Universität Wien

180027 VO Theorien der Gewalt (2023W)

3.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

Sprache: Deutsch

Prüfungstermine

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Dienstag 10.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 17.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 24.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 31.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 07.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 14.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 21.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 28.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 05.12. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 12.12. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 09.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 16.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß
Dienstag 23.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal III NIG Erdgeschoß

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

(A) Inhalt: Die VO setzt es sich zur Aufgabe, das ambivalente Verhältnis von Gewalt und Gemeinschaft zu thematisieren. Wie gehen Gesellschaften mit womöglich unaufhebbarer Gewalt um, zu der noch "die Vernunft" nolens volens um ihrer Selbsterhaltung willen greifen muss? Dass Gewalt nicht nur etwas der Gemeinschaft Äußeres, sondern ihr auch intrinsisch Einwohnendes ist, dass Gewalt "im Namen" "der Vernunft", "des Friedens" etc. etc. als "Gegen-Gewalt" gerechtfertigt, als Macht-Effekt verbrämt etc. wird, benennt eine zentrale Aporie, mit der sich die praktische Philosophie herumzuschlagen hat.
Im Zeichen dieser Ambivalenz des Phänomens behandelt die VO zunächst eine Reihe zentraler Themenkreise, 1.) die Frage der "Legitimierung von Gewalt", 2.) Diskurse sog. "sinnloser Gewalt" und 3.) das Verhältnis von "Ordnung und Gewalt". Präsentiert wird ein erweiterter Gewaltbegriff, der es erlaubt, binäre Denkschemata, die das Denken der Gewalt traditionell in Aporien verstrickt haben, aufzulösen. In einem zweiten Schritt wird dieser Gewaltbegriff verwendet, um eine Reihe konkreter Gewalt-Phänomene in ihrem Zusammenspiel mit Gewalt-Ordnungen zu untersuchen, darunter 1.) interaktive Gewalt (am Beispiel Ohrfeige), 2.) soziale Gewalt (Rassismus, ) 3.) sexuelle Gewalt (Vergewaltigung) und 4.) organisierte Gewalt ("genocidal rape").

(B) Die VO zielt darauf, (a) zentrale Aporien des Denkens über Gewalt (physisch vs. psychisch; instrumentell vs. sinnlos; natürlich-barbarische Her- bzw. Wiederkunft vs. kulturell-rationale Einhegung von Gewalt; kollektivistisch-holistische vs. individualisierende Erklärung von Gewalt; Naturalisierung vs. Kulturalisierung von Gewaltverhältnissen; Historisierung vs. Essentialisierung der Gewalt; etc.) kritisch zu hinterfragen, um (b) einen "erweiterten Gewaltbegriff" zu entwickeln, der die verschiedenen Formen von Gewalt als mit einander verflochtene Teile eines Phänomens zu verstehen erlaubt, um so (c) traditionelle Engführungen des (philosophischen) Diskurses über Gewalt kritisch zu korrigieren.
Das Ziel ist es, einen Überblick über die Entwicklung des philosophischen Diskurs über Gewalt zu geben, seine blinden Flecken zu bedenken und zu reflektieren, wie die Philosophie die Herausforderung eines zusehends interdidsziplinär verhandelten Themas produktiv aufzunehmen vermag. Grundlegende moral- und sozialphilosophische Kompetenzen zu einer eigenständigen Auseinandersetzung mit diesem ebenso umstrittenen wie philosophisch lange Zeit oft marginalisierten Phänomenbereich sollen so erarbeitet werden.

Korrektur/Klarstellung (10.8.23): Es handelt sich um eine nicht-prüfungsimmanente Lehrveranstaltung. Die einzelnen Sitzungen werden je ca. 60' Vortrag und 30' Diskussion umfassen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Es handelt sich um eine nicht-prüfungsimmanente Lehrveranstaltung in Form einer VO, die durch eine schriftliche Präsenzprüfung abgeschlossen werden kann. Hilfsmittel während der Prüfung sind nicht zugelassen.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff sind die in der Vorlesung präsentierten Inhalte, die über Moodle zugänglich gemacht werden (Textausschnitte; PPT-Folien; ausgewählte Sekundarliteratur).

(1) Mindestanforderung ist die basale Kenntnis der vermittelten Inhalte, die in Form von Verständnisfragen geprüft wird und in essayartiger Form dokumentiert werden soll.
Eine positive Bewertung der Prüfung wird erreicht, wenn die Fragen im Zeichen eines sinnerfassenden Verständnisses der Grundgedanken der Vorlesung beantwortet werden.
(2) Der zentrale Beurteilungsmaßstab orientiert sich an einem sinnerfassenden Verständnis der in der Vorlesung entwickelten Thematiken, Grundgedanken und Fragestellungen. Die Prüfungsleistung wird mit „sehr gut“ beurteilt, wenn die Kenntnisse des Prüfungsstoffes deutlich über das durchschnittliche Maß an Kenntnissen im Sinne wiedergebender Aneignung hinausreichen und eigenständige, argumentativ begründete Einsichten bzw. weiterführende Kritik eingebracht werden.

Quantitativ lässt sich der Beurteilungsmaßstab wie folgt spezifizieren: Aus drei Fragen (zwei allgemeinen, einer höher gewichteten, inhaltlich weiter ausgreifenden [NB: Es gibt keinen Lektüreschwerpunkt, da es sich um eine VO handelt, keine VO-L! Diese Fehlinformation wurde durch die Migration des Kurses "eingeschleust".]) können insgesamt 100 (30, 30 und 40) Punkte erzielt werden. Der entsprechende Notenschlüssel lautet: Sehr gut: 100-90; Gut: 89-81; Befriedigend: 80-71; Genügend: 70-60; Nicht genügend: 59-0 Punkte.

Prüfungsstoff

Die in der VO präsentierten Inhalte und die ausgewiesenen Haupttexte (zugänglich in Moodle) .

Literatur


Eine aktualisierte Literaturliste wird in Bälde zur Verfügung gestellt, dies ist eine erste Auswahl!

A.APPADURAI, Fear of small numbers: An essay in the geography of anger. Durham 2004
H. ARENDT, Macht und Gewalt, München 2000
C. BRUNNER, Epistemische Gewalt. Bielefeld: Transcript 2020.
J. BUTLER, Gefährdetes Leben. Politische Essays, Frankfurt/M. 2005
A. CAVARERO, Horrorism. Naming Contemporary Violence, New York 2009
M. CREPON, Murderous Consent: On the Accommodation of Violent Death. New York 2019
V. DAS et al. (Hg.), Violence and Subjectivity, Berkeley et al. 2000J. DERRIDA, Gesetzeskraft. der 'mystische Grund der Autorität'. Frankfurt 1991 [Teil I: 7-59]
F. FANON, Die Verdammten dieser Erde, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1981
J. GALTUNG, Strukturelle Gewalt, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1975
HIRSCH, Recht auf Gewalt? Spuren philosophischer Gewaltrechtfertigung nach Hobbes, München 2004.
B. LIEBSCH, Unaufhebbare Gewalt: Umrisse einer Anti-Geschichte des Politischen, Weilerswist 2015
A. MBEMBE, Politik der Feindschaft. Frankfurt/M. 2017
A. V. MURPHY, Violence and the Philosophical Imaginary, New York 2012
J.-P. REEMTSMA, Vertrauen und Gewalt. Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne, Hamburg 2008
H.-G. SOEFFNER, "Gewalt als Faszinosum", in: W. Heitmeyer & H.-G. Soeffner, Gewalt. Entwicklungen, Strukturen, Analyseprobleme, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2004, 62-85.
M. STAUDIGL (Hg.), Gesichter der Gewalt, Paderborn 2014
—, Phänomenologie der Gewalt, Dordrecht et al.: 2015
B. WALDENFELS, „Grenzen der Legitimierung die Frage nach der Gewalt“, in Der Stachel des Fremden, Frankfurt/M. 1990, 103-119
—, "Aporien der Gewalt", in Dabag, Kapust, Waldenfels (Hg.), Gewalt, op. cit., 9-24.
N. WHITEHEAD, "Violence and cultural order." Daedalus, Winter 2007: 40-50
M. WIEVIORKA, Die Gewalt, Hamburg 2007
S. ŽIŽEK, Gewalt. Sechs abseitige Reflexionen. Berlin 2011

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Do 07.03.2024 15:46