Universität Wien

160075 PS "Einfache" Mehrstimmigkeit: zwischen improvisatorischer Ausführung und rudimentärer Schriftlichkeit (2023S)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 20 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Freitag 03.03. 11:30 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31
  • Freitag 17.03. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31
  • Freitag 31.03. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31
  • Freitag 21.04. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31
  • Freitag 28.04. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31
  • Freitag 12.05. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31
  • Freitag 02.06. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31
  • Freitag 16.06. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Musikwissenschaft UniCampus Hof 9, 3A-O1-31

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Lehrveranstaltung ist als Lektürenkurs konzipiert, der den Studierenden ermöglicht, sich mit mehreren Arten der multivoiced adaptations des Chorals aus der Zeit von ca. 1100–1500 auseinanderzusetzen, die meistens ohne rhythmischen Einschlag notiert wurden und in der Forschung als cantus planus binatim oder simple polyphony bezeichnet werden. Die Quellen bezeugen unterschiedliche Lösungen zur schriftlichen Fixierung dieses von improvisatorischer Performativität charakterisierten Repertoires. Im musikwissenschaftlichen Diskurs entwickelten sich im Laufe der Zeit mehrere – bisweilen weit voneinander positionierte – Ausrichtungen.
Belege für die mittelalterliche, polyvokale und nicht-mensurale Musikpraxis finden sich nicht nur in berühmten Musikhandschriften wie dem Kodex Calixtinus, dem Kodex Las Huelgas oder in Quellen aus Aquitanien, die Gegenstand grundlegender Forschungen von Wissenschaftlern wie Wulf Arlt, Bryan Gillingham, Theodore Karp, Leo Treitler und Hendrik van der Werf waren. Sie werden auch in Quellen aus jüngerer Zeit überliefert, etwa in Handschriften, die mit der Devotio moderna verbunden sind (14.–15. Jh.), oder im Rostocker Liederbuch (letztes Viertel des 15. Jhs.).
In diesem Kurs werden auch europäische Regionen miteinbezogen, die meistens aus traditionellen Erzählungen der Musikgeschichtsschreibung ausgeklammert werden, wie Osteuropa und Island.
Neben Studien, die Meilensteine in der Erforschung dieses Repertoires darstellen – wie die Interpretation der Aufzeichnungstechnik aquitanischer Quellen –, stehen im Fokus des Kurses auch Publikationen der aktuellen Forschung. Neben grundsätzlichen Fragen wie jenen der Verschriftlichung oder dem musiktheoretischen Hintergrund wird auch Fragen zur Aufführungspraxis Raum gegeben.
Nach einer Einführung in das Thema (Frontalunterricht in der ersten Sitzung) diskutieren wir in jeder Unterrichtseinheit zwei bis drei Beiträge im Plenum; darüber hinaus werden wir aus Faksimiles transkribieren. Im Referat vertiefen die Studierenden eines der in der Lehrveranstaltung behandelten Themen, zu dem sie dann die Proseminararbeit verfassen sollen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Anwesenheit und aktive Teilnahme, Übungen im Unterricht (Kleingruppenarbeit), Hausübungen (= Lektüren), Proseminararbeit

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

- Regelmäßige Anwesenheit und aktive Teilnahme an der Diskussion in Plenum, auf Basis kritischer Auseinandersetzung mit sämtlichen Lektüren (40%)
- Referat (15%)
- Proseminararbeit (45%)

Prüfungsstoff

Literatur

Vorläufige Literaturliste (Stand Anfang Februar 2023)
- Berktold, Christian: „»Cantus planus binatim«. Ein musiktheoretischer Beleg zur Mehrstimmigkeit?”, in Pass, Walter / Rausch, Alexander (Hg.), Beiträge zur Musik, Musiktheorie und Liturgie der Abtei Reichenau, Tutzing 2001, S. 149–165.
- Brewer, Charles: „»Cantiones et moteti populi«. Towards a definition of popular songs and polyphony in Central and East Central Europe”, in Szendrei, Janka / Hiley, David (Hg.), Laborare fratres in unum. Festschrift László Dobszay zum 60. Geburtstag, Hildesheim 1995, S. 25–36.
- Fiori, Alessandra: „Singing simple polyphony: individual vocal production and perception of the ensemble”, in Basler Jahrbuch für historische Musikpraxis 26 (2002), S. 79–91.
- Flotzinger, Rudolf: „Zur Verschriftlichung sogenannter primitiver Mehrstimmigkeit”, in De musica disserenda 5/1 (2009), S. 7–18.
- Fuller, Sarah: „Hidden polyphony—a reappraisal”, in Journal of the American Musicological Society 24 (1971), S. 169–192.
- Gancarczyk, Paweł: „»Cantus planus multiplex« in Polen. Von einer mündlichen Tradition zur Notenschrift”, in Dobszay, László (Hg.) The past in the present: papers read at the IMS Intercongressional Symposium and the 10th Meeting of the Cantus Planus, 2 Bde., Budapest 2003, Bd. 2, S. 483–495.
- Hascher-Burger, Ulrike: „»Simple polyphony« im späten Mittelalter. Ein Vergleich zweier Liederhandschriften aus Kreisen der Devotio moderna”, in Pietschmann, Klaus (Hg.), Das Erzbistum Köln in der Musikgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts, Kassel 2008, S. 191–211.
- Ingolfsson, Arni Heimir: »These are the things you never forget«. The written and oral traditions of Icelandic tvísön-gur, Dissertation, University of Harvard 2003, S. 16–64.
- Janke, Andreas: “Embedding Simple Polyphony for the Mass Ordinary in Late-Medieval Liturgical Books”, in Huck, Oliver / Jancke, Andreas (Hg.), Liturgical books and music manuscripts with polyphonic settings of the mass in Medieval Europe, Hildesheim 2020 (Musica mensurabilis 9), S. 59–80.
- Marshall, Judith M.: „Hidden polyphony in a manuscript from St. Martial de Limoges”, in Journal of the American Musicological Society 15 (1962), S. 131–144.
- Möller, Hartmut: „»Simple polyphony« im Rostocker Liederbuch“, in Kirnbauer, Martin (Hg.), Beredte Musik: Konversationen zum 80. Geburtstag von Wulf Arlt, Basel 2019, S. 283–289.
- Rankin, Susan: “Singing Polyphony in the Mass Before 1100”, in Huck, Oliver / Jancke, Andreas (Hg.), Liturgical books and music manuscripts with polyphonic settings of the mass in Medieval Europe, Hildesheim 2020 (Musica mensurabilis 9), S. 1–25.
- Ausgewählte Beiträge aus Cattin, Giulio / Gallo, Franco A. (Hg.): Un millennio di polifonia liturgica tra oralità e scrittura, Bologna 2002 (Quaderni di Musica e Storia 3).
- Ausgewählte Beiträge aus Corsi, Cesare / Petrobelli, Pierluigi (Hg.): Le polifonie primitive in Friuli e in Europa, Roma 1989 (Miscellanea musicologica 4).

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA: PRO, HIS-V1, FRE

Letzte Änderung: Fr 14.04.2023 17:28