150194 VO Japanische Literatur (2009W)

In der japanischen Kultur hat die Literatur außerordentlich große Bedeutung. Da es eine Tendenz in Japan gibt, die Fülle des Lebens konkret, unsystematisch und emotional zu erfassen, statt in ein abstraktes System einzuordnen, übernahm die Literatur jene Rolle, die die Philosophie in Europa innehatte, nämlich das wichtigste Medium des Denkens zu sein.
Historisch gesehen, findet man darin ein einzigartiges Entwicklungsmuster, das das kumulative Entwicklungsmuster genannt werden kann. Während in der chinesischen oder westlichen Literatur sich Alt und Neu antagonistisch gegenüber standen und eines unterliegen musste, wurde in der japanischen das Neue dem Alten an die Seite gestellt und deshalb ging das Alte nicht ganz verloren. So erkennt man in der japanischen Kultur immer noch verschiedene ästhetische Normen, die eine bestimmte Epoche und dem Wandel der Zeit geprägt haben, z.B. "mono no aware (Angerührtsein vom Schönen)" in der Heian-Zeit, "yuugen (die verhaltene Eleganz)" in der Kamakura-Zeit, "wabi (Wehmut)" und "sabi (Patina)" in der Muromachi-Zeit und "iki (Schick, Raffinesse)" in der Edo-Zeit.
Die Geschichte der japanischen Literatur zu studieren, bedeutet deshalb japanisches Denken und japanische Gefühlswelt zu verstehen.

Folgende Epochen, Werke und Autoren werden bei dieser Lehrveranstaltung behandelt:
1. Altertum (Yamato, Nara): Kojiki, Nihonshoki, Manyoushuu
2. Heian-Zeit (Kyoto): Kokinwakashuu, Tosa-nikki, Genji-monogatari,
3. Mittelalter (Kamakura, Muromachi-Zeit, Azuchi-momoyama): Houjouki,
Heike-monigatari
4. Edo-Zeit: Werke von Matsuo Bashou, Ihara Saikaku, Chikamatsu
Monzaemon, Juppensha Ikku, Kobayashi Issa
5. Meiji-Zeit, Taishou-Zeit, Shouwa-Zeit: Werke von Natsume Souseki,
Mori Ougai, Nagai Kafuu, Tanizaki Junichirou
6. Gegenwart (Shouwa- Zeit ab Nachkriegszeit, Heisei-Zeit): Werke von
Dazai Osamu, Shiga Naoya, Abe Koubou, Mishima Yukio, Murakami
Haruki, Yoshimoto Banana