Universität Wien
Achtung! Das Lehrangebot ist noch nicht vollständig und wird bis Semesterbeginn laufend ergänzt.

180102 VO-L Ökonomie der Beziehungen (2015S)

Zur Ethik einer immateriellen Ressource

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie

Details

Sprache: Deutsch

Prüfungstermine

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Mittwoch 11.03. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 18.03. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 25.03. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 15.04. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 22.04. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 29.04. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 06.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 13.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 20.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 27.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 03.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 10.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 17.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
  • Mittwoch 24.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Beziehungen werden von uns als Gut eingestuft, das es uns ermöglicht, berufliche und private Ziele zu verfolgen und umzusetzen. Insofern stellen sie eine Ressource dar. Doch unterliegen Beziehungen nicht nur der Wahlfreiheit im Sinne eines rationalen Entscheidungsaktes, wie ihn die Ökonomie modelliert. Beziehungen sind nicht nur Mittel zum Zweck, d.h. wir bewerten sie nicht nur hinsichtlich ihres potenziellen oder tatsächlichen Nutzens für uns. Sie sind meist auch mit Verpflichtungen verbunden und stellen oft einen Wert an sich, ein Ziel dar. In der Interaktion mit anderen Menschen machen wir Prozesse des Wachstums und des Lernens durch, die nicht auf Kategorien wie "Vorteil" oder "Gewinn" zurückzuführen sind.

In der Vorlesung soll es darum gehen, menschliche Beziehungen im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Moral zu betrachten. Wie weit ist es möglich, in Beziehungen zu geben, ohne etwas zurückzuverlangen, oder handeln wir immer im Sinne der Entsprechung von Geben und Nehmen? Bedeutet die Suche nach "Wechselseitigkeit", dass "jeder auf seine Rechnung" kommt, oder verbergen sich hinter diesem Anspruch moralische Prinzipien? Was bedeutet es, wenn behauptet wird, man kann bzw. soll in Beziehungen investieren? Was versprechen wir uns von Beziehungen, welche Verpflichtungen gehen wir anderen gegenüber ein? Wann erfahren wir Beziehungen als Ermöglichung, wann als Einschränkung von Handlungen? Welcher Aufwand an emotionaler und rationaler Zuwendung ist im Rahmen von Beziehungen gerechtfertigt, und was bedeutet es im ökonomischen und moralischen Sinn, Grenzen zu ziehen? Antworten auf diese Fragen werden anhand einer Reihe von Texten gesucht, die mit konkreten Reflexionsfragen und -aufgaben verbunden werden.

(1) Zunächst wird in die Thematik der Beziehung aus philosophischer Sicht eingeführt, anhand der beiden Freundschaftsbücher der Nikomachischen Ethik sowie einiger aktueller moralphilosophischer Aufsätze. Welche Normen liegen Beziehungen zugrunde, was macht sie besonders wertvoll? Was bedeutet es, in Beziehungen moralisch zu wachsen? Und wie ist es möglich, soziale Verpflichtungen in einer Gesellschaft zu leben, in der der Individualismus einen hohen Stellenwert einnimmt?

(2) Dann wenden wir uns der sozio-ökonomischen Perspektive auf Beziehungen zu, unter Rückgriff auf Thematiken wie der Wechselseitigkeit, des sozialen Tauschs und des sozialen Kapitals. Auch hier geht es um die Balance von individuellem Nutzen und Neigungen und der Frage, welchen Beitrag das Individuum in Gruppen, Netzwerken und Gemeinschaften leisten muss, um Beziehungen als Ressource nutzen zu können.

(3) Im nächsten Teil steht die Frage im Vordergrund, wie eine soziale Praxis aussehen kann, die auf Vertrauen und auf der gemeinsamen Herstellung und Verwaltung von immateriellen Gütern beruht. Wie müssen Beziehungen gestaltet werden, damit durch sie instrumentelle Aspekte und intrinsische Werte vereint werden können?

(4) Im letzten Teil werden diese Modelle anhand konkreter Formen der "Governance", also des Lebens von Kooperation, Regeln und gemeinsamer Sinnstiftung veranschaulicht werden. Was bedeutet "soziale Produktion" in Zeiten der virtuellen Netzwerke? Wie ist es um intrinsische Werte und Einstellungen bestellt, wenn sie immer mehr zum Bestandteil des ökonomischen Handelns werden? Und welche Regeln braucht es, um ein gemeinsames Verständnis von einer Sache zu entwickeln? Welche Ängste werden heutzutage mit Beziehungen assoziiert, und wie "berechtigt" ist es, Freundschaft, Liebe und berufliche Netzwerke immer marktförmiger über die verschiedensten Plattformen und Börsen zu gestalten?

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Die Leistungskontrolle erfolgt in Form einer mündlichen Prüfung. Voraussetzung für das Ablegen der Prüfung ist die Lektüre aller in der LV besprochenen Texte. Die Prüfungsinhalte im Einzelnen werden am Ende der LV über einen detaillierten Fragenkatalog festgelegt.
Alternativ dazu kann auch - nach Rücksprache mit dem LV-Leiter - die schriftliche Ausarbeitung diverser Reflexionsfragen, die im Lauf der VL behandelt werden, als Grundlage für die Leistungsbeurteilung herangezogen werden.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Ziel der LV ist es, auf der Basis der behandelten Texte und über die Erarbeitung von Reflexionsmethoden die Kompetenz zu entwickeln, eine Zeitdiagnose zum Stellenwert von Beziehungen in der heutigen Ökonomie und in verschiedenen soziokulturellen Feldern mit grundlegenden Begriffen, Fragestellungen und Analyseweisen zu verbinden.

Prüfungsstoff

Die Inhalte werden vom LV-Leiter jeweils erarbeitet und vorgetragen und auch in Form eines Skriptums auf der Moodle-Plattform zur Verfügung gestellt. Die besprochenen Texte werden ebenfalls auf der Plattform bereitgestellt. Innerhalb der LV wird es nach Maßgabe der Möglichkeiten immer wieder Gelegenheit geben, in Form von Reflexionen zu gezielt formulierten Fragen bzw. in Kleingruppengesrpächen die Inhalte der LV zu diskutieren.

Literatur

(1)
- Aristoteles (1997) Nikomachische Ethik, Stuttgart, Reclam. (Bücher VIII und IX)
- Schulz, P. (2000) Freundschaft bei Platon und Aristoteles, Freiburg/München, Alber (Ausschnitte).

- Blum, L. (2003) "Personal Relationships" in Frey/Wellman (Hg.) A Companion to Applied Ethics, Malden/Oxford, Blackwell, S. 512-524.
- Friedman, M. (2008) "Freundschaft und moralisches Wachstum", in Honneth (Hg.) Von Person zu Person. Zur Moralität persönlicher Beziehungen, Frankfurt a. M., Suhrkamp, S. 148-167.
- Vetlesen, A. J. (2008) "Freundschaft in der Ära des Individualismus" in Honneth (Hg.) Von Person zu Person, S. 168-207.

(2)
- Blau, P. M. (2005) "Sozialer Tausch", in Adloff/Mau (Hg.) Vom Geben und Nehmen, Frankfurt a. M., Campus, S. 125-137.
- Coleman, J. S. (1995) "Soziales Kapital", in Grundlagen der Sozialtheorie 1, München, Oldenbourg, S. 389-417.
- Moldaschl, M. (Hg.) (2007) "Kapitalarten, Verwertungsstrategien", Nachhaltigkeit, in Immaterielle Ressourcen, München, Hampp, S. 81-116.

(3)
- Baier, A. C. (2009) "Dinge mit anderen tun: die mentale Allmende", in Schmid/Schweikard (Hg.) (2009) Kollektive Intentionalität, Frankfurt a. M., Suhrkamp, S. 230-266.
- Hartmann, M. (2011) Die Praxis des Vertrauens, Frankfurt a. M., Suhrkamp (Ausschnitte).
- Arendt, H. (1967) Vita activa, München, Piper (Ausschnitte).
- Virno, P. (2005) Grammatik der Multitude, Wien, Turia+Kant (Ausschnitte).

(4)
- Benkler, Y. (2006) "The Economics of Social Production" in The Wealth of Networks, New Haven, Yale University Press, S. 91-132.
- Bude, H. (2014) "Die Sehnsucht nach einer unkündbaren Beziehung", in Gesellschaft der Angst, Hamburg, Hamburger Edition, S. 28-38.
- Illouz, E. (2004) "Romantische Netze", in Gefühle in Zeiten des Kapitalismus, Frankfurt a. M., Suhrkamp, S. 115-167.
- Ostrom, E. (1999) Die Verfassung der Allmende, Tübingen, Mohr Siebeck (Ausschnitte).

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA M 12, EC 2.3, 57.3.6

Letzte Änderung: Sa 10.09.2022 00:19