Universität Wien

180044 PS Amoralismus - Warum moralisch sein? (2022S)

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 45 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Die erste Einheit findet über Collaborate statt.

Donnerstag 10.03. 13:15 - 14:45 Digital
Freitag 18.03. 13:15 - 18:15 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Freitag 27.05. 13:15 - 18:15 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Samstag 28.05. 09:45 - 16:30 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Freitag 24.06. 13:15 - 18:15 Hörsaal 3B NIG 3.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Inhalte:
„‹Pfff!› machte Ivich. Sie schaukelte ein bißchen auf der Bank hin und her, sie sah einfältig und pausbäckig aus. Sie sagte spitzbübisch: ‹Moral ist mir schnuppe. Ganz schnuppe.›“ Was Jean-Paul Sartre in seinem Roman “Zeit der Reife“ der Jugendlichen Ivich in den Mund legt, wirft eine Vielzahl an grundlegenden Fragen auf: Warum sollen wir moralisch sein? Ist vieles in unserem moralischen Verhalten nicht nur Konvention und Konformismus? Und wenn ja, ist es dann gerade rational amoralisch zu handeln? Und wenn doch nicht, welche Überzeugungskraft haben denn moralische Argumente? Von Marquis de Sade über André Gide bis zu Oscar Wildes Dorian Gray zeigt sich die Faszination für den Typus des Amoralisten. Die Versuche seiner philosophischen Begründung aber sind weitaus älter: Schon in der Politeia lässt Platon seinen Bruder Glaukon durch den Mythos vom „Ring des Gyges“ dafür argumentieren, dass Macht generell korrumpiere und niemand sich der Versuchung entziehen könne, wenn sich eine Gelegenheit zum Machtmissbrauch biete. Es wird „[...] wohl keiner so charakterfest sein, daß er bei der Gerechtigkeit verharrte und es fertigbrächte, sich fremden Gutes zu enthalten und es nicht zu berühren […]“(360c), erklärt Glaukon darin. Ein Plädoyer also für den Amoralismus? Auch Philosophen wie Macchiavelli, Max Stirner oder Friedrich Nietzsche sowie Philosophinnen wie Ayn Rand oder Simone Weil stellen mit ihren amoralischen Ansätzen die Moralphilosophie bis heute vor grundlegende Herausforderungen. Oft wurde die Figur des Amoralisten aber auch als Vorlage zur rationalen Begründung von Moral verwendet, wie dies jüngst von Kurt Bayertz vorgenommen wurde. Wie überzeugend aber ist das und wie irrational ist der Amoralismus wirklich? Diesen und den oben aufgeworfenen Fragen will das Seminar anhand klassischer und neuerer Texte nachgehen.

Ziele:
- Ziel dieses Proseminars ist eine kritische Annäherung an den Amoralismus und die grundlegende Frage, die er provoziert: Warum moralisch sein?
- Darüber hinaus soll das Proseminar in grundlegende ethische Diskurse einführen, um welche der Amoralismus verschiedentlich kreist.

Methoden:
- Die Lehrveranstaltung wird aus der gemeinsamen Lektüre der Primärtexte, ihrer Diskussion sowie der konkreten gemeinsamen Erarbeitung ihrer jeweiligen Gehalte, Probleme und offenen Fragen bestehen, gerade auch für den eigenen Lebensvollzug.
- In diesem Sinne wird im Seminar eine Diskussions- sowie Denkkultur angestrebt, welche weder an Tiefsinn noch konkreter Involviertheit ermangeln soll.

Veranstaltungsdurchführung:
- Die Einführungsveranstaltung vom 10.03. wird über die Videoconferencing-Software Collaborate durchgeführt.
- Die vier Blöcke von März bis Juni indes sollen nach Möglichkeit “real“, d.h. als Präsenzunterricht stattfinden.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

- Die Modalitäten des Leistungsnachweises werden in der Einführungssitzung bekannt gegeben.

- Mit Ihrer Anmeldung stimmen Sie automatisch zu, dass Ihre schriftlichen Leistungen mittels Turnitin geprüft werden.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

- Anwesenheitspflicht (Absenz von maximal 3 Einheiten (ein Block))
- 1 schriftliche Reflexion (80% der Gesamtnote)
- Mündliche Beiträge (20% der Gesamtnote)

Prüfungsstoff

Literatur

- Georges Bataille: Das obszöne Werk. Rowohlt, 1988
- Charles Baudelaire: Les Fleurs du Mal/Die Blumen des Bösen. Französisch-Deutsch. Reclam. Stuttgart, 2021
- Kurt Bayertz: Warum überhaupt moralisch sein? C.H. Beck. München, 2014
- Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Katholisches Bibelwerk. Stuttgart 2017
- Emil Cioran: Dasein als Versuchung. Klett-Cotta, 2021
- André Gide, Der Immoralist. DTV, München, 1997
- R. M. Hare: Moralisches Denken. Seine Ebenen, seine Methode, sein Witz. Suhrkamp, Frankfurt 1992
- Sören Kierkegaard: Furcht und Zittern. DTV. München, 2005
- Nicolo Machiavelli: Il Principe/Der Fürst. Reclam. Stuttgart, 1986
- Bernard Mandeville: Bienenfabel Die Bienenfabel oder Private Laster, öffentliche Vorteile. Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1980
- Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse. Hrsg. Giorgio Colli und Mazzino Montinari. KSA5, DTV Verlag, 1999
- Friedrich Nietzsche: Zur Genealogie der Moral. Hrsg. Giorgio Colli und Mazzino Montinari. KSA5, DTV Verlag, 1999
- Platon: Gorgias. Werke in acht Bänden: Griechisch/Deutsch. Übersetz von Friedrich Schleiermacher, herausgegeben von Gunter Eigler. WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft). Darmstadt 2011
- Platon: Politeia. Werke in acht Bänden: Griechisch/Deutsch. Übersetz von Friedrich Schleiermacher, herausgegeben von Gunter Eigler. WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft). Darmstadt 2011
- Ayn Rand: Die Tugend des Egoismus: Eine neue Auffassung des Egoismus. TvR Medienverlag, Jena 2015
- Donatien Alphonse François de Sade: Justine oder die Leiden der Tugend. Insel, 2014
- Donatien Alphonse François de Sade: Juliette oder die Vorteile des Lasters. Ullstein, 2008
- Jean-Paul Sartre: Zeit der Reife. Rowohlt Taschenbuch Verlag. Reinbek bei Hamburg, 2011
- Max Stirner: Der Einzige und sein Eigentum. LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag, 2020
- Die Sophisten. Ausgewählte Texte. Thomas Schirren, Thomas Zinsmaier (Hrsg.), Griechisch/Deutsch. Reclam, 2003
- Bernard Willliams: Der Amoralist. In Bayertz: Warum moralisch sein. Paderborn: Schönigh, 2002, S.213-221
- Simone Weil: Die Verwurzelung. Vorspiel zu einer Erklärung der Pflichten dem Menschen gegenüber. diaphanes, Zürich 2011
- Oscar Wilde: Das Bildnis des Dorian Gray. Diogenes, 1996

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Do 11.05.2023 11:27