170741 UE The Living Gods of Haiti (2018W)

Inhalt:

Maya Derens erster Experimentalfilm „Meshes of the Afternoon“ (1943) ermöglichte ihr nicht nur, den Grundstein für eine wesentliche Stimme als Avantgarde-Filmemacherin zu legen, sondern auch, 1947 mit einem Guggenheim Stipendium ihre erste etlicher darauffolgender Reisen nach Haiti anzutreten. Während dieser Haiti-Reisen entstand Footage von Vodou-Ritualen, bei denen sie nicht nur filmte, sondern auch selbst als Vodou-Initiierte aktiv teilnahm. Genau dieser Schnittstelle von experimenteller Filmpraxis und ethnographischem Zugang widmet sich diese Lehrveranstaltung: Ausgehend von Maya Derens filmischen und schriftlichen Aufzeichnungen stehen die Betrachtung und Analyse des vielschichtigen Erbes Derens im Zentrum, das sich in folgenden Bereichen verortet: einem künstlerischen Zugang, der neben dem Filmemachen auch Elemente des Tanzes, der Choreographie und Bewegungsmodi beinhaltet; methodischen Ansätzen zur filmischen Um-/ und Über-setzung der ethnografischen Praxis; Forschung und Reflexion des Erforschten durch Film und Theoriebildung; sowie filmtheoretischen und filmdistributionsbezogenen Überlegungen des Gefilmten. Dabei im Vordergrund stehen die 1947-1955 in Haiti entstandenen filmischen Rushes, die posthuman von Cherel Winett Ito und Teiji Ito montiert wurden und 1985 unter dem Titel „Divine Horsemen: The Living Gods of Haiti“ erschienen.
Die film- und kulturwissenschaftliche Analyse legt insbesondere das Augenmerk auf ethnografische Zugänge, Festschreibungen und Auslassungen, geschichtsrelevante Markierungen zwischen Haiti und den USA sowie Konzepten der Transkulturalität. Durch die Analyse des Films und dessen Rezeption in unterschiedlichen geografischen Räumen und Kunsträumen erarbeiten wir folgende Themenkomplexe und hinterfragen deren Ausrichtung und Relevanz in der filmwissenschaftlichen Auseinandersetzung: Indigeneity, Kolonisierung, Imperialismus, Kreolisierung, Diaspora, und nicht zuletzt Globalisierung im post-kolonialen Kontext.

Ziele:

Ziel der Lehrveranstaltung ist es, sich dem frühen ethnografischen Film anhand Maya Derens Schaffens in Haiti anzunähern und dieses auf unterschiedliche Rezeptionen und Aktualität hin zu prüfen. Dabei werden insbesondere das kulturelle, historische und kontextspezifische Setting der Filmemacherin, Filmtheoretikerin und Vodou-Initiierten im Vordergrund stehen, anhand des Werks Divine Horsemen: The Living Gods of Haiti analysiert und dessen posthumane Rezeption im anglo-amerikanischen, europäischen und auch im karibischen Raum untersucht. Die Lehrveranstaltung soll den Blick für eine sowohl inter- und transdisziplinäre als auch eine transkulturelle methodische und filmtheoretische Auseinandersetzung schärfen.

Methoden:

Filmanalyse, Textlektüre von Primär- und Sekundärliteratur: eigenständige und gemeinsame Lektüre und Diskussion unter Hinzuziehung von Filmbeispielen, Reflexion theoretischer und methodischer film- und kulturwissenschaftlicher Ansätze und kuratorischer Praxis unter Berücksichtigung der eigenen (Forschungs-)perspektive und –disziplin.