Universität Wien

135031 VO Literaturtheorie (VO): Literatur und Psychoanalyse (2018S)

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Sprache: Deutsch

Prüfungstermine

Lehrende

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Donnerstag 08.03. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 15.03. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 22.03. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 12.04. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 19.04. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 26.04. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 03.05. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 17.05. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 24.05. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 07.06. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 14.06. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
Donnerstag 21.06. 15:00 - 16:30 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Freud schuf einen neuen Diskurs, die Psychoanalyse, welche es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Gesetze des Unbewussten zur Aufklärung zu bringen. Ein ungeheures Unterfangen, bei dem Freud vor allem auf einen unwissenschaftlichen Kooperationspartner vertraute: die Literatur. Von Anfang an stand die Psychoanalyse in Konstellation mit der Literatur, von Beginn an und bis zuletzt setzte sie sich mit dem Gegen-Diskurs der Phantasie auseinander. In dieser literarischen Auseinandersetzung entwickelte Freud seine psychoanalytischen Grundtheoreme, im Fiktionalen und Imaginären fand er die Realität seines spekulativen Gedankengebäudes beglaubigt – eine prekäre, eine paradoxale, eine nonkonformistische Konfirmation, die funktionierte, weil sowohl der Untersuchungsgegenstand als auch das investigative Medium dieselben waren: Es ging um die Unheimlichkeit des Menschen, die durch die Sprache zu Bewusstsein kommt. Sowohl Literatur als auch Psychoanalyse stellen die komplexen Beweggründe des Menschen in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Seit je träumte die Literatur von der Erkenntnis des Traums, die Freuds Analyse ihr lieferte. Freud war von der Literatur in höchstem Maße affiziert, er war von ihr ergriffen und deshalb wollte er – um es auf die schöne Formel zu bringen – begreifen, was ihn ergriff. Dabei, in dieser begeisterten Auseinandersetzung mit der Erkenntniskraft der Literatur, musste Freud seinen Diskurs, der dem wissenschaftlichen Anspruch verpflichtet war, den das 19. Jahrhundert gestiftet hatte, auch von dem literarisch-allzuliterarischen Freiraum abgrenzen – ein Balanceakt und ein Wechselspiel, das gerade den großen Reiz von Freuds Denken ausmacht.
Die Vorlesung will diese spekulative Lust am Denken nachvollziehbar machen, die sich an der literarischen Phantasie zu entzünden wusste – und zwar in der Form eines Schreibens, in der vor allem drei Momente eine genuine Einheit bilden: radikale Negativität, exhibitionistische Authentizität, szientifische Literarizität. Freud war Wissenschaftler und Schriftsteller, ein poietischer Denker der Aufklärung, der wie kaum ein anderer vor ihm die Arbeit auf sich nahm, im Akt einer unerbittlichen Selbst-Analyse auch die dunkelsten Abgründe der menschlichen Psyche zu erforschen. Es ist ein „Gang in die Tiefe“, der uns mit dem Schrecklichsten konfrontiert, mit dem Tod, der unausweichlich kommen, und der Liebe, die für immer unerfüllt bleiben wird. „Die Theorie des Sterbens“, hielt Friedrich Schlegel zur Hochblüte der Frühromantik fest, „gehört zum Roman wie die Theorie der Wollust“; Freud knüpfte an dieses sinistre Wissen der Literatur an, denn auch die Theorie der Psychoanalyse kennt in Wahrheit, d. h. wenn man sie selbst auf ihren „geheimen Gehalt“ befragt, nur zwei Kardinalthemen: Tod und Liebe, durchdrungen vom Wort, das ihre Schrecken zu erhellen sucht. Der Tod, die Liebe, das Wort – das ist die unheimliche Theorem-Trias der Psychoanalyse, das ist der thanato-eroto-logische Komplex, dem sich auch die Literatur seit Jahrtausenden verschrieben hat. Was Freud aufzeigt, ist, dass es keine Reflexion über die Macht der Sprache gibt, die nicht auch ein Überdenken des Todestriebes und der Liebessehnsucht wäre. Der Eros des Logos, die Libidolalie der Phantasie, das Spiel der Pantextualität – wie immer man die allesverbindende Kraft der Worte auch benennen möchte: ein Momentum der Negativität, ein dämonischer Wiederholungszwang wird als „Störer der Liebe“ stets mit im kommunikativen Spiel gewesen sein. Der Tod, die Liebe, das Wort – das lässt sich auch übersetzen in: das Sein, der Geist, die Zeit. Es war, es ist, es wird – es wird gewesen sein: Wie die Literatur ist die Psychoanalyse eine Theorie des Erzählens, eine Theorie über das Zeitwesen Mensch, dessen Liebes- und Lebensbedingungen an das Wissen um die Vergänglichkeit geknüpft sind, an die Unheimlichkeit der Unmöglichkeit, in der Gegenwart zu sein, ohne das Gewesene zu wiederholen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Literatur

Die besprochenen Texte werden auf Moodle bereitgestellt.
Mitte Februar erscheint auch mein Buch zum Thema (Lektüre nach Belieben):
Rainer Just: Der Tod, die Liebe, das Wort – Zum literarischen Komplex der Psychoanalyse, Wien: Klever 2018.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA M3

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:34