Universität Wien

135824 KO KO-M2: Corona im Kontext: Zur Literaturgeschichte der COVID-19-Pandemie (2024S)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Montag 04.03. 16:45 - 20:00 Hörsaal 1 Hauptgebäude Tiefparterre Stiege 1 Hof 1
Montag 18.03. 16:45 - 20:00 Hörsaal 1 Hauptgebäude Tiefparterre Stiege 1 Hof 1
Montag 08.04. 16:45 - 20:00 Hörsaal 1 Hauptgebäude Tiefparterre Stiege 1 Hof 1
Montag 22.04. 16:45 - 20:00 Hörsaal 1 Hauptgebäude Tiefparterre Stiege 1 Hof 1
Montag 13.05. 16:45 - 20:00 Hörsaal 1 Hauptgebäude Tiefparterre Stiege 1 Hof 1
Montag 17.06. 16:45 - 20:00 Hörsaal 1 Hauptgebäude Tiefparterre Stiege 1 Hof 1

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

"Es ist ja Corona nicht bloß ein Virus, sondern auch eine eigene Textgattung geworden […]": Scherzhaft schlägt Franz Schuh 2021 vor, Corona gleich "als Textsorte in die Maturaprüfung aufzunehmen". In der Tat inspiriert die COVID-19-Pandemie weltweit eine ebenso intensive wie z. T. kontroverse, durch die niedrigschwellige Verfügbarkeit digitaler Formate akzelerierte literarische Produktion; wenngleich die Geschichte der sich als neues transversales Genre etablierenden "Corona-lit" (Danny Bloom) erst eine Zeitspanne von knapp vier Jahren umfasst, lädt dieses internationale Corpus doch bereits zu einer Annäherung in breiter komparatistischer Perspektive ein.
Auch vor COVID-19 sind Epi- und Pandemien in der Literatur – von Homer bis Stephen King – allgegenwärtig; wie wird eine bis in die Antike zurückreichende Tradition der Epi-/Pandemieliteratur im heutigen gesellschaftlichen und medialen Kontext transformiert? Wie werden einschlägige Klassiker kreativ reinterpretiert? Ab dem Frühjahr 2020 generiert Giovanni Boccaccios "Decamerone" eine Fülle neuer literarischer Projekte (vgl. z. B. das "Decameron Project" der "New York Times"), in deren Rahmen nicht nur eine Poetik der "inter-contamination" – so Léonore Brassard als Hg. einer kanadischen Sammlung von "Récits infectés" – skizziert, sondern auch mit Formen kollektiven Schreibens auf Distanz experimentiert wird. Daniel Defoes "Journal of the Plague Year" wird ebenso aufgegriffen wie Albert Camus' Roman "La Peste", der, Matrix einer veritablen "contagion des imaginaires" (Aurélie Palud), auch als ethische Referenz engagierter Pandemieliteratur fungiert.
Wie werden politische und wissenschaftliche Diskurse, aber auch Verschwörungsnarrative literarisch reflektiert? Wie Krankheit und konkret Covid adäquat erzählen? Die 'Spanische Grippe', die ein langes "Pandemic Century" (Mark Honigsbaum) eröffnet, wird im Gegensatz zu Corona zeitversetzt literarisiert, markiert aus nachträglicher Sicht freilich eine künstlerische "rupture as violent as the parting of the Red Sea" (Laura Spinney). Wie ist Elizabeth Outkas im Sommer 2020 formulierte Vermutung, infolge der COVID-19-Pandemie sei mit einem ähnlichen "shake-up of form" zu rechnen, aus der Perspektive des Jahres 2024 zu beurteilen?
Diese Fragen werden anhand von Beispielen aus unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Genres zu diskutieren sein. Im Zentrum unserer gemeinsamen Textarbeit werden – Corpus je nach Interessen und Sprachkenntnissen der LV-Gruppe flexibel konzipiert – Auszüge aus folgenden Werken stehen: Fang Fang, "Wuhan Diary" (2020); Chiara Gamberale, "Come il mare in un bicchiere" (2020); Inga Kuznecova, "Iznanka" (2020); Ivan Ivanji, "Corona in Buchenwald" (2021); Gary Shteyngart, "Our Country Friends" (2021); Vincent Message, "Les Années sans soleil" (2022); Ali Smith, "Companion Piece" (2022); Marlene Streeruwitz, "Tage im Mai" (2023); optional: "Fourteen Days", kollaborativer Roman der Authors Guild (u. a. Margaret Atwood), dessen Erscheinen für Anfang Februar 2024 angekündigt ist. NB: Es wird selbstverständlich nicht erwartet, dass Sie für den Kurs sämtliche angeführten Werke zur Gänze lesen; freie Wahl eines Werkes für Referat/Abschlussarbeit, restliches Corpus in Auszügen.
Angesichts im postdigitalen Zeitalter fluider Grenzen zwischen Laien- und professioneller Literatur stellt sich die Frage nach der kreativen Verarbeitung der COVID-19-Pandemie schließlich auch mit Blick auf eine neue Breitenkultur des Schreibens. Rund um die Welt werden ab März 2020 unzählige Pandemie- und Lockdowntagebücher verfasst; einen alles Bisherige übertreffenden Boom erlebt die Online-Fanfiction, dynamisches "democratic genre" (Sheenagh Pugh), das in Echtzeit auf aktuelle Ereignisse reagiert.

Methoden: Einführungs- und Theoriemodule durch die LV-Leiterin; Referate der LV-Teilnehmer*innen; kleine Lektüreaufgaben zur Vorbereitung auf die Sitzungen; gemeinsame Lektüre und Diskussion von Textbeispielen; schriftliche Abschlussarbeit.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Regelmäßige, aktive und vorbereitete Teilnahme am Kurs (max. eine Block-Einheit darf versäumt werden); kleine Lektüreaufgaben zur Vorbereitung auf die Sitzungen; Referat samt vorweg einzureichendem Handout sowie schriftliche Abschlussarbeit (ca. 10-12 S., Dt. bzw. nach Wunsch und Vereinbarung andere Sprache, einzureichen bis 31. August 2024).

Hilfsmittel: Die Nutzung von KI-Tools ist nicht erlaubt.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Regelmäßige, aktive und vorbereitete Teilnahme an der LV; vollständige Lektüre eines Werkes aus dem Corpus samt entsprechender individueller Recherche – freie Auswahl, sinnvollerweise unter Berücksichtigung Ihrer Sprachkenntnisse; Lektüre und Vorbereitung weiterer via Moodle zur Verfügung gestellter Texte bzw. Textausschnitte; Referat inkl. Handout, schriftliche Abschlussarbeit (s. o.).

Leistungsbeurteilung: Beteiligung am Kurs inkl. Lektüreaufgaben (~25 %), Referat inkl. Handout (~25 %), schriftliche Abschlussarbeit (~50 %).

Prüfungsstoff

Siehe Informationen zum LV-Format oben. Prüfungsimmanente LV, d. h. keine eigene Prüfung.

Literatur

Eine Bibliographie wird zu Semesterbeginn via Moodle zur Verfügung gestellt; die behandelten Primärtexte sowie einige Schlüsselwerke der Sekundärliteratur werden in der Fachbereichsbibliothek (HAP Stemberger) bereitgestellt.

Ich empfehle Ihnen, sich schon vor LV-Beginn ein wenig über die behandelten Primärtexte zu informieren, um reflektiert ein Ihren Interessen entsprechendes Thema zu wählen:

Fang Fang: Wuhan Diary. Tagebuch aus einer gesperrten Stadt. Übers. Michael Kahn-Ackermann. Hamburg: Hoffmann und Campe 2020.
Gamberale, Chiara: Come il mare in un bicchiere. Milano: Feltrinelli 2020.
Ivanji, Ivan: Corona in Buchenwald. Wien: Picus 2021.
Kuznecova, Inga: Iznanka. Moskva: AST 2020.
Message, Vincent: Les Années sans soleil. Paris: Seuil 2022.
Shteyngart, Gary: Our Country Friends. New York: Random House 2021.
Smith, Ali: Companion Piece. London: Hamish Hamilton 2022.
Streeruwitz, Marlene: Tage im Mai. Roman dialogué. Frankfurt a. M.: Fischer 2023.

Zur ersten Orientierung:

Gladstone, Jason/Karim Mattar/Nan Goodman (Ed.): Pandemic! COVID-19 and Literary Studies. English Language Notes 61:1 (2023).
Honigsbaum, Mark: The Pandemic Century. A History of Global Contagion From the Spanish Flu to COVID-19. London: Virgin Digital 2020.
Outka, Elizabeth: Viral Modernism. The Influenza Pandemic and Interwar Literature. New York: Columbia University Press 2020 [2019].
Research Group Pandemic Fictions: From Pandemic to Corona Fictions. Narratives in Times of Crises. PhiN-Beiheft 24 (2020), 321–344.
Spinney, Laura: Pale Rider. The Spanish Flu of 1918 and How It Changed the World. London: Jonathan Cape 2017.
Stemberger, Martina: Corona im Kontext. Zur Literaturgeschichte der Pandemie. Tübingen: Narr Francke Attempto 2021.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

MA M2

Letzte Änderung: Mi 21.02.2024 05:05