Universität Wien

140382 UE PFA - PR1 - P III - Konfliktbearbeitung und Friedensförderung als Aufgabe von (2012S)

Entwicklungszusammenarbeit

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Vorbesprechung 22.3. 16h-18h im SR IE - Verpflichtende Anwesenheit!

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 20 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Donnerstag 22.03. 16:00 - 18:00 (ehem. Seminarraum Internationale Entwicklung Afrikawissenschaften UniCampus Hof 5 2Q-EG-05)
  • Freitag 01.06. 10:00 - 18:00 (ehem. Seminarraum Internationale Entwicklung Afrikawissenschaften UniCampus Hof 5 2Q-EG-05)
  • Samstag 02.06. 10:00 - 18:00 (ehem. Seminarraum Internationale Entwicklung Afrikawissenschaften UniCampus Hof 5 2Q-EG-05)
  • Sonntag 03.06. 10:00 - 18:00 (ehem. Seminarraum Internationale Entwicklung Afrikawissenschaften UniCampus Hof 5 2Q-EG-05)

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Konfliktbearbeitung wurde in der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) in der zweiten Hälfte der 90er Jahre zum Thema, nachdem Studien belegten, dass Entwicklungshilfe nicht notwendigerweise die Deeskalation von gewaltsamen Konflikten unterstützt, sondern den gegenteiligen Effekt erzielen kann. Inzwischen sind Konfliktprävention und Friedenssicherung Kern des österreichischen Konzeptes für EZA.
Internationale Konfliktkonstellationen, im Besonderen interkulturelle und ethnopolitische "Identitätskonflikte", wie sie im Kontext von EZA häufig anzutreffen sind, zeichnen sich durch einen hohen Grad an Komplexität aus. Herkömmliche Konfliktbearbeitung - wie etwa Konfliktmanagement und Verhandlungen - scheitert oft, weil es nicht gelingt diese Komplexität in entsprechender Weise zu berücksichtigen.

In dieser Lehrveranstaltung begeben wir uns deshalb auf die Suche nach theoretischen und praxeologischen Konzepten, die sowohl komplexere Konfliktanalysen, als auch kreativere Problemlösungen und nachhaltigere Friedensprozesse im Kontext von EZA ermöglichen sollen.

Auf einer theoretischen Ebene sind dabei folgende Themen von besonderer Bedeutung:
- Konzepte kultur- und konfliktsensitiver Entwicklungszusammenarbeit;
- Konzepte einer komplexen, integrativen Gewalt- und Friedenstheorie (inkl. der Kontroversen um Theoreme wie systemische, strukturelle, symbolische oder kulturelle Gewalt);
- Konzepte einer konstruktivistisch-interaktionistischen, vor allem auch sozialpsychologisch aufgeklärten Konflikttheorie (inkl. der Kontroversen um Theoreme eines "kollektiven Traumas" bzw. "sozialen Unbewussten");
- Konzepte einer kulturanthropologischen Handlungstheorie auf Basis eines Konzepts "menschlicher Grundbedürfnisse" (inkl. der Kontoversen um die Universalisierbarkeit des Konzepts der Menschenrechte).

Auf einer praxeologischen Ebene wird der Schwerpunkt auf Ansätze und Methoden "interaktiver" Konfliktlösung und Konflikttransformation gelegt, wobei konkret ein "9 Perspektiven - Modell" für Konfliktberatung und Friedensmediation vorgestellt und an einem Fallbeispiel ein Stück weit demonstriert werden soll.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Durchgehende Anwesenheit, aktive Teilnahme/Mitarbeit in Arbeitsgruppen, Abgabe einer schriftlichen Arbeit;

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Das Ziel der Lehrveranstaltung ist es, bei den TeilnehmerInnen ein Bewusstsein für die Bedeutung von kultursensitiven Ansätzen und ein Verständnis für den kritisch-konstruktiven Umgang mit Konflikten in der Entwicklungszusammenarbeit zu wecken; und sie zu befähigen EZA aus der Perspektive der Konfliktforschung zu betrachten.
Anhand des vom Herbert C. Kelman Institute for Interactive Conflict Transformation (vormals Institute for Integrative Conflict Transformation and Peacebuilding) entwickelten Verfahrens der Interaktiven Konflikttransformation sollen ausgewählte Konflikte aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit analysiert, und Konflikttransformationsstrategien erarbeitet werden.

Prüfungsstoff

Die Lehrveranstaltung beinhaltet fünf Bausteine:

1.) Inputs zu Theorien von Konflikt, Gewalt, Frieden und ziviler Konfliktbearbeitung im Kontext von EZA, mit einer Einführung in ein transdisziplinäres, integratives Metaframe für Konfliktanalyse;
2.) Einführung in Methoden für Peacebuilding (Gewaltprävention, Mediation und Versöhnung/Umgang mit Vergangenheit), mit besonderer Berücksichtigung der Ansätze 'bedürfnis-orientierter', 'interaktiver' Problem- und Konfliktlösung (Burton, Kelman, Mitchell, Azar, Saunders, Rothman u.a.), erweitert um neuere Ansätze von 'Konflikttransformation' (Lederach, Galtung, Volkan);
3.) Interaktive Konfliktbearbeitung mit Problem-Solving-Workshops (Herbert C. Kelman): 40 Jahre Erfahrungen in Israel-Palästina;
4.) Übungen in Arbeitsgruppen - anhand eines Fallbeispiels (Sri Lanka, Israel-Palästina, Kirgistan, Kosovo);
5.) Reflexion des persönlichen Umgangs mit Konflikten und von Konfliktumgangsstilen (in Einzelarbeit, Kleingruppen und Paaren).

Literatur

Pflichtlektüre:

Graf, Wilfried / Kramer, Gudrun / Nicolescou, Augustin (2010): Complexity Thinking as a Meta-Framework for Conflict Transformation. In Search of a Paradigm and a Methodology for a Transformative Culture of Peace. In: Jahrbuch Friedenskultur 2010. Klagenfurt: Drava Verlag. Online: http://www.iicp.at/communications/publications/publications.htm

Literaturhinweise:

Assefa, Hizkias (1999): The Meaning of Reconciliation. In: People building Peace: 35 Inspiring Stories from Around the World. Utrecht: European Center for Conflict Prevention.

Brousek, Jan (2006): Wider eine eindimensionale Auffassung von Versöhnung. In: friZ - Zeitschrift für Friedenspolitik. Hrsg. vom Schweizerischen Friedensrat, Nr. 03/06, Zürich, S. 12-16.

Brousek, Jan (2008): Kultur - Gewalt -Transformation. Die Friedensforschung Johan Galtungs mit Schwerpunktsetzung auf dem Thema der kulturellen Gewalt unter besonderer Berücksichtigung der Tiefenkulturanalyse. Diplomarbeit, Universität Wien, 2008, 212 S.

Coleman, Peter T. (2006): Conflict, Complexity, and Change: A Meta-Framework for Addressing Protracted, Intractable Conflicts-III. In: Peace and Conflict: Journal of Peace Psychology, 12 (4), p. 325-348.

De la Haye, J. / Denayer, K. (2003): PCIA as a Tool to Move from Conflict-ignorance to Conflict Sensitivity within Development, Humanitarian Aid and Peacebuilding Work. In: Journal of Peacebuilding and Development, Vol.1, No. 2, p. 49-62.

Galtung, Johan (1996): Peace by Peaceful Means: Peace, Conflict, Development and Civilization. London: Sage.

Goodhand, Jonathan (2001): Armed Conflict, Poverty and Chronic Poverty. Working Paper 6, CPRC University of Manchester.

Graf, Wilfried (2009): Kultur, Struktur und das Unbewusste. Plädoyer für eine komplexe, zivilisationstheoretische Friedensforschung. In: Utta, Isop (Hrsg.): Spielregeln der Gewalt. Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Friedens- und Geschlechterforschung (=Kultur und Konflikt, Band 1), Bielefeld: transcript, S. 27-66.

Graf, Wilfried / Kainz, Valerie / Taibl, Agnes (2011): Transitional Justice: Zwischen globalen Normen und lokalen Kontexten (in Böllinger, Lorenz u. a. (hg.), »Einheitliches Recht für die Vielfalt der Kulturen?«, Tagungsband der GIWK-Konferenz 2010, Reihe »Schriften zur Rechts- und Kriminalsoziologie«, Band 4), Wien.

Graf, Wilfried / Kramer, Gudrun / Ernstbrunner, Thomas (2012): Vom Kompromiss zur Versöhnung? Zwischenbericht zum Projekt »Kärnten neu Denken/Verstehen/Gestalten« in: Petritsch, Wolfgang / Graf, Wilfried / Kramer, Gudrun (2012): Kärnten liegt am Meer
Konfliktgeschichte/n über Trauma, Macht und Identität. Klagenfurt: Drava Verlag, S. 33-79.

Kelman, Herbert C. (2004): Continuity and Change: My Life as a Social Psychologist. In: Eagly, Alice / Baron, Reuben / Hamilton, Lee (Hg.): The Social Psychology of Group Identity and Social Conflict: Theory, Application, and Practice. Washington, DC, p. 233-27.

Kelman, Herbert C. (2010): Conflict Resolution and Reconciliation: A Social-Psychological Perspective on Ending Violent Conflict Between Identity Groups. In: Landscapes of Violence, Vol. 1, No. 1, Article 5.

Lederach, John Paul (2005): The Moral Imagination: The Art and Soul of Building Peace. Oxford: Oxford University Press.

Leonhardt, Manuela / Leonhardt, Kai / Strehlein, Christian (2007): Peace and Conflict Assessment. Ein methodischer Rahmen zur konflikt- und friedensbezogenen Ausrichtung von EZ-Maßnahmen. GIZ Abteilung Staat und Demokratie, Eschborn.

Paffenholz, Thania (2005): Third Generation PCIA: Introducing the Aid for Peace Approach. Berghof Handbook, Berlin.

Paffenholz, Thania (2006): Peacebuilding: A Task for Development Cooperation. In: Journal für Entwicklungspolitik, Nr. 3, Wien: Südwind, S. 6-34.

Richmond, Oliver (2008): Peace in International Relations, London: Routledge.

Ropers, N. (2004): From Resolution to Transformation: The Role of Dialogue Projects. In: Bloomfield / Fischer / Schmelzle: The Berghof Handbook for Conflict Transformation. Online: www.berghof-handbook.net

Schell-Faucon, Stephanie (2006): Disaster Management in Conflict Situations In: A new Dynamic for Peace? Post Tsunami Reconstruction and its Impact on Conflict Resolution. Berlin: Friedrich Ebert Stiftung.


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

PFA, PR1, P III

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:35