Universität Wien

135112 SE Bachelorarbeit: Vom Kanon zum Fanon: Fanfiction zwischen Klassik und Populärkultur (2023S)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Montag 06.03. 17:15 - 20:30 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Montag 20.03. 17:15 - 20:30 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Montag 27.03. 17:15 - 20:30 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Montag 24.04. 17:15 - 20:30 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Montag 08.05. 17:15 - 20:30 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Montag 22.05. 17:15 - 20:30 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Montag 19.06. 17:15 - 20:30 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

"Nie wurde so viel gelesen und geschrieben wie heute": So die Autor*innengruppe Fiktion in einer Deklaration aus dem Jahr 2013, die sich mit der "digitalen Zukunft unserer Literatur" und einer neuen Breitenkultur des "alltägliche[n] Schreiben[s]" auseinandersetzt; dieses "lässt die Schwelle, auch selbst Gedichte, Geschichten und Romane zu verfassen, sinken. Fast jeder kann seine Texte weltweit anbieten und sich über sie austauschen" (J. P. Bremer/N. Bußmann et al.). Aufschlussreich hinsichtlich dieser populären Lese- und Schreibpraxis ist die Fanfiction, die – Segment und Symptom einer generelleren Transformation der literarischen Kultur unserer Zeit – Anfang des 21. Jahrhunderts eine explosive Dynamik entfaltet. Mehr denn je erscheint Fanfiction im (post-)digitalen Kontext als "demokratisches Genre" (Sh. Pugh), als paradigmatische Form "partizipatorischer Kultur" (H. Jenkins), mit allen Ambivalenzen, die der Mainstream-Turn einer einst marginalen Subkultur zwischen kultureller Rehabilitation und kommerzieller Rekuperation mit sich bringt; als kollektiv-kollaborative, per definitionem intertextuelle, sehr oft intermedial fundierte literarische Praxis wirft Fanfiction, auf ihre Weise "a profound kind of literary criticism" (F. Coppa), nicht nur mancherlei prinzipielle Fragen rund um Autorschaft und Originalität, Werk- und Textbegriff auf, sondern fordert auch zur Reflexion etablierter Hierarchien zwischen Hoch- und Populärkultur heraus.
Dieses BA-Seminar lädt zur Erkundung einer vielfältigen literarischen Parallelkultur in breiter komparatistischer Perspektive ein: Als Form transformativer, in sogenannten Fandoms – heute meist Online-Communities – produzierter Literatur beruht Fanfiction z. B. auf Romanen, Theaterstücken, Musicals, Filmen, TV-Serien, Comics, Anime/Manga oder Videospielen, z. T. aber auch – dies in der Domäne der unter Fans selbst kontrovers diskutierten RPF (Real Person Fiction bzw. Real People Fiction) – auf der Geschichte realer Personen nicht nur aus Pop, Sport und Film, sondern auch aus Geschichte und Politik, klassischer Literatur, Malerei und Musik. In diesem Kontext eröffnen sich neue Perspektiven der breitenkulturellen Rezeption kanonischer Literatur: Auf den einschlägigen Portalen werden nicht nur Harry Potter & Co., sondern auch allerlei Klassiker – von Homer und Vergil über Dante, Cervantes und Shakespeare, Goethe, Austen oder Tolstoj bis Kafka, Camus, Calvino und García Márquez – spielerisch fort- und umgeschrieben; u. a. mit der Relation zwischen 'Canon' und 'Fanon', aber auch zwischen Fandom und Academia beschäftigt sich ein im Fanjargon kurz 'Meta' genannter kritisch-theoretischer Diskurs. Die Poetik eines weiblich und queer dominierten Genres gilt es auch in ihrer Gender-Dimension zu reflektieren: "When Men Write Fanfiction, It Isn't Fanfiction Because It's 'Academic'" (K. Hale-Stern)? Wir werden einige Fallbeispiele zeitgenössischer Autorinnen betrachten, deren Anfänge in der Fanfiction liegen; mit der Frage nach der Kompatibilität von Fanfic-Vergangenheit und Status als seriöser "escritor" sieht sich nicht nur die mehrfach preisgekrönte ecuadorianische Schriftstellerin Mónica Ojeda konfrontiert.
Mit Blick auf die ganze Vielfalt heutiger (Meta-)Fanfiction sind die LV-Teilnehmer*innen ausdrücklich eingeladen, ihre eigenen Passionen und Präferenzen einzubringen, sich als kritische Fans – so gewünscht, auch in kreativer Form – mit einem Genre auseinanderzusetzen, das eben in seiner Heterogenität den Sinn für literarische Qualität zu schärfen, unsere ästhetischen Kriterien zu nuancieren und derart unser Verständnis von Literatur zu bereichern vermag.

Methoden: Einführungs-/Theoriemodule durch die LV-Leiterin; Einführung in relevante Fachliteratur und Anleitung zu weiterführender Recherche; Referate der LV-Teilnehmer*innen; kleine Lektüreaufgaben zur Vorbereitung auf die Sitzungen; gemeinsame Lektüre und Diskussion von Textbeispielen; Erstellung eines BA-Konzepts, schriftliche BA-Abschlussarbeit.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Aktive und vorbereitete Mitarbeit (max. 1 Block-Einheit darf versäumt werden); kleine Lektüreaufgaben zur Vorbereitung auf die einzelnen Sitzungen; Referat samt Handout (~1-2 S.); BA-Konzept (vorzulegen bis 31. Mai 2023) sowie abschließende BA-Arbeit (ca. 20 Seiten Text; Dt. bzw. nach Wunsch und Vereinbarung andere Sprache, einzureichen bis 31. August 2023); je nach Wunsch rein akademisches Format BA-Arbeit oder kombiniert akademischer Haupt- und ergänzender kreativer Teil (Modalitäten werden im Kurs präzisiert).

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Regelmäßige, aktive und vorbereitete Teilnahme an der LV; Bereitschaft, sich auf die kritische und kreative Auseinandersetzung mit einer literarischen Parallelkultur abseits des akademischen Kanons einzulassen. Freie Wahl und begleitete Ausarbeitung eines BA-Themas, Zusammenstellung eines einschlägigen Textcorpus samt entsprechender individueller Recherche, sinnvollerweise unter Berücksichtigung Ihrer literaturwissenschaftlichen Schwerpunkte und Sprachkenntnisse; Lektüre und Vorbereitung weiterer via Moodle zur Verfügung gestellter Texte bzw. Textausschnitte. Sollten Sie mit Fanfiction bisher noch wenig vertraut sein, empfehle ich Ihnen, sich schon vor LV-Beginn ein wenig zu orientieren (vgl. z. B. https://archiveofourown.org), um reflektiert ein Ihren Interessen entsprechendes Thema zu wählen.

Leistungsbeurteilung: Beteiligung am Kurs inkl. Lektüreaufgaben (25 %), Referat inkl. Handout (25 %), BA-Konzept und BA-Arbeit (50 %).

Prüfungsstoff

S. o.: sämtliche in der LV präsentierten und erarbeiteten Inhalte.

Literatur

Eine Auswahlbibliographie wird zu Semesterbeginn via Moodle zur Verfügung gestellt.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA M11

Letzte Änderung: Mi 15.05.2024 15:05