Universität Wien

180100 SE Gewalt als philosophisches Problem (2021W)

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung
DIGITAL

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Änderung 03.01.2022: Aufgrund der aktuellen Covid-Verordnungen werden die letzten 3 Einheiten digital abgehalten.

Änderung 22.11.2021: Aufgrund der aktuellen Covid-Verordnungen wird die LV vorerst bis Ende 2021 auf digital umgestellt!

Donnerstag 14.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Donnerstag 21.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Donnerstag 28.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Donnerstag 04.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Donnerstag 11.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Donnerstag 18.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Donnerstag 25.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3B NIG 3.Stock
Donnerstag 02.12. 11:30 - 13:00 Digital
Donnerstag 09.12. 11:30 - 13:00 Digital
Donnerstag 16.12. 11:30 - 13:00 Digital
Donnerstag 13.01. 11:30 - 13:00 Digital
Donnerstag 20.01. 11:30 - 13:00 Digital
Donnerstag 27.01. 11:30 - 13:00 Digital

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Inhaltlich besehen setzt die LV es sich zur Aufgabe, Gewalt als ein genuin philosophisches Problem zu reflektieren. Ihr Ziel besteht darin, zentrale philosophische und insbesondere auch ethische Fragestellungen, die i.R. aktueller Auseinandersetzungen mit dem Gewaltproblem auftreten, in deren Rahmen jedoch vielfach unaufgelöst verbleiben, systematisch ans Licht zu bringen und kritisch zu reflektieren.
Im Zentrum des SE stehen zwei Fragen: Erstens die Frage danach, wie Gewalt, die die Ökonomie des Sinnes und Verstehens offenbar unterbricht und möglicherweise zerstört, überhaupt thematisiert werden kann: Lässt sich Gewalt sinnhaft auslegen und explizieren, oder bleibt sie – wie Phänomene exzessiver und sog. "sinnloser" Gewalt suggerieren – letztlich stets ein Fremdkörper in rationalen bzw. normativen Ordnungen diskursiven Verstehens, dessen Verständlichmachung möglicherweise einer Rationalisierung in die Hände spielt?
Dass Gewalt in menschlichen Sinnordnungen als — mindestens potenzielle — Drohung der Unordnung bzw. legitime „Gegengewalt“ gleichwohl (immer schon) impliziert ist, dass sie also ein Phänomen „einschließender Ausschließung“ darstellt, das für das Funktionieren sozialer und politischer Ordnungen konstitutiv ist, weist entsprechend in eine andere Fragerichtung: die der Rationalisierung, Funktionalisierung und Normalisierung von Gewalt im Zeichen der Genese und Erhaltung von sozialen, gesellschaftlichen und v.a. auch globalen Ordnungen, Institutionen und Diskursen.

Die LV setzt es sich zum Ziel, das damit angezeigte Zusammenspiel von „Nicht-Sinn“ und „Sinn“ der Gewalt sowohl theoretisch-systematisch als auch praktisch im Rahmen einer Analyse verschiedener Gewaltformen und ihres Zusammenspiels herauszuarbeiten. Fokussiert werden dazu verschiedene Formen der Gewalt; offengelegt wird ihr oft unsichtbares Zusammenspiel und reflektiert soll werden, wie die Einsicht in das Zusammenspiel der verschiedenen Gesichter der Gewalt theoretisch den philosophischen Diskurs herausfordert und was dies praktisch für unseren Umgang mit Gewalt bedeutet.
Übergreifendes Ziel des SE ist es folglich, das Zusammenspiel verschiedener Gewaltformen zu analysieren und zentrale Aporien des philosophischen Diskurses über Gewalt kritisch zu durchdenken, um solcherart eine philosophisch sensibilisierte Reflexion auf Phänomene der Gewalt zu entwickeln.

In methodischer Hinsicht wird eine phänomenologische Beschreibung verschiedener Formen von Gewalt angewandt. Zurückgegriffen wird dabei auf verschiedene textuelle Genres wie auch andere Medien, in den sich die Repräsentation von Gewalt vollzieht - und zusehends an ihre Grenzen stößt. Aktuelle Einsichten der interdisziplinären Gewaltforschung sollen dementsprechend als Herausforderung und mögliches Korrektiv herangezogen werden, um Aporien, in die sich der philosophische Diskurs über Gewalt traditionell allzu leicht verstrickt hat, zu dekonstruieren.

Thematische Schwerpunkte:

TBA

Zum Aufbau des Seminars:

1. Einheit: Einleitung und Formalia;
2.-4. Einheit: Diskussion von Basistexten (vorab vorzubereiten; Abgabe schriftlicher Lektürereflexionen, je 2p. max.);
5.- 12. Einheit: Präsentation je einzelner Themenschwerpunkte (s.o.), die in Gruppenarbeit (je zu dritt, max. 1 Gruppe zu viert) vorzubereiten sind;
13. Einheit: Zusammenfassung, Abschlussreflexionen und Ausblick

Hinweis zum Ablauf des Seminars:

Es ist geplant, dass die Lehrveranstaltung vor Ort stattfinden soll (Präsenzveranstaltung unter Einhaltung der 3G-Regeln). Falls aufgrund von Covid-19 (verschärfte) Abstandsregeln und Sitzplatzbeschränkungen zur Anwendung gebracht werden müssen, wird die Lehrveranstaltung hybrid durchgeführt (alternierend ist eine Gruppe vor Ort im Hörsaal anwesend und die andere online zugeschalten).

Änderung 22.11.2021: Aufgrund der aktuellen Covid-Verordnungen wird die LV vorerst bis Ende 2021 auf digital umgestellt!

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Die Beurteilung erfolgt im Zeichen der erbrachten schriftlichen Teilleistungen und der mündlichen Mitarbeit und Aktivitäten:

- regelmäßige Anwesenheit (max. 2 Fehlstunden; das unentschuldigte Fehlen in der ersten Sitzung führt zur Abmeldung von der LV) (ggf. in den online-BBB-Online-Meetings, falls die Infektionslage es nötig machen sollte);
- aktive Mitarbeit in der Vorbereitung und im Plenum (ggf. im online-Forum);
- eigenständige Lektüre und inhaltliche Aufbereitung der Basistexte (3 Lektürereflexionen in den Einheiten 2-4);
- mündliche Präsentation von Texten (Referat i.R. einer Gruppenpräsentation);
- Verfassen einer schriftlichen Seminararbeit unter Einbeziehung eigenständiger Forschungs- und Recherchearbeit;
- mündliche Nachbesprechung der Arbeiten

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Die Beurteilung erfolgt in folgender Weise:
- Vorbereitung der Basistexte (20)
- aktive Mitarbeit (20)
- Akkordierte Präsentation von Texten des jeweiligen Themenschwerpunkts (20)
- Verfassen einer SE-Arbeit zu einem behandelten Themenschwerpunkt oder einem Teil eines solchen (35)
- Nachbesprechung der Seminararbeit (5)

Ergänzung vom 9.12021: Die Notengebung bezieht folgende Kriterien ein: a) Exzerpte der Basistexte: 15 Punkte; Referat: 20 Punkte; Seminararbeit: 50 Punkte; Aktive Mitarbeit: 15 Punkte. Der Beurteilungsmaßstab ist folgendermaßen gestaltet: Sehr gut: 100-90 Punkte; Gut: 89-80 Punkte; Befriedigend: 790-70 Punkte; Genügend: 69-60 Punkte; Nicht genügend: 59-0 Punkte.

Prüfungsstoff

Die LV ist prüfungsimmanent. Die Kenntnis des behandelten Stoffes wir daher über die Erbringung der o.g. Teilleistungen evaluiert.

Literatur

Eine breite Selektion an relevanter Literatur wird zu Semesteranfang per Moodle zur Verfügung gestellt:

G. AGAMBEN, Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt/M. 2002
A.APPADURAI, Fear of small numbers: An essay in the geography of anger. Durham 2004
H. ARENDT, Macht und Gewalt, München 2000
A. Blok, „The Enigma of Senseless Violence“, in: G. Aijmer, J. Abbink (Hg.): Meanings of Violence. A Cross Cultural Perspective. Oxford & New York 2000, 23-38
C. BRUNNER, Epistemische Gewalt. Bielefeld: Transcript 2020.
J. BUTLER, Gefährdetes Leben. Politische Essays, Frankfurt/M. 2005
A. CAVARERO, Horrorism. Naming Contemporary Violence, New York 2009
M. CREPON, Murderous Consent: On the Accommodation of Violent Death. New York 2019
V. DAS, A. KLEINMAN, M. RAMPHELE (eds.), Violence and Subjectivity, Berkeley et al. 2000
P. DELHOM, "Verletzungen", in: Dabag, Kapust, Waldenfels (Hg.), Gewalt, op. cit., 279-96.
J. DERRIDA, Gesetzeskraft. der 'mystische Grund der Autorität'. Frankfurt 1991 [Teil I: 7-59]
—, Schurken. Zwei Essays über die Vernunft. Frankfurt/M. 2006.
F. FANON, Schwarze Haut, weiße Masken, Frankfurt/M: 1980.
—, Die Verdammten dieser Erde, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1981
P. FARMER, 2004. An anthropology of structural violence. Current Anthropology 45/3(2004): 305–317.
J. GALTUNG, Strukturelle Gewalt, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1975
B. GOLDSTONE, “Secularism, ‘religious violence,’ and the liberal imaginary”, in: M. Dressler & A.-P. S. Mandair (Hg.). Secularism and Religion-Making. Oxford 2011, 104-124.
S. K. HERRMANN, S. KRÄMER, & H. KUCH (Hg.),, Verletzende Worte. Die Grammatik sprachlicher Misachtung, Bielefeld 2007.
HIRSCH, Recht auf Gewalt? Spuren philosophischer Gewaltrechtfertigung nach Hobbes, München 2004.
HONNETH., „Integrität und Missachtung. Grundmotive einer Moral der Anerkennung.“ Merkur. Zeitschrift für europäisches Denken 44. JG (Dez. 1990), 1043-1054
R. KING. “The association of ‘religion’ with violence: reflections on a modern trope.” In Religion and Violence in South Asia, ed. J. R.Hinnells & R.King, London & New York 2007, 214-42
A. KLEINMAN, „The Violences of Everyday Life. The Multiple Forms and Dynamics of Social Violence,” in: V. Das et al. (Hg.), Violence and Subjectivity, Berkeley et al. 2000, 226-241
B. LIEBSCH,, Unaufhebbare Gewalt: Umrisse einer Anti-Geschichte des Politischen, Weilerswist 2015
M. LORENZ, „Physische Gewalt – ewig gleich? Historische Körperkontexte contra absolute Theorien“, in: Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit 4. JG/2 (2004), 9-24
A. MBEMBE, Politik der Feindschaft. Frankfurt/M. 2017
A. V. MURPHY, Violence and the Philosophical Imaginary, New York 2012
K. OLIVER, Women as Weapons of War. Iraq, Sex, and the Media. New York 2007
J.-P. REEMTSMA, Vertrauen und Gewalt. Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne, Hamburg 2008
H.-G. SOEFFNER, "Gewalt als Faszinosum", in: W. Heitmeyer & H.-G. Soeffner, Gewalt. Entwicklungen, Strukturen, Analyseprobleme, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2004, 62-85.
S. SPRINGER, "The violence of neoliberalism", in In. S. Springer, K. Birch, & J. MacLeavy (Hg.), The Handbook of Neoliberalism, New York: Routledge 2016, 153-63.
M. STAUDIGL (Hg.), Gesichter der Gewalt, Paderborn 2014
—, Phänomenologie der Gewalt, Dordrecht et al.: 2015
B. WALDENFELS, „Grenzen der Legitimierung die Frage nach der Gewalt“, in Der Stachel des Fremden, Frankfurt/M. 1990, 103-119
—, "Aporien der Gewalt", in Dabag, Kapust, Waldenfels (Hg.), Gewalt, op. cit., 9-24.
N. WHITEHEAD, "Violence and cultural order." Daedalus, Winter 2007: 40-50
—, "Divine Hunger, The Cannibal War Machine." (available at the internet: https://www.academia.edu/701130/Divine_Hunger_-_The_Cannibal_War_Machine. Zugriff 15.01.2019) (Spanish print version: Hambre divina: la máquina de guerra caníbal. Mundo Amazónico 4(2013):7-30.
M. WIEVIORKA, Die Gewalt, Hamburg 2007
S. ŽIŽEK, Gewalt. Sechs abseitige Reflexionen. Berlin 2011

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Sa 08.07.2023 00:17