Universität Wien

170212 PS Proseminar "Konzepte und Techniken von Schau/Spiel" (2023W)

Dinge treten auf. Objekt-orientierte Ansätze im Gegenwartstheater

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Samstag 14.10. 10:00 - 13:00 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Samstag 04.11. 10:00 - 13:00 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Sonntag 05.11. 10:00 - 13:00 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Freitag 01.12. 16:45 - 18:15 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Samstag 02.12. 10:00 - 13:00 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Sonntag 03.12. 10:00 - 13:00 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Samstag 13.01. 10:00 - 13:00 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Sonntag 14.01. 10:00 - 13:00 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Spätestens mit den 2010er Jahren kam es in der kulturwissenschaftlichen Theoriebildung, gerade aber auch in den szenischen Künsten, zu einer auffälligen Konjunktur der „Dinge“: Objekt-orientierte Ontologien, ökologische Ansätze, neue Materialismen, Bruno Latours „Parlament der Dinge“ oder die von ihm inspirierte Rede von den „Matters of Concern“ – in diversen Ausprägungen ließ sich ein neues Interesse an Objekten, Materialitäten oder eben an Dingen beobachten, das sich zugleich in einer großen Zahl von Performances, Choreografien und Kunstaktionen im weitesten Sinn niederschlug: Die Beispiele reichen von mittlerweile schon klassischen Arbeiten wie Heiner Goebbels‘ „Stifters Dinge“ (2007) bis hin zu Showcase Beat le Mots jüngster Produktion „1000 Things Falling“ (2023), von Tanzstücken wie Clément Layes‘ „Things that surround us“ (2012) bis zu neuartigen Formen des Kinder- und Jugendtheaters, etwa dem Festival „Theater der Dinge“ der Berliner Schaubude (seit 2018). Dabei konnte und kann diese Karriere von Dingen und Objekten durchaus erstaunen. Immerhin waren beide Begriffe – der des Objekts dabei in strenger Parallele zu dem des Subjekts – in vorangegangenen (post-)strukturalistischen Ansätzen eher als verzichtbar, wenn nicht als verabschiedungswürdig angesehen worden: Zu sehr schienen sie liiert mit Vorstellungen und Illusionen von „Objektivität“, Stabilität, Essenz oder auch „Handgreiflichkeit“. „Noch vor einem Jahrzehnt hätte man sich kaum vorgestellt, dass den Dingen einmal eine solche Aufmerksamkeit beschieden sein würde“, schrieb der Medienwissenschaftler Friedrich Balke 2012 in der Einleitung des von ihm mitherausgegebenen Bandes „Die Wiederkehr der Dinge“, und: „Wer von Dingen sprach, sah sich in der Vergangenheit schnell dem Ontologievorwurf ausgesetzt.“
Von heute aus, d. h. ein Jahrzehnt später, sind zentrale Motive deutlicher geworden, die diese Neu-Entdeckung der Dinge angetrieben haben: So lag dieser Beschäftigung mit „Nicht-Menschlichem“ zunächst sicher das Versprechen einer Überwindung anthropozentrischer Prägungen zu Grunde, das indes zum Teil – sicher zu Recht – auch als naiv oder unterkomplex kritisiert worden ist. Zugleich machte sich hier aber auch eine neue Aufmerksamkeit für die Eigenaktivität materieller Gegebenheiten und Phänomene bemerkbar, selbst wenn diese – allen voran der Klimawandel – eine das Subjekt weit übersteigende Dauer aufweisen: Der Literaturwissenschaftler Timothy Morton hat diesbezüglich den einflussreichen Begriff des „Hyper-Objects“ geprägt. Und sicherlich darf man hier auch eine Reaktion auf Digitalisierungs- und Virtualisierungslogiken sehen, mit der dort die Widerspenstigkeit von Objekten in den Fokus rückte, wo lange Zeit zu einseitig von einer digitalisierungsbedingten „Entmaterialisierung“ oder „Delokalisierung“ die Rede war.
In diesem Kontext will das Seminar zum einen in diese neuere Ding-Diskussion einführen, indem wir uns mit zentralen Namen, Texten, Positionen und künstlerischen Arbeiten vertraut machen, die für diese Strömung bestimmend waren/sind. Auch theaterwissenschaftliche Bestandsaufnahmen, wie die 2021 erschienene Studie „Moving Matter“ von Martina Ruhsam wollen wir hinzuziehen. Zum anderen wollen wir aber auch diskutieren, wie sich die Positionen der 2010er Jahre vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen mit der Pandemie ausnehmen: Haben der mit ihr einhergehende, neuerliche Digitalisierungsschub und die Veränderung von Alltagsvollzügen die Sicht auf Dinge bereits wieder verändert? Gab es hier Einschnitte oder Verschiebungen? Oder geht es einfach nur um eine Verlängerung und Verstärkung von Fragestellungen, die mit der „Wiederkehr der Dinge“ im vergangenen Jahrzehnt bearbeitet wurden?

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Die LV soll mit einer schriftlichen Arbeit abgeschlossen werden. Außerdem gehören Lektürekarten ODER die Teilnahme an einer Expert:innengruppe und damit an der gemeinsamen Leitung einer Seminardiskussion zu den verpflichtenden Anforderungen. Beide Leistungen werden mit je 50 % gewichtet.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Abwesenheit ist an maximal einem Blocktag möglich. Die Endnote ergibt sich aus dem Durchschnitt der gewichteten Einzelleistungen, wobei jede Einzelleistung erbracht werden muss. Werden eine oder mehrere Einzelleistungen nicht erbracht oder negativ beurteilt, kann die Gesamtnote nicht positiv sein (führt zur Abwertung).

Prüfungsstoff

Der Prüfungsstoff ergibt sich aus den Seminardiskussionen und -materialien.

Literatur

Wolf-Dieter Ernst, ANT und Aufführungsanalyse, in: Christopher Balme/Berenika Szymanski-Düll (Hg.), Methoden der Theaterwissenschaft (Forum Modernes Theater 56, Tübingen 2020)
Martina Ruhsam, Moving Matter: Nicht-menschliche Körper in zeitgenössischen Choreografien (Bielefeld 2021)

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Sa 30.09.2023 10:07