Universität Wien

100132 PS Neuere deutsche Literatur: Im Kanon oder an den Rändern des Kanons. (2011S)

Literatur der letzten fünf Jahre

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 10 - Deutsche Philologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Wir bedanken uns beim bm:ukk für die Übernahme der Fahrtkosten.

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Details

max. 40 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Donnerstag 03.03. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 10.03. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 17.03. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 24.03. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 31.03. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 07.04. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 14.04. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 05.05. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 12.05. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 19.05. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 26.05. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 09.06. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 16.06. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)
Donnerstag 30.06. 13:45 - 15:15 (ehem.Übungsraum 1 Germanistik Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9)

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

"Der Kanon regelt Zuordnung und Ausgrenzung, Ja und Nein zu einem Text, es ergibt sich eine Serie von Oppositionspaaren" (Dücker 2002). Diese Grundannahme kann als Voraussetzung jeder Art von Auseinandersetzung mit Kanonisierungsprozessen betrachtet werden.

Im PS fokussieren wir auf ein sehr eingegrenztes Segment der Literaturproduktion, auf die Literatur der letzten fünf Jahre und damit auf bestimmte Ausprägungen des "Ja und Nein", die sich als Konsequenz dieser Auswahl ergeben. Die zeitliche Eingrenzung eröffnet einen spezifischen Fragehorizont im weiten Feld der Kanonforschung, da es sich nicht um einen klassischen 'Kernkanon' handelt, der in Lehrplänen fix verankert Teil eines verbindlichen Wissenskanons und damit zugleich eines (bürgerlichen) Wertekanons darstellt (obwohl auch jüngste Literatur aufgrund der Kanonrelevanz ihrer AutorInnen Teil haben kann an einem solchen 'Wertekanon').

Kanonisierungsprozesse jüngster Literatur erfolgten und erfolgen immer häufiger auf der Basis von Rankings, wie etwa Bestsellerlisten, 'Longlists' und 'Shortlists' von Buchpreisen oder über verschiedene Arten des 'Wettstreits', wie Literaturfestivals, Poetry Slams oder Preise der Literaturhäuser, die stark performativ ausgerichtet sind, also nicht nur den Text, sondern auch die Präsentation, das 'literarische Ereignis' bewerten und damit über einen hohen medialen Marktwert verfügen. Auch mediale Formate wie das 'Literarische Quartett' und damit das gewichtige Wort der LiteraturkritikerInnen als KanonkonstrukteurInnen haben entscheidend Anteil am 'Ja oder Nein' zu einem Text, daran, ob und wie der Text/die AutorInnen Eingang in den Lektürekanon finden ("was/wen man lesen muss").

Dieser Eingang kann auch über die 'Ränder' erfolgen, wie z.B. über den kontrovers diskutierten Literaturwettbewerb "Schreiben zwischen den Kulturen";, der (im Gestus einer 'positiven Diskriminierung') auf die Förderung der Literatur von Angehörigen ethnischer Minderheiten und von MigrantInnen in Österreich abzielt und wichtige Impulse in der österreichischen Gegenwartsliteratur gesetzt hat. AutorInnen wie Dimitré Dinev und Julya Rabinowych, mittlerweile bedeutende Mitglieder der Literaturszene, sind Beispiele für die Durchlässigkeit der Grenzen zwischen Kern- und Randkanon, wobei letzterer oftmals auch literarische 'Moden' widerspiegelt im Gegensatz zum verfestigten Kernkanon (doch auch sogenannte 'Klassiker' wie Büchner, Kleist oder Kafka erhielten ihre Position im Kernkanon sehr zeitverzögert). Weitere 'Ränder' des Kanons werden zumeist über identitäre Parameter (Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung, 'Klasse', ethnische Zugehörigkeit etc.) beschrieben, wie z.B. 'Frauenliteratur', schwul-lesbische Literatur, 'ArbeiterInnenliteratur', 'MigrantInnenliteratur', GastarbeiterInnenliteratur, Literatur von Minderheiten (z.B. 'Kärntner Slowenen') etc. Das 'Label' ist damit stark autorInnenbezogen und ergibt sich aus einer Emphase der 'Außenseiterums' oder 'Fremden', des von der Norm abweichenden, immer aber des schwächeren Teils des asymmetrischen Oppositionspaares und muss daher kritisch hinterfragt werden.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Aufgrund der besonderen Konstruktion der LV, die auf eine Verschränkung von theoretischem Lernen und praktischer Erfahrung im literarischen Feld abzielt, gibt es besondere Teilnahmebedinungen: die Studierenden verpflichten sich zur Teilnahme an den Ernst Jandl-Lyrik-Tagen in Neuberg/Mürz, 17.-19.6.2011. Anteilsmäßig werden LV-Einheiten reduziert. Weitere Erfordernisse sind die regelmäßige und aktive Teilnahme an der LV, selbständige Arbeit in einer Gruppe, Abgabe einer schriftlichen Arbeit (Umfang ca. 15 Seiten).

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Neben dem Verfassen einer eigenständigen, wissenschaftlichen Arbeit und der Präsentation derselben, das Verständnis der theoretischen Positionen der literarischen Kanonbildung, Einblicke in Kanonisierungsprozesse jüngster Literatur und Einblicke in die Mechanismen des Literaturmarktes.

Prüfungsstoff

- Open Space: Diskussion der Themenfelder, gemeinsames Festlegen der Arbeitsgruppen
- Abwechselnd Arbeit in Kleingruppen / Diskussionen im Plenum
- Lektüre und Diskussion theoretischer Texte, Übertragen der theoretischen Ansätze auf konkrete Fragestellungen
- Aktive Mitarbeit und Diskussionsbereitschaft der Studierenden
- "Feldforschung" (Teilnahme an den Ernst Jandl-Lyrik-Tagen in Neuberg/Mürz, 17.-19.6.2011; Erstellung eines 'eigenen Kanons' auf der Basis von Untersuchungen von unterschiedlichen kanonbildenden Instrumenten und Institutionen)

Literatur

Sekundärliteratur (Auswahl):
- Arnold, Heinz Ludwig (Hg.): Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur. Literarische Kanonbildung. München 2002.
- Bidwell-Steiner, Marlen (Hg.): A canon of our own? Innsbruck: Studienverlag 2006.
- Dücker, Burckhard. "Das Bedürfnis eines Kanons wächst in Krisenzeiten besonders", in: IASL Online (2002), Zugriff v. 12.2.2011.
- Saul, Nicholas / Schmidt, Ricarda (Hgs.): Literarische Wertung und Kanonbildung. Würzburg: Könighausen & Neumann 2007.
- Struger, Jürgen: Der Kanon - Perspektiven, Erweiterungen und Revisionen. Wien: Praesens 2008.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

(I 1231, I2900)

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:32