Universität Wien

180115 SE Philosophie der Sozialwissenschaften in historischer Perspektive (2018S)

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

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Das Seminar wird von zwei im Sommersemester stattfindenden Veranstaltungen begleitet:
- 13./14. April 2018: Internationaler Workshop zum Thema „A Science of Society? Controversies over the Possibility of Social-Scientific Knowledge around 1900“ (organisiert von Prof. Kusch und Prof. Nemeth).
- 6. Juni 2018, 17:15 Uhr: Vortrag von Prof. Éric Brian (École des Hautes Études en Sciences Sociales, Centre Maurice Halbwachs, Paris) zu den Beziehungen der Sozialwissenschaften zu ihrer Geschichte, im Kolloquium des FWF-Doktoratskollegs „The Sciences in Historical, Philosophical and Cultural Contexts“.
Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen ist nicht verpflichtend, kann aber als Zusatz- oder Ersatzleistung fungieren (Protokoll).

Mittwoch 07.03. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 14.03. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 21.03. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 11.04. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 18.04. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 25.04. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 02.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 09.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 16.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 23.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 30.05. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 06.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 13.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 20.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Mittwoch 27.06. 09:45 - 11:15 Hörsaal 3F NIG 3.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Worin besteht die „Wissenschaftlichkeit“ der Sozialwissenschaften? Was unterscheidet sie von den Naturwissenschaften? Suchen sie, den Naturwissenschaften vergleichbar, nach allgemeinen Gesetzen, die menschliches Handeln in Gesellschaft erklären? Oder streben sie – in prinzipiellem Gegensatz zu den Naturwissenschaften – nach einem kontextsensitiven, am Einzelfall orientierten Verstehen? Welche Position nehmen sie dabei im Verbund der Disziplinen ein? Und welches Verhältnis unterhalten sie zur Philosophie? Diese Fragen – häufig zugleich in einem deskriptiven und normativen Sinn gestellt – wurden im Zuge der Etablierung der Sozialwissenschaften im 19. Jahrhundert intensiv diskutiert. Wirft man einen Blick auf geläufige Begrifflichkeiten in der Philosophie und Methodologie der Sozialwissenschaften, haben sie scheinbar nichts von ihrer Aktualität verloren. Nach wie vor strukturieren aus diesen Debatten stammende Oppositionen (etwa Naturwissenschaften/Geisteswissenschaften, natural sciences/moral sciences, sciences/lettres, Erklären/Verstehen etc.) den Diskurs.
Das Seminar will die philosophisch-methodologischen Diskussionen rund um die Positionsbestimmung der Sozialwissenschaften (insbesondere der Soziologie) durch unterschiedliche historische und nationale Konstellationen im Zeitraum von etwa 1830 bis 1930 verfolgen. Wie wurde die Möglichkeit einer umfassenden Wissenschaft von Gesellschaft in unterschiedlichen nationalen Kontexten (Frankreich, England, Deutschland) mit ihren unterschiedlich strukturierten akademischen Räumen bewertet? Welche Rolle spielten dabei Referenzdisziplinen wie die Naturwissenschaften, die Geschichte oder die Philosophie? Über solche und ähnliche Fragen soll im Seminar eine Historisierung der Vorbild- bzw. Abgrenzungsfunktion der Naturwissenschaften für die Sozialwissenschaften und letztlich eine Historisierung geläufiger klassifikatorischer Schemata (wie „Naturwissenschaften“, „Geisteswissenschaften“, „Sozialwissenschaften“ etc.) unternommen werden.
Die Lehrveranstaltung nähert sich den genannten Themen in mehreren thematischen Blöcken: (1) Frühe Konzeptionen von „Soziologie“ in Frankreich und England (Comte, Mill, Spencer); (2) Debatten zur Klassifikation der Wissenschaften, insbesondere im deutschen Neukantianismus (Dilthey, Simmel, Windelband, Rickert, M. Weber); (3) Durkheims Konzeption der Soziologie als „positiver Wissenschaft“ in Frankreich und die Kontroversen um das Verhältnis von Soziologie und Psychologie (Debatten mit Simmel und Tarde); (4) die Nachwirkungen dieser Diskussionen im Streit um die Möglichkeit einer soziologischen Theorie von Erkenntnis und Wissen in Frankreich und Deutschland. Das Seminar bietet so eine Gelegenheit, kaum oder wenig gelesene historische Texte, die die heutigen Debatten nachhaltig beeinflusst haben, zu diskutieren, in ihren jeweiligen Kontext zu stellen und auf ihre Aktualität zu untersuchen.

Über wöchentliche Lektüren, Textkommentare und Referate erwerben die Studierenden (1) Bekanntschaft mit einigen grundlegenden Debatten in der Philosophie der Sozialwissenschaften und ihrer Genese; (2) ein historisches Verständnis der Disziplinenbeziehungen zwischen Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften und Philosophie in mehreren nationalen Kontexten; (3) die Fähigkeit zur Kontextualisierung gegenwärtiger Debatten und zu einem reflektierten Gebrauch der darin verwendeten Begrifflichkeiten.

Zielgruppe der Lehrveranstaltung sind Studierende der Philosophie oder des Masterstudiums History and Philosophy of Science, die sich für Wissenschaftsphilosophie, Wissenschaftsgeschichte oder Philosophie der Sozialwissenschaften interessieren; Studierende der Sozialwissenschaften, die sich mit methodologischen Grundlagendebatten auseinandersetzen wollen; Studierende der Geschichtswissenschaften, die sich für Wissenschaftsgeschichte in disziplinengeschichtlicher und transnationaler Perspektive interessieren.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

- Wöchentliche Kommentare zur Textgrundlage (1–2 Seiten). Zweimaliges Auslassen möglich.
- Impulsreferate (10 Minuten) zu den abgegebenen Kommentaren zur Strukturierung und Einleitung der Diskussion.
- Abschlussessay (5 Seiten): Die Essays werden in den letzten Sitzungen gemeinsam diskutiert.
- Optional Input-Referate (10 Minuten) zum historischen Kontext der diskutierten Texte oder ihrem Bezug auf aktuelle Debatten (auf der Grundlage von Zusatztexten).

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Regelmäßige Teilnahme.
Wöchentliche Kommentare (50%).
Abschlussessay (30%).
Referat (20%).

Prüfungsstoff

Literatur

(Folgende Literatur dient der Orientierung zum Zugang des Seminars. Primärliteratur wird in der ersten Sitzung bzw. auf Moodle bekanntgegeben.)
Feest, Uljana (Hg.) (2010): Historical Perspectives on Erklären and Verstehen. Dordrecht: Springer.
Heilbron, Johan/Lenoir, Remi/Sapiro, Gisèle (Hg.) (2004): Pour une histoire des sciences sociales. Paris: Fayard.
Kneer, Georg/Moebius, Stephan (Hg.) (2010): Soziologische Kontroversen. Beiträge zu einer anderen Geschichte der Wissenschaft vom Sozialen. Berlin: Suhrkamp.
Lepenies, Wolf ([1985] 2006): Die drei Kulturen. Soziologie zwischen Literatur und Wissenschaft. 3. Auflage. Frankfurt/Main: S. Fischer Verlag.
Ringer, Fritz (1992): Fields of knowledge. French academic culture in comparative perspective, 1890-1920. Cambridge: Cambridge University Press.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:36