Universität Wien

180047 SE Franz Kafka: Das Schloss (2021S)

Philosophische und pychoanalytische Diskurse über Konstruktionen des Selbst, der Geschlechter, der Gesellschaft

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung
DIGITAL

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Onlinetermin per Zoom (Link auf Moodle): Mo 13:15 Uhr - 14:45 Uhr

Montag 08.03. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 15.03. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 22.03. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 12.04. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 19.04. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 26.04. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 03.05. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 10.05. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 17.05. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 31.05. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 07.06. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 14.06. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 21.06. 13:15 - 14:45 Digital
Montag 28.06. 13:15 - 14:45 Digital

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Franz Kafka ist kein genuin philosophischer Autor, gleichwohl hat er sich zuweilen mit Philosophie beschäftigt. Vor allem aber ist er ein Autor, der nicht nur SchriftstellerkollegInnen sondern auch PhilosophInnen stark anzieht. Unter anderem mit psychoanalytischen Schriften Freuds hat sich Kafka beschäftigt, wenngleich er für die Psychologie - wie er einmal notierte - nicht viel übrig hatte. Auch hier gilt, Kafka ist ein Autor, der für PsychoanalytikerInnen höchst attraktiv ist. Das sind die Spuren, auf denen sich diese Lehrveranstaltung Kafkas unvollendetem Roman Das Schloss annähern wird. Grundlage der gemeinsamen Lektüre ist die 2018 im Stroemfeld/Wallstein-Verlag erschienene, von Roland Reuß besorgte neue Edition des Werkes, die sich klar von dem Roman absetzt, den Franz Kafkas Freund Max Brod 1926, also 2 Jahre nach Kafkas Tod, publizierte. Die Stroemfeld/Wallstein-Edition ediert die in sechs Heften überlieferten Manuskripte in einem Faksimiledruck, begleitet von einer diplomatischen Umschrift.
Auf philologischer Ebene werden wir uns mit der Differenz der Werkeditionen und Werkkonstitutionen beschäftigen, die zugleich eine Differenz der Inhalte ist. Es wird sich zeigen, nicht nur Texte werden je nach Intentionen konstruiert. Unser Leben selbst ist nicht nur, stets aber auch eine Konstruktion. Philosophische Strömungen zeigen seit jeher wenigstens implizit die konstruierten Elemente unserer kulturellen Welten auf. Eindrücklich manifest wurde das mit Kants berühmter kopernikanischer Wende, mit den Konstruktionen von Selbst und Gesellschaft durch Autoren wie Fichte, Hegel, aber auch Nietzsche oder Husserl. Psychoanalyse, ob nun als Selbsterkundung oder als psychische Kur angelegt, legt all jene Selbst- und Fremderwartungen frei, die sich durch Anpassungen und Störungen manifestieren.
Kafka ist bekannt als ein Autor, der verstörende Lebensbilder des Menschen entwirft, in einer Sprache, die von höchster Kraft, Eleganz, Musikalität und Direktheit ist. Anziehung und Abstoßung gehen Hand in Hand beim Lesen von Kafkas Werken. Warum lesen Generationen von Intellektuellen, Studierenden und Schülern Kafkas Werke? Vielleicht gerade deshalb, weil er seine LeserInnen sehen macht, was man bei den anderen, dem Fremden zu sehen zulässt, bei sich selbst aber nicht wähnt, von sich ausschließt. Ein klassischer Fall von Verdrängung des dynamisch Unbewussten, das Freud zuerst theoretisch für seien LeserInnen und praktische für seine PatientInnen vor Augen geführt hat.
In der Lehrveranstaltung ist eine Lektüre auf zwei Ebenen geplant: einerseits der Gang durch die sechs Hefte des überlieferten Schloss-Fragments und andererseits eine Lektüre verschiedenster philosophischer und psychoanalytischer Kommentare zu Kafka von bedeutenden AutorInnen wie Adorno, Balint, Canetti, Deleuze/Guattari, Kertész, Sartre, Stach sowie Werke und Werkausschnitte, die Kafkas Denkwege zu erschießen helfen, darunter von Beauvoir, Freud, Nussbaum.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Regelmäßige aktive Teilnahme an der gemeinsamen Lektüre des Texts von Kafka und der anderen AutorInnen, die für jede Stunde vorgesehen sind und den Diskussionen; ferner sind Kurzreferate zu den für jede Stunde ausgewählten Texten, je nach TeilnehmerInnenzahl, in kleinen Gruppen verpflichtend vorgesehen.
Über diese Mindestanforderungen hinaus kann mit einer schriftlichen Hausarbeit (ggf. anschließend an das Referat) von ca. 15 Seiten die Note verbessert werden (sofern diese den Vorgaben entspricht, die auf Moodle bekanntgegeben werden); möglich ist auch eine Bachelorarbeit.

Die Lehrveranstaltung wird vermutlich in hybrider Form mit Onlinekonferenzen und, sobald möglich, mit Präsenzsitzungen durchgeführt werden.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Regelmäßige aktive Teilnahme an der gemeinsamen Lektüre des Texts von Kafka und der anderen AutorInnen, die für jede Stunde vorgesehen sind und den Diskussionen; ferner sind Kurzreferate zu den für jede Stunde ausgewählten Texten, je nach TeilnehmerInnenzahl, in kleinen Gruppen verpflichtend vorgesehen.

Prüfungsstoff

Literatur

Kafka, Franz: Das Schloss. Historisch-Kritische Ausgabe sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte. Herausgegeben von Roland Reuß und Peter Staengle. Stroemfeld Verlag, Frankfurt am Main und Basel 2018, ISBN 978-3-86600-119-0.

Kafka, Franz: Das Schloss. In: Franz Kafka: Schriften, Tagebücher. Kritische Ausgabe. Hrsg. von Malcolm Pasley, Fischer Taschenbücher, 2002, 7–495, ISBN 3-596-15700-5.
Kafka, Franz: Das Schloss. Roman. Kurt Wolff, München 1926. [u.a. Reprint Stroemfeld/Wallstein]

Adorno, Theodor W.: Aufzeichnungen zu Kafka. In: Ders., Kulturkritik und Gesellschaft, I, Gesammelte Schriften, 10,1, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2003, 254–287.
Anders, Günther: Kafka. Pro und Contra. Die Prozeß-Unterlagen. München (C.H. Beck) 1963.
Arendt, Hannah: Die verborgene Tradition: Franz Kafka. Der Mensch mit dem guten Willen; Franz Kafka. In: Sechs Essays, 76–85 und 97–111; Franz Kafka. A Revaluation. Franz Kafka: The Man of Goodwill. Erstveröffentlichungen, 174–183; 196-203. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 3, Göttingen (Wallstein) 2019.
Balint, Benjamin: Kafkas letzter Prozess. Aus dem Englischen von Anne Emmert. Berlin (Berenberg) 2019.
Beauvoir, Simone de: Le Deuzième Sexe. Das andere Geschlecht. 1949.
Canetti, Elias: Prozesse. Über Franz Kafka. Im Auftrag der Canetti Stiftung. Hrsg. von Susanne Lüdemann und Kristian Wachinger. München (Hanser) 2019. Darin enthalten: Ein Aufsatz über die Briefe zw. Felice Bauer und Franz Kafka sowie „Proust – Kafka – Joyce“ (1948).
Deleuze, Gilles, Guattari, Félix: Kafka: Pour une Litterature Mineure. Für eine kleine Literatur. Paris 1975.
Derrida, Jacques: La différance. In: Marges – de la philosophie, Paris, Les Éditions de Minuit, 1972.
Derrida, Jacques: Die différance. In: Derrida, Jacques: Randgänge der Philosophie. Hrsg. von Petr Engelmann, Wien 1988, 29–52.
Freud, Sigmund: Der Witz und seine Beziehungen zum Unbewussten (1905). In: Freud, Sigmund: Studienausgabe Bd. 4. Psychologische Schriften. Frankfurt am Main 1970, 2–219.
Goldschmidt, Georges-Arthur: Meistens wohnt der den man sucht nebenan. Kafka lesen. Aus dem Französischen von Brigitte Große. Frankfurt am Main (Fischer) 2010.
Kertész, Imre: Galeerentagebuch. Aus dem Ungarischen von Kristin Schwamm. Reinbek bei Hamburg (Rowohlt) 1999.
Lacan, Jacques: Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten oder die Vernunft seit Freud,
in: Schriften II, hrsg. v. Norbert Haas, Freiburg 1975, 15–61.
Lacan, Jacques: Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse, in:
Schriften I, hrsg. v. Norbert Haas, Berlin 1996, 71–171.
Lacan, Jacques: Das Seminar von Jacques Lacan, Band 11. Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse. Olten u. a. 1978.
Nussbaum, Martha: Sex & Social Justice. Oxford University Press, New York/Oxford 1999.
Nussbaum, Martha: Konstruktion der Liebe, des Begehrens und der Fürsorge. Drei philosophische Aufsätze, übersetzt von Joachim Schulte, Reclams Universal-Bibliothek 18189, Reclam, Stuttgart 2002 (enthält drei der fünfzehn Aufsätze des engl. Originals: Die feministische Kritik des Liberalismus / The Feminist Criticism of Liberalism, Verdinglichung / Reification und Konstruktion der Liebe, des Begehrens und der Fürsorge / Construction of Love, Desire, and Care).
Mitscherlich-Nielsen, Margarete: Psychoanalytische Bemerkungen zu Franz Kafka, in: Psyche: Zeitschrift für Psychoanalyse und ihre Anwendungen (1977), 60–83.
Sartre, Jean-Paul: Qu‘est-ce que la littérature? (1947) Was ist Literatur?
Sartre, Jean-Paul: Die Abrüstung der Kultur. Rede auf dem Weltfriedenskongreß in Moskau vom 9. bis 14. Juli 1962.
Sartre, Jean-Paul: Un bilan, un prélude, in: Esprit 329, Juli 1964. Bilanz und Vorspiel für einen Dialog zwischen den Schriftstellern in Ost und West. Rede auf dem Leningrader Schriftsteller-Colloquium „Der zeitgenössische Roman“ vom 5. bis 8. August 1963.
Sartre, Jean-Paul: Sartre parle …, Interview mit Yves Buin, Clarté, März/April 1964.
Stach, Reiner: Kafka. Die Jahre der Erkenntnis. Frankfurt a.M. 2008

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Fr 12.05.2023 00:18