117007 SE Gütige Mutter, streitbare Schwester (2004W)

Marienverehrung boomt. Jährlich pilgern Tausende von Menschen nach Guadalupe, Lourdes oder Mariazell. In der Volksfrömmigkeit hat Maria einen unverändert hohen Stellenwert. Dabei scheiden sich an der Marienverehrung die Geister. Einerseits scheint gerade die Verehrung Mariens neue Zugänge zum Glauben zu eröffnen. Marianische Frömmigkeit spielt in neuen geistlichen Bewegungen eine zentrale Rolle. Menschen in den armen Regionen der Welt entdecken die Sängerin des Magnificat als Verbündete. Feministisch engagierte Frauen sehen in Maria eine Schwester. Und auch bei evangelischen Christen scheint Maria neue Wertschätzung zu erfahren. Aber die kritischen Anfragen sind von Gewicht: Muss man, um Maria als Jungfrau zu verehren, nicht den Kopf samt biologischem Wissen ausschalten? Verkörpert die Jungfrau und Mutter nicht ein Ideal, das Frauen über Jahrtausende ausgeschlossen hat von Beruf und gesellschaftlicher Mitgestaltung? Rückt die Himmelskönigin gar in den Rang einer Göttin, wenn sie im Zentrum des persönlichen Glaubens steht? Die Praxis bedarf der theologischen Reflexion - wohlwollend und kritisch. In den letzten zwei Jahrzehnten ist eine Vielzahl theologischer Zugänge zu Maria entwickelt worden. Sie können helfen, den Facettenreichtum der Frau auszuleuchten, die die Mutter Jesu von Nazareth, die Mutter Gottes ist.