150006 VO+UE Lebenslauf in Japan: Konzepte und Realitäten in historischer Perspektive (2009S)

Achtung: Diese LV ist nür für Studierende des Magister- bzw. Masterstudiums Japanologie!
Als soziologischer Begriff bezieht sich das Konzept des Lebenslaufs auf typische Muster der von außen nachvollziehbaren Fakten oder Sequenzen im Verlauf des Lebens von Gruppen von Individuen. Determiniert werden diese durch institutionelle und andere gesellschaftliche Rahmenbedingungen, aber auch durch gesellschaftliche Leitbilder, die beide gleichermaßen die Entscheidungen des Individuums beeinflussen. Gerade für das moderne Japan wurde häufig eine besondere Einheitlichkeit der Lebensläufe sowie eine starke Anpassung der Individuen an die gesellschaftlichen Leitbilder für ihre jeweiligen Rollen im Lebensverlauf postuliert. Die LV wird einerseits vorwiegend aufgrund demographischer Statistiken konstruierte typische moderne japanische Lebensläufe und ihre Variablen, Schicht, Geschlecht, Region, historische Umstände, vorstellen, und sie kontrastieren einerseits mit älteren historischen Lebenslaufmustern ebenso wie neueren Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die auch in Japan eine Pluralisierung der Lebensläufe einzuleiten scheinen. Besonders eingegangen werden soll dabei auf die Frage, welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Entscheidungen der Individuen beeinflussen und wie sich gesellschaftliche Leitbilder verändern. Besonders die heutige ¿Chronologisierung des Lebenslaufs¿, seine vorwiegend aufgrund von Alterskriterien vorgenommene Dreiteilung in eine Bildungs-, eine Erwerbstätigkeits- bzw. Familien- und eine Ruhestandsphase stellt ein in Japan wie anderswo relativ neues Phänomen dar, so dass die LV in die Geschichte der Entwicklung der Vorstellungen von Kindheit und Jugend, von Erwachsenenrollen und der Altersphase einführen wird, auch anhand ihrer Darstellung in wichtigen literarischen Werken, Tagebüchern und auf bildlichen Quellen, wie etwa dem mittelalterlichen "Oi no saka-zu" (¿Altershügel¿) oder den Edo-zeitlichen "jinsei dōchū-zu" (¿Karten von der Reise durchs menschliche Leben¿) und "shusse sugoroku", Brettspielen, auf denen man sich auf Mensch-ärgere-dich-nicht ähnliche Weise durch mögliche Lebensläufe würfelte und die in ihrer Entwicklung vom 18. bis ins 21. Jahrhundert auch die Veränderungen in den Vorstellungen vom idealen Lebensweg deutlich machen.