100158 SE Masterseminar NdL: Coming of Age in der Literatur nach 1945 (2023S)

Bereits der Ausgang des Ersten Weltkriegs forderte ein Schreiben und Sprechen über Generationen als gesellschaftliches und historisches Ordnungsprinzip (Karl Mannheim). Für die deutschsprachige Literaturwissenschaft markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs sowie die Aufarbeitung des Holocaust jedoch eine kategorische Zäsur, die in Begriffen wie „Trümmerliteratur“ und „Stunde Null“ eingegangen ist. Die literarische Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur und der Schuldfrage einer abwesenden Vätergeneration, die literaturwissenschaftlich breit erforscht wurde, geschieht dabei sehr häufig im Rahmen einer Erzählung des Erwachsenwerdens und ist immer an Prozesse der Identitäts- und Selbstfindung gebunden. Ausgehend von diesen grundlegenden Beobachtungen werden im Seminar Texte der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur bis hin zur Pop-Literatur und Gegenwartsliteratur gelesen und diskutiert. Wie beeinflussen sich die Erzählung von Krieg, Genozid und kollektivem Trauma und die individuelle Geschichte des Heranwachsens? Welche inhaltliche, stilistische, narratologische Zäsuren und Kontinuitäten lassen sich in der Coming-of-Age-Literatur der Jahrzehnte zwischen 1945 und der Gegenwart ausmachen? Wie lässt sich das Phänomen des Heranwachsens literarisch und literaturwissenschaftlich fassen, kontextualisieren und historisieren?

Gelesen werden Werke von Günter Grass, Siegfried Lenz, Ulrich Plenzdorf, Christa Wolf, Ingeborg Bachmann, Elfriede Jelinek, Christian Kracht, Moritz von Uslar, Sibylle Berg.