090127 UE Der Jedermann-Stoff im neulateinischen Drama (2012S)

Als Eröffnungsstück der Salzburger Festspiele ist Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" im deutschsprachigen Raum gut bekannt. 1911 erstmals in Berlin aufgeführt, handelt es vom Sterben des reichen Mannes, der allzu spät einsieht, dass seine Freunde, seine Geliebte, vor allem aber sein Geld ihm im Tod und vor Gottes Richterstuhl weder Beistand noch Hilfe sind. Die älteste Version des Stoffes ist vermutlich der niederländische Elckerlijc des Pieter van Diest (1495). Hofmannsthal aber orientierte sich am englischen "Everyman" (um 1500) und Hans Sachs‘ deutscher Bearbeitung (Comedi vom sterbenden reichen Menschen, 1549). Hans Sachs wiederum fußt auf drei neulateinischen Bearbeitungen des Jedermannstoffes: dem "Homulus" von Christian Ischyrius (1536), dem "Hecastus" von Georg Macropedius (1539) und dem "Mercator" von Thomas Naogeorg (1540). Die beiden letztgenannten Stücke sollen in Auszügen gelesen werden. Nebenbei erfahren Sie einiges über das neulateinische Drama und studieren die Ursprünge eines für das Denken und die theologischen Debatten des 16. Jahrhunderts charakteristischen Stoffes, der über Hofmannsthals Bearbeitung zu einem bis heute immer wieder aktualisierten Stück Weltliteratur werden konnte.