Universität Wien
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135056 VO VO: Die Rahmung des Unheimlichen - Zur Sozial- und Theoriegeschichte der Schauerliteratur (2024W)

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Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

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  • Donnerstag 10.10. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 17.10. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 24.10. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 31.10. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 07.11. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 14.11. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 21.11. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 28.11. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 05.12. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 12.12. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 09.01. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 16.01. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 23.01. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6
  • Donnerstag 30.01. 13:15 - 14:45 Hörsaal 34 Hauptgebäude, Hochparterre, Stiege 6

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Schauerliteratur ist eine Literatur des Aufbegehrens. Beliebt. Verpönt. Umstritten. Weil: pervers, gewalttätig, libidinös, terroristisch, verstörend, übergriffig, horribel. Es erübrigt sich jede Trigger-Warnung. Die Schauerliteratur findet statt im traumatischen Feld. Sie bewohnt es, umreißt es, zerfetzt es. Von Anfang an war sie Ausdruck der Unkorrektheit, ein Gegendiskurs, der die Unheimlichkeit der modernen Gesellschaft zur Sprache brachte und ihr eine allegorische Rahmung gab. Sie legte die Finger in die Wunden der Wirklichkeit: Mit unserem bürgerlichen Heim ist etwas nicht in Ordnung. Die Gewalt herrscht darin. Die Normalität ist blutig. Die Schuld wird verdrängt und alles, was verdrängt wird, kehrt wieder in entstellter Form: als Schreckgestalt, als sprechender Spuk. Das ist das symptomatologische Gesetz des Gespensts, das kritische Moment des Monstrums: Es geht um und zeigt auf – es demonstriert die Widersprüche, die zwischen den Menschen herrschen. Schauergeschichten sind Allegorien der Angst und Allegorien der Libido. Das entspricht den existenziellen, überzeitlichen Dimensionen des Mensch-Seins (Lust und Leiden an Sexus, Tod und Sprache), aber reflektiert auch deren gesellschaftliche Vermittlung durch den jeweiligen Zeit-Geist. Das schauerliche Zentrum bildet die Frage nach der realen Möglichkeit von Gerechtigkeit und Liebe – seit Platon die politische Frage schlechthin (eng verbunden mit der Frage nach der emotionalen Wirkkraft von Literatur). Die Geschichte der Schauerliteratur ist somit immer auch als eine Geschichte der gesellschaftlichen Um- und Missstände zu lesen. Ausdruck der gescheiterten Aufklärung. Ausdruck des Unbehagens in der Kultur. Ausdruck der herrschenden Unterdrückungen. Ausdruck des Widerspruchs. Ausdruck der Unmöglichkeit, dafür einen korrekten Ausdruck zu finden. Ausdruck der Zerrissenheit des Menschen.

Kurz: Wir werden uns ansehen, welche Rahmung das Unheimliche hat, aus dem sich die Schauerliteratur nährt. Von der Ur-Angst des Menschen in prähistorischer Zeit bis hin zur Faszination für sprechende Maschinen und künstliche Menschen reicht hier das ungeheure Spektrum. Wir werden über die Geschlechterverhältnisse sprechen müssen und über die Möglichkeit der Revolution, über Metorologie und Architektur, über Verschwörungstheorien und Neue Medien, über den medizinischen Diskurs der Hysterie und die juristische Frage nach den Besitz- und Erbverhältnissen; und natürlich werden wir auch viel über das Unbewusste nachzudenken haben: über die Psychoanalyse als die wissenschaftliche Schwester der Schauerliteratur.

Wir werden uns zu unserem Untersuchungszweck eine Reihe klassischer und neuerer Schauergeschichten (und auch deren vielfältige Mutationen) zu Gemüte führen (keine Angst, Sie müssen sie nicht alle gelesen haben):

Horace Walpole: The Castle of Otranto (1764)
Ann Radcliffe: The Mysteries of Udolpho (1794)
Friedrich Schiller: Der Geisterseher (1787/89)
Mathew Gregory Lewis: The Monk (1796)
Marquis de Sade: Justine und Juliette (1786/97)
Bonaventura: Nachtwachen (1805)
Jane Austen: Northanger Abbey (1798/1817)
E. T. A. Hoffmann: Der Sandmann (1816)
Thomas Love Peacock: Nightmare Abbey (1818)
Mary Shelley: Frankenstein or The Modern Prometheus (1818)
Edgar Allan Poe: Tales of the Grotesque and Arabesque (1840)
Emily Brontë: Wuthering Heights (1847)
Charlotte Brontë: Jane Eyre (1847)
Jules Verne: Le Château des Carpathes (1892)
Bram Stoker: Dracula (1897)
Henry James: The Turn of the Screw (1897)
Arthur Conan Doyle: The Hound of the Baskervilles (1902)
Franz Kafka: Das Schloss (1922)
Witold Gombrowicz: Die Besessenen (1937)
Umberto Eco: Il nome della rosa (1980)
Toni Morrison: Beloved (1987)
Joanne K. Rowling: Harry Potter (1987)
Mark Z. Danielewski: House of Leaves (2000)
Etc.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Schriftliche Prüfung in der letzten Stunde des Semesters; zwei weitere schriftliche Prüfungstermine zu Anfang und Ende des nächsten Semesters; mündliche Prüfungen ebenfalls jederzeit nach Vereinbarung möglich

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Kenntnis der vorgetragenen Inhalte und Thesen; bei der schriftlichen Prüfung gilt es, eine umfassende Frage in eineinhalb Stunden zu beantworten (Essay/Freitext); Beurteilung je nach Tiefe, Präzision und Ausführlichkeit der Beantwortung.

Prüfungsstoff

Inhalte des Vortrags bzw. der Begleittexte zur Vorlesung (auf Moodle zu finden)

Literatur

Die besprochenen theoretischen/sozialgeschichtlichen Texte werden auf Moodle vollständig oder in Auszügen als Pdf bereitgestellt; die literarischen Primärtexte sind leicht zugänglich.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA M5; EC

Letzte Änderung: Di 17.09.2024 19:05