Universität Wien

170671 SE MA 1.3. "Diskurse und Methoden" (2016W)

Politische Affekte, prekäres Leben und die neuen Bild-Ökologien des Dokumentarischen

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Samstag 19.11. 15:00 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
  • Sonntag 20.11. 09:45 - 16:30 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
  • Samstag 10.12. 09:45 - 13:00 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde
  • Sonntag 11.12. 09:45 - 18:15 Seminarraum 3 2H467 UZA II Rotunde

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Welche Verknüpfungen existieren zwischen gegenwärtigen dokumentarischen Praktiken und den medienkulturellen Artikulationen eines ausgesetzten und gefährdeten Lebens (Butler)? Auf welche Weisen verschränken sich dokumentarische Bilder mit den Texturen des Alltags bzw. gehen aus ihnen hervor? Welche politischen Affekte liegen ihnen zugrunde und auf welche reagieren sie? Unter den Voraussetzungen vereinfachter Post-Produktion sowie neuen Weisen der Konnektivität und der Zirkulation dokumentarischer Bilder über soziale Medien scheint sich das Feld des Dokumentarischen erweitert und gleichzeitig über eine Vielzahl neuer Medienpraktiken differenziert zu haben. Für KünstlerInnen und RegisseurInnen gruppieren sich mittlerweile unter den Stichwörtern "collaborative filmmaking" oder "citizen journalism" Produktionsmodelle, die gerade unter prekären Lebensbedingungen oder im Kontext politischer Krisen neue Zugriffsweisen auf Artikulationen des Alltags, von Subjektivität oder Kollektivität eröffnen.
An dieses Setting jüngerer Dokumentarisierungspraktiken knüpfen sich überdies ästhetische wie politische Versprechen auf gleichberechtigte Artikulationen oder Eigen- und Gegendarstellungen (z.B. gegenüber offiziellen Medien und Berichterstattungen). Diese Entwicklungen haben weitreichende Konsequenzen für die künstlerisch-mediale Praxis des Dokumentarischen. Gerade in online Projekten und Webdokus verschiebt sich die Autorschaft von KünstlerInnen immer mehr in Richtung von Strategien, die auf ein Durcharbeiten einer Fülle visuellem Materials und damit auf Erzeugung von Lesbarkeiten (Didi-Huberman) durch eine Praxis des (Re-)Konstellierens oder Kommentierens gerichtet ist. Zugleich löst sich in diesen Beispielen die dokumentarische Qualität, oder die ihm spezifische materielle Evidenzerfahrung, stärker von einem traditionellen Begriff des filmischen Materials ab und entfaltet sich zunehmend auch entlang der Eigenlogik der medialen Infrastrukturen seiner Darstellung, Aufbereitung und Verknüpfung. Es sind im Kontext des Dokumentarfilms kaum beschriebene mediale Zeitlichkeiten und Prozessualitäten, die einen dokumentarischen Charakter entfalten. Das Seminar stellt daher weniger Fragen einer neuen Visualität in den Vordergrund, sondern richtet den Fokus auf relationale Verknüpfungen dokumentarischer Praktiken mit den Texturen des Alltags.
Das Seminar gibt einen Überblick über eine Auswahl von Webdokus, Webkatalogen und dokumentarischen Konzeptfilmen, kurzum neueren Dokumentarismen, die sich dem Anspruch verschreiben, den Wandel einer Gemeinschaft, eines Ortes oder Milieus unter den Vorzeichen des Krisenhaften zu begleiten. Das Seminar wird seinen Ausgang bei der Frage nehmen, ob sich hier neue Konzepte und Vorstellungen dokumentarischer Praxis zur Geltung bringen. Entstehen neue soziale und kulturelle Sichtbarkeiten oder gar Reflexionen über vorhandene Unsichtbarkeiten von ethnischen und geschlechtlichen Hierarchien? Artikulieren sich neue Widerstände oder produktive Unbestimmtheiten im Feld des Dokumentarischen? Darüber hinaus ist zu fragen, ob sich neue Perspektiven und Anschlussstellen an jene im Zuge postkolonialer und feministischer Dokumentarfilmtheorien der 1980er und 1990er Jahre entwickelten Repräsentationskritik beschreiben lassen. Im Seminar werden daher zunächst Zugänge klassischer Modelle und Texte der politischen Dokumentarfilmtheorie erarbeitet. In einem zweiten Schritt soll dann ein genauerer Blick auf aktuelle Theoriemodelle dokumentarischer Bilder geworfen werfen, die stärker von einem medienökologischen Verständnis dokumentarischer Ton/Bild-Relationen ausgehen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Präsentation von Texten oder Recherchen und Analysen zu einzelnen Filmprojekten.

Hausarbeit oder schriftliche Ausarbeitung einer mündl. Präsentation.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Kontinuierliche Teilnahme an den Blocksitzungen; Beteiligung an den gemeinsamen Diskussionen; Referat oder Moderation. Grundlage der Beurteilung sind die Einzelleistungen.

Prüfungsstoff

Im Seminar behandelte Texte, Filmprojekte und Methoden. Zusätzlicher Prüfungsstoff nach vorheriger Absprache.

Literatur

Allen, James Lane und Nash, Kate: New Documentary Ecologies. Palgrave, 2014.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

092: § 5(1)

Letzte Änderung: Sa 02.04.2022 00:21