Universität Wien

170621 SE MA 1.2. "Theatrale und mediale Prozesse" (2016W)

Medien und Nostalgie

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Freitag 11.11. 15:00 - 18:15 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde
Freitag 13.01. 15:00 - 18:15 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde
Samstag 14.01. 11:30 - 18:15 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde
Samstag 21.01. 11:30 - 13:00 Seminarraum 4 2H558 UZA II Rotunde
Samstag 21.01. 13:15 - 18:15 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde
Sonntag 22.01. 09:45 - 16:30 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

INHALT:
Längst ist es zu einem Allgemeinplatz geworden, die letzten Jahrzehnte als eine Periode eines beispiellosen und sich ständig beschleunigenden Medienwandels zu beschreiben, in dessen Folge selbst Medienformen mit einer starken Tradition plötzlich von Obsoleszenz bedroht zu sein scheinen. Bereits 1995 proklamierte B. Sterling: „we live in the Golden Age of Dead Media.“ Wie sich in dieser Formulierung bereits andeutet, ist es mindestens ebenso sehr auch ein goldenes Zeitalter für die Nostalgie eben jenen – vermeintlich – obsoleten oder gar ‚toten‘ Medien gegenüber, die in gleichsam gespenstischer Präsenz unsere vergangenheitsbesessene zeitgenössische Medienkultur heimsuchen. Tatsächlich scheint die zunehmende Verfügbarkeit von Zeugnissen oder kulturellen Artefakten der Vergangenheit bei gleichzeitig beschleunigtem Wandel ihrer medialen Verfasstheit eine ganze Reihe nostalgischer Phänomenen zu begünstigen. Interessant sind dabei vor allem jene Fälle, in denen sich der Rückbezug nicht ausschließlich in Bezug auf die archivierten Inhalte äußert, sondern auch und gerade hinsichtlich der Art und Materialität ihrer Aufzeichnung.
Ausgangspunkt des Seminars ist die Beobachtung, dass Medien bzw. das, was häufig als deren jeweils spezifische Medialität beschrieben wird, selbst zum Objekt von Nostalgie werden können, die dann wiederum innerhalb der medialen Darstellung verhandelt werden kann. Dieser Sonderform medialer Selbstreferenz sind demnach nicht nur Formen aktiven Widerstands gegen die Adaption technisch-apparativer Innovationen zuzurechnen, sondern vor allem auch Phänomene des Comebacks, der Simulation oder der „Remediation“ älterer und von technischen Innovationen vermeintlich verdrängter Medien bzw. deren spezifischer Ästhetik innerhalb neuer Medienprodukte. Auf diese Weise wird einerseits der Effekt der als rasant wahrgenommenen medientechnologischen Entwicklung für die Konsumentin abgemildert, andererseits der Prozess des Medienwandels innerhalb der Artefakte selbst reflektiert.
Darüber hinaus ist Nostalgie nicht zuletzt auch ein prominenter Modus der theoretischen Auseinandersetzung mit Prozessen medialen Wandels, dessen Wurzeln bis zu Platons Schriftkritik zurückreichen. Seit diesem ältesten – und nur dank der von Platon kritisierten Kulturtechnik der Schrift erhalten gebliebenen – Zeugnis apokalyptischer Medienkritik wurde jeder weitere als radikal empfundene Umbruch der Mediengeschichte von ähnlichen Elegien begleitet, die in einer erstaunlich konstanten, transhistorischen Rhetorik des Medienwandels vorgetragen werden und meist in der Trauer über eine vermeintlich verlorene Authentizität kulminieren. Wie U. Eco bereits vor 50 Jahren treffend festgestellt hat, ist diesen Klagen in der Regel gemein, dass sie darauf beharren, das Neue nach den Maßstäben des Alten zu bewerten. Solche etablierten medienhistorischen „Topoi“ im Sinne E. Huhtamos gilt es daher aufzudecken und in ihrer ideologischen Konstruiertheit zu analysieren.
Nach einer grundlegenden Beschäftigung mit Theorien der Nostalgie und des Medienwandels werden eine Reihe konkreter Themenfelder fokussiert und jeweils anhand von paradigmatischen Beispielen analysiert, wobei Wert darauf gelegt wurde, der Bandbreite nostalgischer Phänomene innerhalb der zeitgenössischen Medienkultur gerecht zu werden.

ZIELE:
Die Studierenden werden sensibilisiert für die Rolle affektiver Zuschreibungen und transhistorischer Topoi im Rahmen der Medienhistoriografie. Darüber hinaus können sie einen Überblick über jüngere nostalgietheoretische Ansätze geben und deren Positionen unter Verwendung der entsprechenden Fachtermini vergleichen sowie in eigenen Worten wiedergeben. Die analytischen Kompetenzen werden anhand von angeleiteten und eigenständigen Beispielanalysen geschärft und weiter ausgebaut, dabei vermittelt die Veranstaltung grundsätzliche Arbeitstechniken des Umgangs mit Texten aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

1) Anwesenheit bei den Blockterminen und aktive Mitarbeit

2) Übernahme eines Kurzreferats zu Beginn des Semesters, je nach Gruppengröße ggf. auch als Teamreferat (max. zwei Studierende). Die zur Auswahl stehenden Themen werden in der Einführungssitzung vorgestellt. Zu jedem Referat gehört ein kurzes schriftliches Thesenpapier (eine Seite) sowie -- nachträglich -- eine knappe Zusammenfassung der Diskussion zum Referat (ca. eine halbe Seite).

3) Übernahme eines schriftlichen Beitrags (Essay), der auf der Auseinandersetzung mit dem Referatsthema aufbauen kann.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Anwesenheit und Mitarbeit (20%)
Mündliches Referat (40%)
Schriftlicher Beitrag (40%)

Prüfungsstoff

Inhalte der Seminarlektüre sowie der Referate und Diskussionen

Literatur

Literatur zur Vorbereitung:
Niemeyer, Katharina (2014): Introduction. Media and Nostalgia. In: Dies. (Hg.): Media and Nostalgia. Yearning for the Past, Present and Future. Basingstoke, New York, NY: Palgrave Macmillan, S. 1–23.
Schivelbusch, Wolfgang (1973): Das nostalgische Syndrom. Überlegungen zu einem neueren antiquarischen Gefühl. In: Frankfurter Hefte 28 (4), S. 270–276.
Reynolds, Simon (2011): Retromania. Pop Culture's Addiction to Its Own Past. New York: Faber & Faber.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

092: § 5(1)

Letzte Änderung: Sa 02.04.2022 00:21