Universität Wien

180204 VO Traum und Realität (2019W)

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

Sprache: Deutsch

Prüfungstermine

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Wichtige Anmerkung : Diese Vorlesung hat eine etwas längere Dauer von 2 Stunden und 15 Minuten. Dafür entfallen alle Termine im Jänner. Der letzte Termin ist der 13.12.2019.

Freitag 11.10. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 18.10. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 25.10. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 08.11. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 15.11. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 22.11. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 29.11. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 06.12. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 13.12. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 10.01. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 17.01. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 24.01. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Freitag 31.01. 15:00 - 17:15 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Ziel der Vorlesung ist es, anhand unterschiedlicher Perioden der Philosophiegeschichte einen Überblick zu vermitteln, wie (teilweise disparat) über das Phänomen Traum gedacht wurde. Dabei werden wir den Traum insbesondere in Hinblick auf die Frage der Realität(-sauffassung) betrachten. Hierfür sollen nicht nur einschlägige, klassische Abhandlungen aus der griechischen Antike (Platon, Aristoteles), neuzeitliche Autoren (wie Descartes, Locke, Leibniz, Hume und Kant), Überlegungen der Psychoanalyse Freuds und C. G. Jungs, neueste Entwicklungen der empirisch-klinischen Traumforschung in Schlaflaboren sowie die weitreichenden Investigationen der Phänomenologie (Boss, Binswanger, Sartre, Wyss, Von Uslar) in den Fokus gerückt werden, sondern auch Texte außereuropäischer Philosophien, wie etwa die traumtheoretischen Reflexionen des Advaita Vendata, der daoistischen Zhuangzi-Lehre sowie auch indigener Traumtheorien aus dem Amazonas.

Inhalt: Wir möchten zunächst der kanonischen Narration einer abendländischen Philosophiegeschichte folgen und nachzeichnen, wie sich jene bereits im Mythos vollzogene, in den Anfängen der theoretischen Einstellung der griechischen Antike sich verfestigende und mit der Neuzeit sich endgültig durchsetzende Trennung zwischen Traum und Wirklichkeit vollzogen hat. Es handelt sich um eine epistemologisch begründete Trennung, die zugleich zu einer ontologischen Degradierung der Traumerfahrung führte bzw. führen musste: Spätestens mit den Philosophien der Neuzeit, welche beflügelt von den Naturwissenschaften die Textur einer rational geordneten Wirklichkeit und damit die Rationalität selbst systematisch zu bestimmen versuchten, erscheint der Traum nur noch als das Dubiose, das Illusionäre, als eine Täuschung und im Weiteren als das Irrationale par excellence. In solch negativer Bestimmung wird der Traum andererseits als eine positive Markierungslinie für die vernünftige Realität als solche in Stellung gebracht. An der Negativität des Traums als einem radikalen Zweifelsmoment soll sich bemessen, was (ir)real ist und somit innerhalb der Grenzen des Vernünftigen gelten darf. Erst mit Sigmund Freud, der auf das Trauminteresse der (sich damals in den Anfängen befindlichen) Psychologie und Anthropologie des 19. Jahrhunderts aufbauen konnte, wird der oneirischen Erfahrung erneut eine zentrale Rolle zugesprochen: Der Traum wird zur Sprache einer an sich verdrängten Realität, zu einer metaphorisch codierten Bildsprache des Unbewussten erhoben.

Mit einer Kritik an der Psychoanalyse, wie sie sowohl von er aktuellen empirischen Traumforschung wie auch von der Phänomenologie geäußert wurde, kommen wir schließlich zu den gegenwärtigen Debatten rund um das oneirische Phänomen: Inwiefern kann die Traumerfahrung (jenseits der epistemologischen Degradierung oder Verbannung in eine Metapsychologie) in ihrer eigenen Realität bzw. in ihrem eignen Realitätsglauben beschrieben werden? Worin zeichnet sich die Wirklichkeit des Traums aus? Welche epistemologischen Vermögen und (Prä)Suppositionen (wie etwa körperliche Sensibilität, Raum- und Zeiterleben, Alterität, Intersubjektivität) müssen im Spiel sein, damit es überhaupt zu einer (als real aufgefassten) Traumerfahrung kommen kann? Inwiefern stellt gar jene ungeheuerliche Naivität, die den Traum während des Träumens als unhinterfragbare Realität erscheinen lässt, die Grundlage dafür, dass wir auch während des Wachens so selbstverständlich einem naiven Realismus anheimfallen?

Insbesondere die phänomenologischen Freilegungen der oneirischen Erfahrung werden es uns schließlich erleichtern, in den abschließenden Stunden der LV auf die Interkulturalität all dieser Problemstellungen einzugehen. Wir werden jedenfalls sehen, dass diese erarbeiteten Fragen in den Kontexten fernöstlicher und indigener Philosophien ebenso bekannt sind und uns die Möglichkeit bieten, im Hinblick auf den Traum und die Frage der Realität an einen interkulturellen und dekolonialen Diskurs anzuknüpfen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mündliche oder schriftliche Prüfung bestehend aus Verständnisfragen zur Primärliteratur und zum Vorlesungsinhalt. Die einschlägigen Textstellen und Powerpoints der Vorlesung werden via Moodle zur Verfügung gestellt. Damit diese eingesehen werden können, ist eine Anmeldung erforderlich.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Siehe Leistungskontrolle

Prüfungsstoff

Siehe Leistungskontrolle

Literatur

Alle für die Vorlesung relevanten Texte werden via Moodle zur Verfügung gestellt. Hierfür ist jedoch eine Anmeldung für die LV erforderlich. Weiter unten ist ein Verzeichnis hilfreicher (Sekundär-)Literatur aufgelistet. Diese befinden sich teilweise auch im Handapparat bzw. im Bestand der Bibliothek:

Adorno, Theodor W.: Traumprotokolle, Frankfurt a.M., 2018.
Alt, Peter-André: Der Schlaf der Vernunft: Literatur und Traum in der Kulturgeschichte der Neuzeit, München, 2002.
Ates, Murat: Phänomenologie des Traums, Dissertation, 2018.
Ates, Murat: »Oneiric Existence. (Re)Tracing the Phenomenon of Dreaming through Readings from Plato and Nietzsche«, in: Bernard Dieterle & Manfred Engel (Hg.): Historizing the Dream / Le rêve du point de vue historique, Würzburg, 2019
Ates, Murat: »Dubious Perceptions. Enlightenment Philosophers’ Understanding of Dreams«, in: Bernard Dieterle & Manfred Engel (Hg.), Theorizing the Dream/ Les savoirs et théories du rêve,Würzburg, 2017, S. 189–207.
Benjamin, Walter: »Traumkitsch«, in: Gesammelte Schriften, Band 2, Frankfurt a.M., 1977, S. 620 – 622.
Binswanger, Ludwig: Wandlungen in der Auffassung und Deutung des Traums, Berlin, 1928.
Boss, Medard: Der Traum und seine Auslegung, Bern, 1974.
Dentan, Robert Knox: "Ethnographic considerations in the cross-cultural study of dreaming", in: Jayne Gackenbach (Hg), Sleep and Dreams, New York, 2012.
Dodds, Eric Robertson: Die Griechen und das Irrationale, Darmstadt, 1970.
Foucault, Michel: Einführung, in: Ludwig Binswanger: Traum und Existenz, Berlin, 1992.
Gehring, Petra: Traum und Wirklichkeit, Frankfurt, 2008.
Gemenetzis, Konstantin: »Nachklänge des ›Schmetterlingstraums«, in: Daseinsanalyse – Jahrbuch für phänomenologische Anthropologie und Psychotherapie 24, 2008, S. 150–154.
Goldman, Stefan: Via regia zum Unbewußten. Freud und die Traumforschung im 19 Jahrhundert, Gießen, 2003.
Kopenawa, Davi & Bruce Albert: The Falling Sky. Words of a Yanomami Shaman, London, 2013.
Krovoza, Alfred & Walde, Christine (Hg.): Traum und Schlaf. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart, 2018.
Marinelle, Lydia & Mayer, Andreas: Träume nach Freud – Die ›Traumdeutung‹ und die Geschichte der psychoanalystischen Bewegung, Wien, 2009.
Mishra, Umesha: »Dream theory in Indian Thought«, in: The Allahabad University Studies 5, 1929, S. 269–321.
Rinpoche, Tenzin Wangyal: The Tibetan Yogas of Dream and Sleep, Delhi, 2004.
Sartre, Jean-Paul: Das Imaginäre. Phänomenologische Psychologie der Einbildungskraft, Hamburg, 1994
Schredl, Michael: Die nächtliche Traumwelt. Eine Einführung in die psychologische Traumforschung, Stuttgart, 1999.
Seitter, Walter: Kunst der Wacht. Träumen und andere Wachen, Berlin, 2001.
Sharma, Arvind: Sleep as a State of Consciousness in Advaita Vedānta, New York, 2004.
Türke von Beck, Christoph: Philosophie des Traums, München, 2008.
Ong, Robert K.: The Interpretation of Dreams in Ancient China, Bochum, 1985.
Pick, Daniel & Roper, Lyndal (Hg.): Dreams and History. The Interpretation of Dreams from Ancient Greece to Modern Psychoanalysis, New York, 2004.
Viveiros de Castro, Eduardo: »The Crystal Forest: Notes on the Ontology of Amazonian Spirits«, in: Inner Asia 9 (2), 2007, S. 154 –172.
Von Uslar, Detlev: Der Traum als Welt, Stuttgart, 1990.
Wohlfart, Günter: Zhuangzi (Dschuang Dsi), Freiburg, 2001
Wyss, Dieter : Traumbewußtsein? Grundzüge einer Ontologie des Traumbewußtseins, Göttingen, 1988.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Sa 10.09.2022 00:19