Universität Wien

180124 SE Sprachphilosophie in neuro- und psycholinguistischen Perspektiven (2024S)

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Hinweis der SPL Philosophie:

Das Abgeben von ganz oder teilweise von einem KI-tool (z.B. ChatGPT) verfassten Texten als Leistungsnachweis (z.B. Seminararbeit) ist nur dann erlaubt, wenn dies von der Lehrveranstaltungsleitung ausdrücklich als mögliche Arbeitsweise genehmigt wurde. Auch hierbei müssen direkt oder indirekt zitierte Textstellen wie immer klar mit Quellenangabe ausgewiesen werden.

Die Lehrveranstaltungsleitung kann zur Überprüfung der Autorenschaft einer abgegebenen schriftlichen Arbeit ein notenrelevantes Gespräch (Plausibilitätsprüfung) vorsehen, das erfolgreich zu absolvieren ist.

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Die Lehrveranstaltung wird hybrid angeboten, eine Teilnahme an den Sitzungen ist wahlweise in Präsenz vor Ort oder per Videokonferenz möglich.
Über den Modus Ihrer Teilnahme (Präsenz/digital) können Sie von Sitzung zu Sitzung entscheiden.

Bitte stellen Sie für eine Teilnahme per Video-Konferenz sicher, dass Ihr Mikrophon und Ihre Kamera funktionieren und dass Sie über eine stabile Internetverbindung verfügen.

  • Montag 11.03. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3B NIG 3.Stock
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 18.03. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 08.04. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 15.04. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 22.04. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 29.04. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 06.05. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 13.05. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 27.05. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 03.06. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 10.06. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 17.06. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Montag 24.06. 08:00 - 09:30 Hybride Lehre
    Hörsaal 3F NIG 3.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Sprache zeichnet die menschliche Existenz aus. Sie ist eine basale Form der sozialen Interaktion, erfüllt wesentliche Funktionen in einer Reihe von kognitiven Prozessen, sie bestimmt unsere Identität, unser Selbstverhältnis und unseren Zugang zur Welt.

Die Sprachphilosophie setzt das Sprachvermögen zumeist als eine unproblematische Gegebenheit voraus: in vielen Kompendien der Sprachphilosophie bleiben die möglichen Störungen der menschlichen Sprachfähigkeit ausgeklammert.

Im Seminar wird demgegenüber der Ansatz verfolgt, neben den Potentialen des menschlichen Sprachvermögens auch dessen mögliche Beeinträchtigungen in den Blick zu nehmen. Dabei werden insbesondere zwei Bereiche fokussiert: Aphasien (Sprachstörungen) und Autismus-Spektrum-Störungen (Beeinträchtigungen der Fremdwahrnehmung, der sozialen Interaktion und Kommunikation, die in schweren Fällen frühkindliche Sprachentwicklungsstörungen bedingen können).

Aphasien sind neurogen bedingte Sprachstörungen, die nach erfolgtem Spracherwerb aufgrund von Schädigungen sprachrelevanter Areale im Gehirn auftreten, verursacht insbesondere durch Schlaganfälle, aber auch durch eine Reihe von anderen Erkrankungen oder durch Unfälle. Wörtlich bezeichnet die Aphasie einen Verlust der Sprache, wobei dieser Verlust selbstverständlich sehr unterschiedlichen Ausmaßes sein kann. Wortfindungsstörungen, Agrammatismus, die Prägung schwer verständlicher Neologismen können auf der Seite der Sprachproduktion zur aphasischen Symptomatik gehören. Ebenso können Sprachrezeption, Schreib- und Lesefähigkeit betroffen sein.

Autismus-Spektrum-Störungen zählen zu den Entwicklungsstörungen und sind gekennzeichnet durch qualitative Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion und Kommunikation. Insbesondere das Vermögen, nonverbale Signale wie Gestik, Mimik, Blickverhalten und Prosodie zu entschlüsseln sowie die Fähigkeit, sich in andere Personen hineinzuversetzen (Mentalisierung / Theory of Mind / kognitive Perspektivübernahme) sind eingeschränkt.

Während Aphasien mithin vorrangig die verbale Kommunikation betreffen, betreffen Autismus-Spektrum-Störungen – in sprachlicher Hinsicht – insbesondere die nonverbale Kommunikation. Während sich einige Schnittmengen ergeben, macht gerade der Kontrast von verbaler und nonverbaler Dimension des Sprachspektrums die Bezugnahme auf beide Phänomene interessant.

Das Seminar zielt auf die Diskussion, wie sich Beeinträchtigungen des Sprachvermögens aus philosophischer Perspektive reflektieren lassen. Im Zentrum steht ein Ansatz, der die geistige Komplexität von Sprache im Zusammenhang mit organischen Faktoren betrachtet. Über kognitionswissenschaftliche Ansätze hinausgehend, werden Sprachstörungen (Aphasien) auch als gravierende existentielle Erfahrungen für Betroffene wie Angehörige in den Blick gerückt. Je nach der Schwere der Schädigung stellt eine Aphasie eine tiefgreifende Krise im Gefüge der Subjektivität dar: Die Beeinträchtigung des Artikulationsvermögens, die sehr plötzlich auftreten kann, betrifft nicht allein die vordergründig auffälligsten Bereiche von Kommunikation und Alltag, sondern erfasst die soziale Lebenswelt, die persönlichen Autonomiepotentiale, das Selbstverständnis und die Beziehung zu sich selbst.

Diskutiert werden unter anderem: Zusammenhänge von Sprache, Wahrnehmung, Denken und sozialer Mitwelt; Zusammenhänge von verbalen und nonverbalen Ausdrucksformen; Zusammenhänge von Sprache und Musik (wie sie in der Aphasie-Therapie relevant sind); das Verhältnis von Sprache und Subjektivität; ethische Fragestellungen im Zusammenhang mit Sprachstörungen (etwa Aspekte der Autonomie, der gesellschaftlichen Teilhabe und der Lebensqualität).

Neben rezent erschienen Publikationen werden auch einige historische Texte Teil der Literaturbasis sein.

Die für die einzelnen Einheiten ausgewählten Texte werden selbständig zuhause gelesen und in den Seminarsitzungen diskutiert.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

1. Teilnahme an den Sitzungen

2. Beiträge zur Seminardiskussion (max. 15 Punkte)

3. Referat mit Diskussionsbeitrag: Schriftliche Ausarbeitung (im Umfang von 2–3 Seiten) und kurze mündliche Präsentation (ca. 8–10 Minuten). Das Referat soll sich aus zwei Teilen zusammensetzen: (1) Kurze Einordnung und Zusammenfassung des Textes. (2) Textreflexion / Kritik / Diskussionsbeitrag zum vorgestellten Text. Die schriftliche Ausarbeitung des Referats soll jeweils mittwochs vor der betreffenden Sitzung zur Verfügung gestellt werden, sodass der Text im Vorfeld gelesen werden kann. (max. 30 Punkte)

4. Seminararbeit im Umfang von etwa 15 Seiten und Gespräch über die Seminararbeit mit der Seminarleiterin (max. 55 Punkte)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

1. Teilnahme an den Sitzungen (max. 2x unentschuldigtes Fehlen)
2. Schriftliche Ausarbeitung und mündliche Vorstellung eines Referats
3. Seminararbeit (Mindestumfang: 10 Seiten)

Notenschlüssel:
1: 100–90 Punkte
2: 89–80 Punkte
3: 79–70 Punkte
4: 69–60 Punkte
5: 59–00 Punkte

Ein unentschuldigtes Fehlen in der ersten Einheit führt automatisch zur Abmeldung.

Prüfungsstoff

Es handelt sich um eine prüfungsimmanente Lehrveranstaltung.
Der Prüfungsstoff entspricht der Literaturbasis des Seminars.
Für die Abschlussarbeiten besteht die Möglichkeit, über die im Seminar diskutierte Literatur hinaus nach Absprache verwandte weitere Schriften zu fokussieren.

Die für die Seminarsitzungen zu lesenden Texte werden auf moodle zur Verfügung gestellt.

Literatur

Freud, Sigmund: Zur Auffassung der Aphasien. Eine kritische Studie (1891), hg. v. Paul Vogel, München 1992.

Ingram, John C. L.: Neurolinguistics. An Introduction to Spoken Language Processing and its Disorders, Cambridge 2007.

Lindmeier, Christian, Stephan Sallat und Katrin Ehrenberg (Hg.): Sprache und Kommunikation bei Autismus, Stuttgart 2023.

Lutz, Luise: Das Schweigen verstehen. Über Aphasie (1992), 4. überarb. Aufl., Berlin/Heidelberg 2010.

Merleau-Ponty, Maurice: Phänomenologie der Wahrnehmung (1945: Phénoménologie de la Perception, übers. v. Rudolf Boehm), Berlin1966 [Photomechanischer Nachdruck 1974].

Müller, Horst M.: »Sprachstörungen durch Hirnschädigung«, in: ders.: Psycholinguistik – Neurolinguistik. Die Verarbeitung von Sprache im Gehirn, Wien/Köln/Weimar 2013, 81–96.

Plessner, Helmuth: »Zur Hermeneutik nichtsprachlichen Ausdrucks« (1967), in: ders.: Ausdruck und menschliche Natur, Gesammelte Schriften, hg. v. Günter Dux et al., Bd. 7, Frankfurt/M 2016.

Rebuschat, Patrick et al.: Language and Music as Cognitive Systems, Oxford/New York 2012.

Schleiermacher, Friedrich: Vorlesungen über die Psychologie, in: ders.: Kritische Gesamtausgabe, hg. v. Günther Meckenstock et al., Bd. II/13, Dorothea Meier, Berlin/Boston: De Gruyter 2018.

Schneider, Barbara, Meike Wehmeyer und Holger Grötzbach: Aphasie. ICF-orientierte Diagnostik und Therapie (2001), 7. überarb. Aufl., Berlin/Heidelberg: Springer 2021 [Praxiswissen Logopädie].

Taylor, Charles: The Language Animal. The Full Shape of the Human Linguistic Capacity, Cambridge (Mass.)/London: The Belknap Press of Harvard University Press 2016.

Tomasello, Michael: Becoming Human. A Theory of Ontogeny, Cambridge (Mass.)/London 2019.

Villatte, Matthieu, Jennifer L. Villatte, Steven C. Hayes: Mastering the Clinical Conversation. Language as Intervention, New York/London 2019.

Welsh, Renate: Ich ohne Worte. Erzählung, Wien 2023.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Do 07.03.2024 10:26