Universität Wien

170611 SE MA (G) 2.2. "Gegenwart von Geschichte" (2015W)

Media Burn: Maschinelle Selbstzerstörung in der Installationskunst

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Details

max. 50 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Dienstag 20.10. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 27.10. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 03.11. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 10.11. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 17.11. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 24.11. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 01.12. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 15.12. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 12.01. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 19.01. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)
Dienstag 26.01. 15:00 - 16:30 (ehem. Jura-Soyfer-Saal (THW) Hofburg, 1.Stock)

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Das Auto als amerikanische Hierogyphe in der Performance Kunst

Die Gewinnung von Roheisen aus Erzen ist seit der Mitte des 2. jahrhunderts v. Chr. belegt. Der stabile und zugleich flexible Werkstoff avancierte im Zeitalter der Industrialisierung zum Wirtschaftsfaktor und Material modernster Technik. Industrie(müll) rückt im 20. Jahrhundert zum Material der Künste auf.
Zerstörung, Destruktion gehören von Anbeginn zur Formensprache der Kunst und artikulieren Widerstand gegen soziale, politische und physische Unterdrückung. Der Destruktion des Tafelbildes folgt die Zerstörung von Körpern, von Objekten. Zur realen Zerstörung von Leinwänden, Skulpturen und anderen Kulturgegenständen als künstlerischer Aktion kommt es seit den späten 1950er Jahren, womit auch die Sprengung des Kunst- und Werkbegriffs beinhaltet ist. Gustav Metzger schüttet Säure über Leinwände, die allmählich davon zerfressen werden. In seinem Manifest der autodestruktiven Kunst (1959 und 1960) fordert er die Selbstzerstörung der Werke im Laufe von 20 Jahren. Der Schöpfungsakt wird nicht als abgeschlossen betrachtet, sondern als etwas Prozesshaftes, Unabgeschlossenes, in (Um)Wandlung Begriffenes. Das Dazwischen, der künstlerische Prozess des Wandelns und Vergehens, die Transformation der Aggregatzustände wird zum künstlerischen Ereignis. Eisen und Stahl werden zu formbaren Materialien. Das Auto gelesen als amerikanische Hieroglyphe taucht in zahlreichen Performances als Ikone der Kultur auf. Ihre Zerstörung, aber auch ihre Transformation beschreiben Stadien der Veränderung eines Organismus. Bei Matthew Barney ist das Formannehmen seiner Skulpturen, Performances, Zeichnungen und Filme nur ein vorübergehender Zustand voll Energie, ein Zwischenstadium. Leicht formbare Materialien, organisch, amorph sind Bestandteil seiner Installationen. In der Cremaster Pentalogie ist dies die Ununterscheidbarkeit zwischen Männlichem und Weiblichem, zwischen menschlich und animalisch, zwischen futuristisch und mythologisch. In River of Fudament verbindet Barney amerikanische Kultobjekte mit altägyptischer Mythologie. Die drei im Film gezeigten Performances verwenden das Auto als Symbol sowohl im Sinne einer Transformation des menschlichen Körpers, beschreiben aber auch die Notwendigkeit einer Veränderung des Organismus. Die drei Autos stehen für einen bestimmten Zeitgeist der amerikanischen Gesellschaft. Im Umgang mit den Autos findet während der Performances eine Vermenschlichung der Autos statt. Dem Auto wird eine Totenprozession gegeben, es wird mehrfach "getötet", es wird Teil eines Zeugungsaktes. Durch Riten und die narrative Struktur wird das Auto zu einer anthropomorphen Gestalt. So wird der tote Stahl zu lebendiger Materie. Die Flüssigkeit des geschmolzenen Metalls, während eines gigantischen Einschmelzungsprozesses eines Autos in einem Hochofen demonstriert Barneys Spiel mit den Materialien. Diese spezifische Materiallehre transformiert feste in flüssige Materialien, hartes Metall enthält Formbarkeit, Lebendigkeit.

Im Mittelpunkt des Seminars stehen die Materiallehre Barneys, seine Auto-Rituale, aber auch andere Auto(mobile)-Performances. Seit Ende der 1950er Jahre führen mit Autoblechen und Autowracks John Chamerlain und César das stählerne Statussymbol Auto zum Autometzger, wie dies auch Wolf Vostell in seinen happenings immer wieder thematisiert hat. Auf die USA und das Ideal des amerikanischen Traums wird auch in Media Burn der Gruppe Ant Farm Bezug genommen.
Jean Tinguelys bis zur Selbstzerstörung ratternde Maschinen scheinen die Arbeits- und Produktionsprozesse im industriellen Zeitalter ad absurdum zu führen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Arbeitsgruppen, Werkstattberichte, offenes Forschen und Diskutieren
Verschriftlichung der Arbeitsergebnisse

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Konvergenz wissenschaftsgeschichtlicher und künstlerischer Diskurse, vom Industriematerial Eisen und Stahl zur künstlerischen Aktion

Prüfungsstoff

transdisziplinär; Wissenschaftsgeschichte, Performance art, mediatisierte Objekte. Wissenschafts-Ready-Made-Situationen.

Literatur

siehe Lernplattform

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

092: § 5(1)

Letzte Änderung: Sa 24.04.2021 00:19