090055 VO Spätantike und byzantinische Rhetorik: Theorie und Praxis (Phil. u. Lit.) (2014W)

Rhetorik ist nach einer gängigen Definition die Kunst der überzeugenden Rede. Als solche war die Rhetorik fest im öffentlichen Leben der klassischen Antike verankert. Ob im Gerichtssaal, in politischen Gremien oder bei öffentlichen Veranstaltungen: Reden von "Sophisten" (Rhetoren) spielten eine entscheidende Rolle bei der Meinungsbildung. Mit der Veränderung politischer und sozialer Rahmenbedingen während des Hellenismus und der Kaiserzeit wurde auch die Rhetorik einer Transformation unterworfen: Während etwa Gerichts- und politische Beratungsreden weitgehend verschwanden, begannen rhetorische Ausdrucksmittel zunehmend auch in ursprünglich nicht der Rhetorik zugehörende Gattungen (etwa die Dichtung) einzudringen, sodass man für die Spätantike und Byzanz (also den Zeitraum von ca. 300 bis 1453) von einer "Rhetorisierung" eines Großteils der Literatur sprechen kann.
Die Vorlesung bietet eine Einführung in die (griechische) rhetorische Kultur dieses Zeitraums. Dabei wird einerseits auf die zeitgenössische rhetorische Theorie eingegangen, d.h. Abhandlungen, Kommentare und Schulbücher behandelt, die uns darüber Auskunft geben, wie man die Rhetorik in dieser Zeit betrachtete und wie man deren Fertigkeiten den angehenden Rhetoren vermittelte. Anderseits wird der Schwerpunkt auf rhetorischer Praxis liegen, d.h. die Rolle rhetorischer Literatur im jeweiligen sozio-politischen Kontext untersucht sowie rhetorische Kompositions- und Ausdrucksmittel in ausgewählten Textbeispielen analysiert.