Universität Wien

100035 PS Neuere dt. Lit.: Kinder- und Jugendliteratur: Das fremde Kind. (2007W)

Motivgeschichte und Motivwandel von E.T.A. Hoffmann bis J.K. Rowling

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 10 - Deutsche Philologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Donnerstag 04.10. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 11.10. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 18.10. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 25.10. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 08.11. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 15.11. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 22.11. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 29.11. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 06.12. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 13.12. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 10.01. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 17.01. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 24.01. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)
Donnerstag 31.01. 11:15 - 12:45 (ehem.Übungsraum 4 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 5)

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Durch die tagespolitische Aktualität von Ausländerfeindlichkeit und religiösem Fanatismus
zeigt sich Fremdheit in einem gesellschaftlichen Diskurs zuallererst bestimmt von kultureller Fremdheit. Die daraus folgenden literarischen Spielarten sollen neben zahlreichen anderen Aspekten Teil sein eines Proseminars, in dem die Kinder- und Jugendliteratur nach einem Motiv befragt wird, das im Verlauf der Literaturgeschichte zahlreiche Wandlungen erfahren hat - und an dem die Genreentwicklung der KJL vom romantischen Kunstmärchen bis hin zur problemorientierten Erzählung beispielhaft ablesbar ist.
1817 verfasst E.T.A.Hoffmann sein Märchen "Das fremde Kind" und etabliert damit die Figur des numinosen Kindwesens in der deutschsprachigen Literatur; eine daraus sich entwickelnde kinderliterarische Tradition variiert Kindfiguren, die ihr Erlösungspotential aus der Fremdheitserfahrung zwischen magischer Weltsicht und machtvollem Ordnungsbewusstsein schöpfen. Das ewige Kind, das autonome Kind oder die clowneske Kindfigur sind nur einige sich daraus entwickelnde Motivvarianten und können weitergeführt werden bis zum modernen heroischen Kind-Helden.
2002 veröffentlicht die österreichische Autorin Renate Welsh "Dieda oder Das fremde Kind", einen Roman, der einer erlösenden Funktion von Kindheit eine radikale Absage erteilt und Kindheit im wörtlichen wie auch übertragenen Sinn als Exilerfahrung darstellt. Wie sehr korrespondiert diese Motivvariante mit Fremdheitserfahrungen der Exilliteratur, wie sie Kurt Held oder Mira Lobe aufgezeigt haben? Oder aber mit Erzählungen über das Exil wie jenen von Mirjam Pressler?
In diesem Spannungsfeld werden Motivvarianten beispielhaft an historischen und im Bereich der Kinderliteratur klassisch geltenden Texten erarbeitet und zeitgenössischen Werken gegenübergestellt. Dabei soll die Bandbreite von Fremdheit noch einmal eine neue Öffnung erfahren: Im Jugendroman nämlich zeigt Fremdheit sich als integratives Empfinden adoleszenter Figuren in einer sie umgebenden Erwachsenenwelt. Frage entwicklungsbedingter oder sexueller Fremdheit gehen dabei Hand in Hand mit literarischen Mustern, die auf eine Aufsplittung oder Auflösung des erzählenden Ichs abzielen.

Eine Festvorlesung von Renate Welsh, in der die Autorin am 27. November anlässlich ihres 70. Geburtstags im Kleinen Festsaal über Kindheit und Literatur sprechen wird, ist Teil der Lehrveranstaltung.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Ziel der Lehrveranstaltung ist es, Fremdheit in ihrer begrifflichen Variationsbreite zu erfassen und die literarische Annäherung an diese Varianten zu sichten, zu systematisieren und beispielhaft zu analysieren. Spezifische Genres der Kinder- und Jugendliteratur sollen dabei in ihrem historischen Wandel erkannt und poetologisch zueinander in Beziehung gestellt werden.

Prüfungsstoff

Das Semesterziel soll über das Semester hin in kontinuierlicher gemeinsamer Arbeit der Gruppe erreicht werden. Für jede Stunde werden Fragestellungen zur Diskussion gestellt und müssen von den TeilnehmerInnen im Voraus überdacht werden, um in der Lehrveranstaltung selbst in kurzen Präsentationen, Gruppenarbeiten und Plenumsdiskussionen gemeinsam erarbeitet werden zu können. Grundlage dafür bilden als Pflichtlektüre ausgewiesene Texte, deren Lektüre Voraussetzung für die Teilnahme an den einzelnen Stunden ist. Dazu zählen beispielhafte ausgewählte Texte und Textausschnitte aus der Primär- wie auch der Sekundärliteratur.
Gerade Jugendliteratur jedoch kann in ihrem vielfältigen Verweissystem auf mediale und jugendkulturelle Phänomene nie unabhängig von alltagskulturellen Trends erarbeitet werden. Daher werden Filme, Fernsehserien, Musik, Werbung, Karikatur etc. integrativ in die Aufgabenstellungen, Diskussionen und Medienauswahl miteinbezogen. Ebenso miteinbezogen wird internationale Kinder- und Jugendliteratur dort, wo prägende Entwicklungen bestimmt werden durch nicht genuin deutschsprachige Texte.
Das Proseminar soll verstanden werde als erster praktischer Anwendungsbereich wissenschaftlichen Arbeitens: Die Recherche, Aufbereitung und Präsentation wissenschaftlicher Grundlagen sowie auch der Analyse-Ergebnisse ist daher wichtiger Bestandteil der Lehrveranstaltung. Wissenschaftliche Methoden sollen offen gelegt und überprüfbar werden.
Die Grundlage des mündlichen Leistungsnachweises bilden mündliche Hausübungen (mit kurzen Präsentationen in der Lehrveranstaltung) sowie die Mitarbeit.
Die Grundlage des schriftlichen Leistungsnachweises bilden schriftliche Hausübungen und die schriftliche Abschlussarbeit, die 14 Tage nach der letzten Stunde abzugeben ist. Die Vorarbeiten für die schriftliche Arbeit (Literaturrecherche, Thesenfindung, Fragen struktureller und formaler Vorgehensweise) werden im letzten Semestermonat begleitet und in der Lehrveranstaltung selbst zur Diskussion gestellt.

Literatur

In der ersten Stunde wird ein Handout mit umfangreicher Sekundärliteraturliste zum Proseminar verteilt; begleitend zur Lehrveranstaltung steht ein betreuter Handapparat im KinderLiteraturHaus in der Mayerhofgasse zur Verfügung.

Zur Einführung:
Ewers, Hans-Heino: Kinder, die nicht erwachsen werden. Die Geniusgestalt des ewigen Kindes bei Goethe, Tieck, E.T.A. Hoffmann, J. M. Barrie, Ende und Nöstlinger. -In: Kinderwelten. Kinder und Kindheit in der neueren Literatur. Festschrift für Klaus Doderer. Weinheim, Basel 1985.
Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur. Hg. v. Reiner Wild. -Stuttgart 1990.
Kaulen, Heinrich: Jugend- und Adoleszenzromane zwischen Moderne und Postmoderne. -In: 1000 und 1 Buch 1/1999. S. 4-12.
Mattenklott, Gundel: Fremde Kinder im Kinderbuch. -In: JuLit 2/92. S. 72-85.
Mattenklott, Gundel: Zauberkreide. Kinderliteratur seit 1945. -Frankfurt 1994 (Fischer TB 12053).
Transformierte Kindheit. Kindheitsbilder Kindheitsabbilder Kindheitskonstruktionen. Hg. v. Nicole Kalteis und Lisa Kollmer. Linz 2007.

Folgende Texten (und Medien) bilden als Gesamttext oder in Ausschnitten die Semestergrundlage und werden im Verlauf des Proseminars durch zahlreiche (weitere) Textausschnitte ergänzt:
E.T.A. Hoffmann: Das Fremde Kind (Teil des Märchenzyklus "Die Serphionsbrüder"); James M. Barrie: Peter Pan; Astrid Lindgren: Pippi Langstrumpf; Michael Ende: Momo; Janne K. Rowling: Harry Potter; Jerry Spinelli: Stargirl; Kurt Held: Die rote Zora und ihre Bande; Renate Welsh: Dieda oder das fremde Kind; Mirjam Pressler: Malka Mai; Faïza Guène: Paradiesische Aussichten; Bart Moeyaert: Im Wespennest; Margaret Wild: Jinx; Julie Ann Peters: Luna; Fickende Fische (Film von Almut Getto);

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

I 1231

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:31