Universität Wien

170127 SE Forschungsseminar Filmwissenschaft (2006W)

Forschungsseminar zur Filmwissenschaft: Die linke Filmkultur der Weimarer Republik. Dokumentarfilm als Instrument der Propaganda

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

[alt: §2(1)4a]
Block im Jura Soyfer-Saal: Sa 9.12. und So 10.12.06; Sa 20.1. und So 21.1.07 jeweils 10-14 und 15-18 Uhr
ACHTUNG! Erster Termin am Sa 9.12., 10-13:45 Uhr, Hörsaal 1, NIG! Pünktlich!
Teilnahmevoraussetzung:
1. Da durch die Form des Blockseminars nur begrenzt Zeit zur Verfügung steht, ist die Anwesenheit bei sämtlichen Terminen absolut unerlässlich und Voraussetzung für die Erwerbung einer Benotung.
2. Bitte bringen Sie zur 1. Stunde ein Forschungsexpose mit. Es soll eine DinA4 Seite umfassen und über ihr Interesse am Thema, ihre bisherige Beschäftigung und Vorbereitung Auskunft geben. Sie können sich an folgenden Fragen orientieren:
- Welchen Film aus der linken Weimarer Republik haben Sie bereits früher oder im Zuge der Vorbereitung gesehen? Beschreiben sie ihn kurz.
- Welche Fragen oder Gedanken hat der Film bei Ihnen aufgeworfen?
- Worin liegt für Sie die Aktualität einer Beschäftigung mit der linken Weimarer Filmkultur?
- Welches konkrete Forschungsprojekt wollen Sie im Rahmen dieses Seminars durchführen, was möchten Sie persönlich untersuchen?
Anmeldung vom 25.9. bis zum 8.10. unter http://www.univie.ac.at/film/php/anmeldung/tfmanm.php?anmtyp=2

Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine

Zur Zeit sind keine Termine bekannt.

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Modernisierungsskepsis und Misstrauen gegenüber neuen Medientechnologien haben in Deutschland bei den Linken Tradition. Eine aus der Vorkriegszeit übernommene scharfe Abwehrhaltung gegenüber dem Medium Film bestimmt noch die ersten Jahre der Weimarer Republik. Sie ändert sich erst allmählich mit den sowjetischen Filmen, die ab 1922 nach Deutschland kommen, vorwiegend dokumentarischen Arbeiten. 1925 ruft Willi Münzenberg, der begabte Publizist und Vordenker der kommunistischen Medienpolitik, zu einer Aufholjagd auf, die die gesamte mediale Kommunikation betrifft: »Erobert den Film«! Er gründet dazu die »Prometheus-Film GmbH«, die bis Anfang 1932 eine Schlüsselstellung im proletarischen Film einnehmen wird. Es ist bisher wenig beachtet worden, dass die Aktivisten der Prometheus sich im Wesentlichen aus Alt-Österreichern rekrutierten, darunter Albrecht Viktor Blum, Leo Lania, J. A. Hübler-Kahla, Alex Strasser, Leo Mittler und Béla Balázs; (dazu kommt bei den Sozialdemokraten Ernö Metzner und bei den Unabhängigen László Moholy-Nagy). Die Prometheus stellt neben Spielfilmen 21 Dokumentarfilme her. Ihre Tochterfirma, das »Kartell Weltfilm«, Ende 1927 für die nicht-kommerzielle Auswertung gegründet, fertigt weitere 33 Dokumentarfilme.
Aber erst der große Verleiherfolg von Sergei Eisensteins Bronenosets Potemkin (Panzerkreuzer Potemkin, SU 1925) liefert das Kapital für die Eigenproduktion und überzeugt auch die Skeptiker von den propagandistischen Möglichkeiten des Films. Mitte 1926 gründen daher auch die Sozialdemokraten eine eigene Filmzentrale für Verleih und Produktion, den »Film- und Lichtbilddienst«, der bis 1932 insgesamt 36 Dokumentarfilme produziert.
Zusammenhänge abbildende, sozialkritische Dokumentarfilme im Sinne von Autorenfilmen entstehen dagegen erstmals ab etwa 1929, unter dem Einfluss sowjetischer langer Dokumentarfilme, die soziales Engagement und künstlerische Darstellung betonen (Blioch, Vertov, Turin). Zugleich schälen sich einige Autorenfilmer-Persönlichkeiten wie Blum, Phil Jutzi und Werner Hochbaum heraus. Erstmals tauchen nun Themen wie Arbeiterfreizeit, private und berufliche Lebensumstände, Protest gegen miserable Wohn- und Arbeitssituationen auf.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Das Seminar wird zunächst ausgewählte Filme sichten und diskutieren. Nach einer Einführung in die linke Filmpolitik der Weimarer Republik und in die Methodologie sollen schließlich eigene Texte zu einem ausgewählten Film erstellt werden. Diese Arbeit soll unterschiedliche Textangebote konfrontieren: zeitgenössische und eigene Beschreibungen und kritischen Kommentar. Der Kontext anderer gesichteter Filme ist einzubeziehen, ebenso sind eventuelle Aufführungen des Films in Österreich zu recherchieren. Einige zeitgenössische Rezensionen und Sekundärliteratur werden in einem Reader dem Seminar zur Verfügung stehen, sowie VHS-Kassetten der Filme.

Literatur

Kinter, Jürgen, Arbeiterbewegung und Film (1895-1933), Hamburg: Medienpädagogik-Zentrum, 1985.
Film und revolutionäre Arbeiterbewegung in Deutschland 1918-1932, hgg. von Gertraude Kühn, Karl Tümmler and Walter Wimmer, Berlin (Ost): Henschel, 1978.
Münzenberg, Willi, Erobert den Film!, Berlin: Neuer Deutscher Verlag, 1925
Murray, Bruce, Film and the German Left in the Weimar Republic, Austin: University of Texas Press, 1990.
Tode, Thomas, Dosiertes Muskelspiel. Die linke Filmkultur der Weimarer Republik, in: Geschichte und Ästhetik des dokumentarischen Films in Deutschland 1895-1945, Band 2: 1918-1933 (Weimarer Republik), hgg. von Antje Ehmann, Jeanpaul Goergen und Klaus Kreimeier, Stuttgart: Reclam, 2005.
Arbeiterbühne und Film, Reprint, hgg. von Richard Weber, Köln: Gaehme Henke, 1974.
Film und Volk, Reprint, hgg. von Richard Weber, Köln: Prometh, 1978.
Voigt, Hans-Gunter, Filmdokumente zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 1911-1933, Koblenz / Berlin: Bundesarchiv-Filmarchiv, 1991.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

II.2.2.; 092: § 5(1)

Letzte Änderung: Fr 31.08.2018 08:52