrustrationen. Geschlecht, Biographie, Wissen und Wissensproduktion. In: Haibl, Michaela; Timm, Elisabeth (Hg.): Wissen und Geschlecht. Wien, S. 91–111.

Bendix, Regina (2008b): Kulinaristik und Gastlichkeit aus der Sicht der Kulturanthropologie. In: Wierlacher, Alois; Bendix, Regina (Hg.): Kulinaristik. Forschung – Lehre – Praxis. Münster: LIT, S. 45–55.

Dausein, Bettina (2001): Erzähltes Leben - erzähltes Geschlecht? Aspekte der narrativen Konstruktion von Geschlecht im Kontext der Biographieforschung. In: Feministische Studien 19, S. 57–73.

Dausein, Bettina / Kelle, Helga (2005): Biographie und kulturelle Praxis. Methodologische Überlegungen zur Verknüpfung von Ethnographie und Biographieforschung. In: Völter, Bettina; Dausein, Bettina; Lutz; Helma: Rosenthal, Gabriele (Hg.): Biographieforschung im Diskurs. Wiesbaden: VS Verlag, S. 189–212.

Gajek, Esther / Götz, Irene (1993): „Studentenfutter“. Was StudentInnen einkaufen und wie sie (miteinander) kochen und essen. München.

Göttsch-Elten, Silke (2010): Kochen als Medienereignis. Kochbücher, Kochshows und der Alltag. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, 106, S. 107–118.

Heimerdinger, Timo (2005): Schmackhafte Symbole und alltägliche Notwendigkeit. Zu Stand und Perspektiven der volkskundlichen Nahrungsforschung. In: Zeitschrift für Volkskunde, 101, S. 205–218.

Jeggle, Utz (1988): Eßgewohnheiten und Familienordnung. Was beim Essen alles mitgegessen wird. In: Zeitschrift für Volkskunde, 84, S. 189–205.

Kitchen Politics (Hg.) (2023): Die Neuordnung der Küchen. Materialistisch-feministische Entwürfe eines besseren Zusammenlebens. Münster: edition assemblage.

Klein, Jakob A. (2014): Cooking, Cuisine and Class and the Anthropology of Food. In: Klein, Jakob A.; Murcott, Anne (Hg.): Food Consumption in Global Perspective. London: Palgrave Macmillan, S. 1–24.

Köstlin, Konrad (1991): Heimat geht durch den Magen oder: Das Maultaschensyndrom in der Moderne. In: Beiträge zur Volkskunde in Baden-Württemberg, 4, S. 147–164.

Köstlin, Konrad (2017): Das fremde Essen – das Fremde essen. Anmerkungen zur Rede von der Einverleibung des Fremden. In: Kashiwagi-Wetzel, Kikuko / Meyer, Anne-Rose (Hg.): Theorien des Essens. Berlin: Neofelis, S. 355–372.

Reimers, Inga (2021): Die Welt zu Gast am Esstisch. Skalierungen von Weltbezügen in kulinarischen Versammlungen. In: Hamburger Journal für Kulturanthropologie (HJK), 13, S. 163–172.

Schmidt-Lauber, Brigitta (2005): Männer, Glut und rohes Fleisch. Zur neuen Natur beim Kochen nationaler Gemeintöpfe und -roste. In: Muri, Gabriela / Reggli, Cornelia / Unterwegger, Gisela (Hg.): Die Alltagsküche. Bausteine für alltägliche und festliche Essen. Zürich: vdf Hochschulverlag, S. 69–75.

Sutton, David E. (2016): The Anthropology of Cooking. In: Klein, Jakob A. / Watson, James L. (Hg.): The Handbook of Food and Anthropology. London: Bloomsbury Academic, S. 349–369.

Theophano, Janet (2002): Eat My Words. Reading Women's Lives Through the Cookbooks They Wrote. New York: Palgrave.

Tolksdorf, Ulrich (1973): Grill und Grillen oder: Die Kochkunst der mittleren Distanz. Ein Beschreibungsversuch. In: Kieler Blätter zur Volkskunde, 5, S. 113–133.

Tolksdorf, Ulrich (1975): Die Schwangerschaftsgelüste (Picae gravidarum). In: Kieler Blätter zur Volkskunde, 8, S. 81–106.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: So 27.07.2025 14:45