Universität Wien

080052 SE Bravura. Virtuosität und Illusionismus in der vormodernen Malerei (2024W)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Freitag 04.10. 11:00 - 13:30 Seminarraum 1 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-07
  • Freitag 25.10. 10:00 - 14:30 Seminarraum 4 d. Inst. f. Kunstgeschichte (1. Stock) UniCampus Hof 9 3F-O1-27
  • Freitag 22.11. 10:00 - 14:30 Seminarraum 4 d. Inst. f. Kunstgeschichte (1. Stock) UniCampus Hof 9 3F-O1-27
  • Samstag 23.11. 10:00 - 14:30 Seminarraum 4 d. Inst. f. Kunstgeschichte (1. Stock) UniCampus Hof 9 3F-O1-27
  • Samstag 30.11. 10:00 - 14:30 Seminarraum 4 d. Inst. f. Kunstgeschichte (1. Stock) UniCampus Hof 9 3F-O1-27
  • Freitag 10.01. 10:00 - 14:30 Seminarraum 4 d. Inst. f. Kunstgeschichte (1. Stock) UniCampus Hof 9 3F-O1-27
  • Samstag 11.01. 10:00 - 14:30 Seminarraum 4 d. Inst. f. Kunstgeschichte (1. Stock) UniCampus Hof 9 3F-O1-27

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Anlass für diese Lehrveranstaltung ist die Ausstellung Rembrandt – Hoogstraten. Farbe & Illusion, die vom 08. Oktober 2024 bis 12. Januar 2025 im Wiener Kunsthistorischen Museum zu sehen sein wird. Die Ausstellung wird erlauben, bravura in der Malerei am Beispiel exzellenter Originale zu studieren, aber auch ganz gegensätzliche Bildkonzepte mit dieser Form der Malerei zu vergleichen.

Bravura in der Malerei meint eine Form der Ausführung, die das eigene Können, die Kunstfertigkeit demonstrativ als solche ausstellt. Bravouröse Malerei zeigt explizit, dass das, was allgemein als eine Schwierigkeit gilt, mit Leichtigkeit überwunden wird. Sie ist mit Kühnheit, Entschiedenheit, (vermeintlicher) Schnelligkeit verbunden, steht der Skizze nahe, feiert das Eintagewerk. Bravura meint mehr als das höfisch-kultivierte Konzept der sprezzatura (Castiglione). Wie Nicola Suthor betont, verbirgt sich im Wort der bravura auch der bravo, der Scherge oder Degenheld, und damit die ostentative Regelverletzung und Mutwilligkeit, die auf eine (ästhetische) Überwältigung des Gegenübers abzielt. Bravour rechnet mit einem gebildeten Publikum, das die künstlerische Selbstdarstellung als solche erkennt - und zu diskutieren weiß. Malerische Bravour wurde seit jeher geschätzt, war zugleich aber auch rasch der Kritik ausgesetzt: Wenn übertrieben oder ungekonnt ausgespielt, läuft bravouröse Malerei Gefahr, nicht als gemeisterte difficoltà bewundert, sondern als billige Effekthascherei entlarvt und belächelt zu werden.

In dieser Lehrveranstaltung werden wir zum einen dem Begriff der bravura und verwandten Begriffen wie sprezzatura; prestezza / far presto; franchezza; maniera gagliarda; fierezza etc. in der italienischen, französischen, niederländischen und spanischen Kunstliteratur nachgehen. Im Fokus steht allerdings die eingehende Betrachtung und Analyse ausgewählter Bilder, die auf das ostentative Ausspielen von Virtuosität und Meisterschaft angelegt sind - auf künstlerische Selbstdarstellung statt Darstellung allein. Wie und mit welchen Effekten haben Maler*innen ihr bravouröses Können zu einem Thema ihrer Bilder gemacht? Auf welche – damals jeweils diskutierten – professionellen Herausforderungen und sozialen Ideale haben sie geantwortet? Wie verbindet sich die spezifische Ausführung mit dem jeweiligen Bildsujet? Und in Hinblick auf eine kritische Prüfung des Konzepts: Bei welchen Malern ist bravura ein treffender Begriff, bei welchen geht es doch eher um das höfische Konzept der sprezzatura? Oder anders gefragt: Wenn bravura den verwegenen Degenhelden meint: Inwiefern war dieses Konzept auch für weibliche Künstlerinnen relevant? Neben figurativen und räumlichen Aspekten bravouröser Malerei (Schwert und Pinsel; tour de force extremer Verkürzungen und Hell-Dunkel-Malerei; bes. bei Caravaggio und Artemisia Gentileschi) werden wir schwerpunktmäßig dem Phänomen des wie mühelos und rasch hingeworfenen Pinselstrichs im Werk der sogenannten colorito-Maler*innen nachgehen (wie Tizian, Tintoretto, Rembrandt, Hals, Leyster, La Tour, Fragonard, Manet, Morisot u.a.). Zugleich werden wir diese Werke mit Bildern konfrontieren, die das exzessive fini, die geschlossene, der Täuschung verschriebene Mimesis oder das kleine, minutiöse Detail zum Ort der künstlerischen Bravour erheben (trompe l’oeil in der Malerei – Hoogstraten; Liotard).

Voraussetzung: Bereitschaft zur intensiven Lektüre kunsttheoretischer Quellentexte. Gute Kenntnisse der italienischen, französischen, niederländischen oder spanischen Sprache sind sehr von Vorteil.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

- aktive Beteiligung an Diskussionen
- Referat mit Handout/PPP
- Vertiefung in Form einer schriftlichen Hausarbeit (etwa 40.000 Zeichen Fließtext)
- Mit der Anmeldung zu dieser LV stimmen Sie zu, dass die automatisierte Plagiatsprüfungs-Software Turnitin alle von Ihnen in moodle eingereichten schriftlichen Teilleistungen prüft.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Mindestanforderung:
- Anwesenheitspflicht. Bei Absenz wegen Krankheit oder familiärer Ausnahmesituation ist ein schriftlicher Nachweis vorzulegen.
- Für einen positiven Abschluss der Lehrveranstaltung müssen alle Teilleistungen erbracht werden.
- Seminararbeit: Zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis kann der/die Lehrveranstaltungsleiter/in Studierende zu einem notenrelevanten Gespräch nach Abgabe der Arbeit einladen, welches positiv zu absolvieren ist.

Beurteilungsmaßstab:
- aktive Beteiligung an Diskussionen 15%
- Referat und Präsentation 30 %
- Vertiefung in Form einer schriftlichen Hausarbeit 55%

Notenschlüssel:
1 (sehr gut) 100-90 Punkte; 2 (gut) 89-81 Punkte; 3 (befriedigend) 80-71 Punkte; 4 (genügend) 70-61 Punkte; 5 (nicht genügend) 60-0 Punkte

Prüfungsstoff

Prüfungsstoff ist der Inhalt der Lehrveranstaltung.

Literatur

Ausst.-Kat. Rembrandt – Hoogstraaten. Farbe & Illusion, KHM Wien 2024.
Baldinucci, Filippo, Notizie dei professori del disegno da Cimabue in qua, hg. v. Paola Barocchi, Florenz 1975.
Bohde, Daniela, Haut, Fleisch und Farbe. Körperlichkeit und Materialität in den Gemälden Tizians, Emsdetten und Berlin 2004.
Boschloo, Anton W. A., The Limits of Artistic Freedom: Criticism of Art in Italy from 1500 to 1800, Leiden 2008.
Castiglione, Baldesar, Il libro del cortegiano, hg. von Amedeo Quondam, Rom 2016.
Cerasuolo, Angela, Literature and Artistic Practice in Sixteenth-Century Italy. The Processes of Painting in the Treatises and in the Works, Leiden und Boston 2017 (ursprgl.: Diligenza e prestezza: la tecnica nella pittura e nella letteratura artistica del Cinquecento, Florenz 2014).
Grassi, Luigi, Mario Pepe, Dizionario dei termini artistici, Turin 1994.
Hadjinicolaou, Yannis, Denken Körper – formende Hände. Handeling in Kunst und Kunsttheorie der Rembrandtisten, Berlin 2016.
Fleckner, Uwe, “Pourquoi une belle esquisse nous plaît-elle plus qu'un beau tableau?" Fragonard, Diderot et l'éloquence du pinceau dans quelques portraits du XVIIIe siècle, in: Thomas W. Gaehtgens et al. (eds.), L'art et les normes sociales au XVIIIe siècle, Paris 2001, 509–533.
Koos, Marianne, Haut, Farbe, Medialität. Oberfläche im Werk von Jean-Étienne Liotard (1702-1789), Paderborn 2014.
Lehmann, Ann-Sophie, Das Medium als Mediator. Eine Materialtheorie für (Öl-)Bilder, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 57 (2012), 69–88.
Pfisterer, Ulrich, Metzler Lexikon Kunstwissenschaft: Ideen, Methoden, Begriffe, Stuttgart 22011.
Rosen, Valeska von, Mimesis und Selbstbezüglichkeit in Werken Tizians: Studien zum venezianischen Malereidiskurs, Emsdetten 2001.
Sheriff, Mary, Fragonard. Art and Eroticism, New Haven und London 1990.
Sohm, Philip, Pittoresco. Marco Boschini, his critics, and their critiques of painterly brushwork in seventeenth- and eighteenth-century Italy, Cambridge 1991.
Suthor, Nicola, Bravura. Virtuosität und Mutwilligkeit in der Malerei der Frühen Neuzeit, München 2010. Überarbeitete englische Fassung: Dies., Bravura. Virtuosity and Ambition in Early Modern European Painting, Princeton 2021.
Suthor, Nicola, Rembrandts Rauheit. Eine phänomenologische Untersuchung, Paderborn 2014.
Weststeijn, Thijs, The universal art of Samuel van Hoogstraten (1627-1678). Painter, writer, and courtier, Amsterdam 2013.
Wetering, Ernst van de, Rembrandt: The Painter at Work, Amsterdam 1997.
Watelet, Claude-Henri, Pierre Charles Lévesque, Dictionnaire des Arts de peinture, sculpture et gravure […]., 5 Bde., a Paris […] 1792.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Di 27.08.2024 11:45