Universität Wien

170600 SE MA 1.1. "Inszenierungsformen und ästhetische Wahrnehmung" (2023S)

Ekstase und Subjektauflösung im Drogenrausch: Verführung, lasziver Müßiggang und Selbstvergessenheit

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Beginn: 20. März 2023

Montag 06.03. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 20.03. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 27.03. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 17.04. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 24.04. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 08.05. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 15.05. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 22.05. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 05.06. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 12.06. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 19.06. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
Montag 26.06. 16:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

„Tomorrow Never Knows“ ist einer der psychedelischen Beatles-Songs (erschienen 1966 auf dem Album „Revolver“ – der Titel bezieht sich nicht auf eine Waffe, sondern auf die Drehungen des Plattentellers). „Turn off your mind, relax and float downstream“: es sind Sounds neben der (Ton)Spur, in Musik übersetzte Drogenerfahrungen. Der Raum dehnt sich, neue Wahrnehmungsmuster entstehen. Zeit verliert sich im Fließen der Substanzen, der Körper ist für die chemischen Prozesse der Drogen (verstanden als Substanzen mit psychotroper und psychoaktiver Wirkung) der Übergangsort, der sich leert und füllt wie der Sand im Stundenglas. Dieser fluide Zustand ergreift auch die Subjektinstanz, entfaltet seine Macht, verschaltet divergierende Bedeutungsebenen. Multiple Brechungen im Zeit- und Raumgefüge lösen die strukturierte, stabile Leib/Körper Wahrnehmung auf. Das Subjekt oszilliert an der Liminalität von konkretem Sein und abstraktem Objekt, steuert in die Selbstauflösung. Reflexive Beobachtung ersetzt die Orientierungsfunktion. Das Wissen um die eigene Identität als Person wird in die Wahrnehmung multipler Identitäten transformiert. Die Verflüssigung der Körpergrenzen prädestiniert die Schärfung und Intensivierung von Farb- und Raumeindrücken. Richard E. Cytowic spricht in diesem Zusammenhang von "Noesis", die Einsichten in Wahrheiten erlaubt, die vom diskursiven Intellekt nicht ausgelotet werden. „Es bezieht sich auf unser Wissen von der Welt, aber in der Form jener geistigen Wahrnehmung, die direkt als eine Erleuchtung erfahren wird und von einem Gefühl der Gewissheit begleitet ist. Noesis ist eine Art Erkenntnis, die die Oberfläche der Realität durchbricht und einen Blick ins Transzendentale erlaubt.“(Cytowic: Farben hören, Töne schmecken: Die bizarre Welt der Sinne, S. 98.). Der Drogenrausch weist selbst ästhetische Qualitäten auf. Doch Schreiben, Malen, Filmen erfolgt höchst selten mitten im Drogengeschehen, sondern meist in der Phase danach. Die Selbstreflexivität steht vor der Herausforderung die Drogen immanenten Sinneswahrnehmungen, in Sprache, Schrift, Musik, in visuelle Medien zu überführen. Die Künste mit ihren ästhetischen Strategien und performativen Verfahrensweisen formen die Drogenerfahrungen zu poetischen Bilderfluten, zu psychedelische Raumzeiten.

Die Mechanismen der Selbstauflösung und ihre Sprachbilder bei Charles Baudelaires in seiner Gedichtsammlung Die Blumen des Bösen werden in dem darauf basierenden gleichnamigen Film von Hans-Christof Stenzel untersucht. Ein Überblick in die kulturelle Praxis, in die Entwicklungen und Tendenzen der Sozial- und Kulturgeschichte der Drogen soll zu Fragen nach den zeitgenössischen Aspekten von Drogenkulturen führen. Leben die Drogensettings von De Quincey, Baudelaire, Timothy Leary, die vergessenen Utopien der 1960er und 70er Jahre im 21. Jahrhundert weiter? Taugen LSD und lange Haare nur mehr fürs 1968 Museum? Stimulieren Drogenkulturen politisches Terrain zu neuen Denklandschaften? Das Seminar widmet sich der Geschichte und Gegenwart von Drogenkulturen. Theoretisch, künstlerisch/praxisorientiert setzen wir uns gemeinsam u.a. mit der Idee des „Acid Communism“ auseinander, wie sie im Fragment des 2017 verstorbenen Kulturtheoretikers Mark Fisher artikuliert wird. „Acid“ bezieht sich dabei auf die psychedelische Kultur der späten 60er und frühen 70er Jahre des 20. Jahrhunderts samt ihrer bewusstseinsverändernden Wirkungen und fragt nach ihre Reaktivierung.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Das Seminar wird sich mit Forschungsfragen dem Thema nähern. Arbeitsprozess und der Weg der Erarbeitung der Thematik werden reflektiert und diskutiert. Selbstorganisiertes Forschen, Erstellung eines Forschungskonzepts, das in kleinen Arbeitsgruppen Mai 2023 besprochen wird. Die (vorläufigen) Ergebnisse werden als Werkstattgespräche im Plenum Juni 2023 präsentiert. Schriftliche Formulierung der Forschungsfrage (Arbeitsprozess und Erkenntnislage, Erweiterung durch Plenumsdiskussion). Abgabe der schriftl. Arbeit per mail/attachment ca. 15-17 Seiten bis 15.9. 2023.
Kriterien für den Abschluss bestehend aus : 1) Forschungskonzept, online Einreichung bis 24. April 2023; 2) Arbeitsgruppen: Besprechung der Konzepte Mai 2023; 3) Werkstattgespräche und Präsentation der Forschungen in Präsenz Plenum Juni 2023; 3) schriftl. Arbeit bis 15.9. 2023

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab


Bewertungsschlüssel: Forschungskonzept/Arbeitsgruppe 30%, Präsentation/Werkstattgespräch 30%, Schriftliche Seminar-Arbeit 40%.
1) Aufschlüsselung der Bewertung des Konzepts (max. 30 Punkte)
30-27 Punkte: Sehr gut; 26–23 Punkte: gut; 21–18 Punkte: befriedigend; 17-14 Punkte: genügend; ab 13 Punkte ungenügend; 2) Aufschlüsselung der Bewertung Werkstattgespräch (max. 30 Punkte) 30-27 Punkte: Sehr gut; 26–23 Punkte: gut; 12–18 Punkte: befriedigend;17- 14 Punkte: genügend; ab 13 Punkte ungenügend; 3) Aufschlüsselung der Bewertung der schriftlichen Arbeit (max. 40 Punkte) 40-35 Punkte: Sehr gut; 34–28 Punkte: gut; 27–21 Punkte: befriedigend; 20-14 Punkte: genügend; ab 13 Punkte ungenügend;

Prüfungsstoff

Ziele, Methoden
Naturmagie und religiöse Konnotationen fügen im "Montage-Kunstwerk Drogenrausch" die Bruch- und Fundstücke von Kultur, Geschichte und Gesellschaft zusammen. August Strindberg schreibt über die grüne Fee, dem Absinthe, für andere Drogen Gebraucher wird die Schlange zum Sinnbild der Droge schlechthin: die Verführerin zur Sünde und die Geliebte, aus deren Mund Charles Baudelaire das berauschende Gift, die braune (Opium)Flüssigkeit, das Laudanum trinkt, das zugleich ekstatische Sinnesfreuden und den Todesrausch verheißt. Hans-Christof Stenzels Film Die Blumen des Bösen (1967/68, 30 Minuten, s/w, Regie: Hans-Christof Stenzel, Kamera: Rudolf Klingohr, Schnitt: Rosemarie Stenzel-Quast) nimmt Motive aus Charles Baudelaires gleichnamiger Gedichtsammlung auf und begleitet die Protagonistinnen (Günter Brus, Otto Mühl, Eva Hardegen, Heidemarie Lübke u.a.) bei ihren Drogenseancen, die in einen Zustand der Selbstvergessenheit münden. Einer tanzenden Schlange gleich, folgt ekstatischen Momenten eine Stillstellung von Raum und Zeit. Theoretische Texte (Ekstase, Subjektauflösung, Acid Communism) und ausgewählte Beispiele beleuchten das Phänomen in den Künsten in Tradition und Gegenwart, fragen nach der Bedeutung von Drogenkulturen für Übungen in politischer Imagination. Steckt im psychedelischen Gelächter die Politisierung des Trips?

Literatur

siehe moodle

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Fr 03.02.2023 15:29