Universität Wien

170114 SE Forschungsseminar zur Medienwissenschaft (2009S)

Rückseiten: Georges Batailles Bücher, die bösen Künste und der (kleine) Tod

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

max. 90 TeilnehmerInnen; abgeschl. erster Studienabschnitt
Die Lehrveranstaltung beginnt pünktlich um 8 Uhr und endet um 9.30h!

Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Dienstag 10.03. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 17.03. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 24.03. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 31.03. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 21.04. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 28.04. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 05.05. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 12.05. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 19.05. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 26.05. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 09.06. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 16.06. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 23.06. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
  • Dienstag 30.06. 08:00 - 09:30 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Der Tod ist keine Erfahrung, er hat keinen Zeugen. Trotzdem von ihm sprechen heißt sich, sein Sprechen aufs Spiel zu setzen: Weil es unverständig und unvernünftig werden muss, maß-los und unartikuliert. Georges Batailles Schreiben, seine Bücher hatten keines, keine sein wollen und doch nie anderes vor-, im Sinn haben können. Einem Sinn aber, für dessen Rückseiten Bataille sich interessierte. Was er verstellen muss und unterschlagen, das versuchen Batailles Texte aufzudecken, hervorzukehren - in eine Ordnung zu bringen, die noch ihre Unmöglichkeit eingesteht. Die, das Unmögliche Batailles, seine rigorose Suche danach - längst schon zwischen den Disziplinen, fassungslos - ist sodann selbst unleserlich, eine Verweigerung. Rückhaltlos literarisch sehen seine Angebote dennoch aus, Literatur und Kunst zu unterlaufen. Ihnen nicht dieselben Verfahren durchgehen zu lassen, wie sie ein Leben nötig hat, das sich negativ durch seinen »part maudite« auszeichnen lässt. Kunst, soll sie noch eine sein, muss verpuffen; sie riskiert sich, braucht sich auf. Zwecke außer sich selbst gehen ihr ab, sie kommuniziert, aber Souveränität - nicht Verständnis bzw. unabhängig davon; sie spricht, ohne »es« jemals sagen zu können (Abbé C.), im Anstatt und intim, schweigt sich aus und wird und macht sich unmöglich. Wir können ihr dabei zuschauen: die Kunst, eine Prozession. Und das Böse, bevorzugtes Medium Batailles, ist ein Schaufenster - aus Spiegelglas.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Studierende sollen ihre Seh- und Leseerfahrungen einbringen, können eigene (Diplom-)Arbeiten bzw. Aspekte davon, Berührungspunkte referieren. Themen der zur Beurteilung notwendigen Referate oder Essays sind vorher abzusprechen bzw. zu vereinbaren.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

»Ich weiß, es gibt die Bücher.« (Maurice Blanchot) - »Muß ich sagen, daß ich unter diesen Umständen manchmal einfach nur der Wahrheit meines Buches entsprechen und nicht weiterschreiben konnte?« (Georges Bataille) - Sie sind unfertig, offen, eine Wunde: Bataille-Texte machen es ihren Büchern nicht leicht; mag sein, dass sie mit ihnen nichts zu tun haben wollen. Aber wenn sie die Wahrheit vom eigenen Ende diktieren, schreiben die Bücher mit und nehmen, was Freud von der Arbeit des Träumens gesagt hat, Rücksicht auf Darstellbarkeit, halten fest, was sich noch im selben Moment entzieht. Batailles Schreiben ist prinzipiell, eines vom Schreiben selber, und damit ebenso Mittelpunkt wie Alibi; seine Königs- aber sind die Seiten- und Abwege, von denen aus es auch und erst recht ums Ganze, seine Umrisse geht: Was Kunst könne und sei und sein soll. Fragen, die schlechterdings nicht so tun können als gingen sie die moralischen nichts an. Bataille hat nicht aufgehört, sie gemeinsam zu stellen. Neben seinen eigenen Lektüren und den üblichen Verdächtigen - Friedrich Nietzsche oder Sigmund Freud, Maurice Blanchot oder Jacques Derrida - mögen Hannah Arendts oder Susan Neimans Texte helfen, einem Schreiben nachzugehen, dem wenn schon nicht bei-, aber vielleicht in die Quere zu kommen ist.

Prüfungsstoff

Literatur

H. ARENDT, Über das Böse, München/Zürich 2008.
R. BARTHES, Das Rauschen der Sprache, Frankfurt a. M. 2006.
G. BATAILLE, Lascaux oder die Geburt der Kunst, Genf 1955.
G. BATAILLE, Die Aufhebung der Ökonomie, München 1985.
G. BATAILLE, Die Literatur und das Böse, München 1987.
G. BATAILLE, Gilles de Rais, Hamburg 1989.
G. BATAILLE, Das obszöne Werk, Reinbek b. Hamburg 1990.
G. BATAILLE, Abbé C. Roman, München 1990.
G. BATAILLE, Die Tränen des Eros, München 1993.
G. BATAILLE, Die Erotik, München 1994.
G. BATAILLE, Die psychologische Struktur des Faschismus. Die Souveränität, München 1997.
G. BATAILLE, Theorie der Religion, München: 1997.
G. BATAILLE, Wiedergutmachung an Nietzsche, München: 1999.
G. BATAILLE, Die Freundschaft, München 2002.
G. BATAILLE, Nietzsche und der Wille zur Chance, Berlin 2005.
G. BATAILLE, Das Blau des Himmels. Roman, Berlin 2006.
G. BATAILLE, Henker und Opfer, Berlin 2008.
G. BATAILLE/M. LEIRIS, Correspondence, Calcutta/London/New York 2008..
K. H. BOHRER, Imaginationen des Bösen, München 2004.
N. BOLZ, Das Wissen der Religion. Betrachtungen eines religiös Unmusikalischen, München 2008.
E. BRONTË, Sturmhöhe (1847), übers. von Michaela Messner, München 2008.
P. BÜRGER, Das Denken des Herrn. Essays, Frankfurt a. M. 1992.
G. DELEUZE, Francis Bacon: The Logic of Sensation (1981), London/New York 2008.
J. DERRIDA, Die Schrift und die Differenz, Frankfurt a. M. 1997.
G. DIDI-HUBERMAN, Bilder trotz allem (2003), München 2007.
F. M. DOSTOJEWSKIJ, Aufzeichnungen aus dem Kellerloch, übers. von Swetlana Geier, Frankfurt a. M 2007.
H. FINTER/G. MAAG (Hg.), Bataille lesen: Die Schrift und das Unmögliche, München 1992.
L. F. FÖLDÉNYI, Eine Ästhetik der Negation, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 219, 22.9.2003.
L. F. FÖLDÉNYI, Dostojewski liest in Sibirien Hegel und bricht in Tränen aus, Berlin 2008.
R. GIRARD, Das Heilige und die Gewalt (1972), Düsseldorf 2006.
J. HABERMAS, Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen, Frankfurt a. M. 1988.
G. HARTMAN, Das beredte Schweigen der Literatur (1996), Frankfurt a. M. 2000.
C. L. HART NIBBRIG, Ästhetik der letzten Dinge, Frankfurt a. M. 1989.
V. JANKÉLÉVITCH, Der Tod, Frankfurt a. M. 2005.
P. L. LANDSBERG, Die Erfahrung des Todes (1935), Frankfurt a. M. 1973.
M.l LEIRIS, Spiegel der Tauromachie eingeleitet durch Tauromachien, München 1982.
H.-T. LEHMANN, Ökonomie der Verausgabung - Georges Bataille (1987), in: ders., Das politische Schreiben. Essays zu Theatertexten, Berlin 2002, S. 75-92.
M. LEIRIS, Francis Bacon. Full face and in profile, Barcelona 1983.
M. LUTHER, Die gantze Heilige Schrifft, 3 Bde., München 1974.
J.-F. LYOTARD, Ob man ohne Körper denken kann (1986), in: ders., Das Inhumane. Plaudereien über die Zeit, Wien 1989, S. 23-49.
B. MATTHEUS, Georges Bataille. Eine Thanatographie 1-3, München 1984; 1988; 1995.
M. MAUSS, Die Gabe (1924), in: ders., Soziologie und Anthropologie 2, Frankfurt a. M. 1989, S. 9-144.
J. MICHELET, Die Hexe, mit Beiträgen von Roland Barthes und Georges Bataille, München 1974.
S. NEIMAN, Das Böse denken. Eine andere Geschichte der Philosophie (2002), Frankfurt a. M. 2006.
F. NIETZSCHE, Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, München/Berlin/New York 1988.
O. PAZ, Die Rückseite des Lachens (1966), in: ders., Essays 1, Frankfurt a. M. 1984, S. 41-64.
E. A. POE, Der Geist des Bösen (The Imp of the Perverse, 1845); auf http://www.feeninsel.de/geistdesboesen/
J. ROTH, Der Antichrist (1934), in: ders., Das journalistische Werk 1929-1939, Köln 1991, S. 563-665.
E. SABATO, Das Böse und die Literatur, in: ders., Die unbesiegten Furien (1986), Berlin 1991, S. 98-100.
S. SONTAG, Die pornographische Phantasie (1968), in: dies., Kunst und Antikunst. 24 literarische Analysen, Frankfurt a. M. 1999, S. 48-87.
S. SONTAG, Das Leiden anderer betrachten (2003), München 2008.
P. WIECHENS, Bataille zur Einführung, Hamburg 1995.


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

II.2.2., 092 § 5(1)

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:36