Universität Wien

180220 SE Zeitgenössische Raumtheorien (2019W)

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

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Dienstag 08.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 15.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 22.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 29.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 05.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 12.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 19.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 26.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 03.12. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 10.12. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 17.12. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 07.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 14.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 21.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
Dienstag 28.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Das Seminar bietet einen breiten Überblick über aktuelle, fachübergreifende Diskussionen über Raum und untersucht neue Raumbegriffe, die Anwendung in den Kultur- und Sozialwissenschaften, sowie auch in der Kunst und den Medien erfahren haben.
In ihrer Auseinandersetzung mit dem modernen naturwissenschaftlichen Raumbegriff betonten Phänomenologen, dass Räume erlebt, leiblich-kinästhetisch konstituiert und durch Wohnen erschlossen werden (Heidegger, Waldenfels), und prägten damit die Architekturtheorie (Alexander). Auch entsprechen den unterschiedlichen Sinnesmodi jeweils andere Räumlichkeitsstrukturen, deren Beschreibung an die Grenzen der Sprache stößt. Neuere Forschungen fügten den klassischen Begriffen von Ort, Stelle, Gegend, Weg und Fülle/Leere Termini wie Voluminosität (Schmitz), Grenze und Oberfläche (Casey) hinzu. Eine große Resonanz erfuhr in den letzten Jahren der aus der Phänomenologie des Gefühlsraums stammende Begriff von Atmosphäre (Schmitz, Böhme, Hasse, Griffero). Ästhetische, soziale und mediale Atmosphären werden derzeit in der Bildungswissenschaft, Medientheorie, Architekturtheorie, aber auch Wirtschaftspsychologie untersucht und Philosophen bemühen sich um die Grundlegung der sog. Atmosphärologie (Griffero).
Andere Ansätze unterstreichen die kontextuelle Wechselwirkung zwischen dem Raum und den Sozialpraktiken (de Certeau). Räume stellen Ressourcen dar und stellen Identitäten her. Die Raumproduktion drückt Hierarchieverhältnisse aus und bekräftigt Machtstrukturen oder aber stellt sie in Frage (Lefebvre). Diskriminierte Gruppen – ob Frauen, Fremde oder Menschen mit Behinderungen – müssen ihren Zugang zu öffentlichen Räumen erst ausverhandeln (Meskimmon). So haben Heterotopien ein ambivalentes Verhältnis zu den etablierten Raumordnungen und enthalten ein gesellschaftstransformatives Potential (Foucault). Während Termini wie Aura, Sphäre oder Topophilia noch an positive Ortserfahrungen anknüpfen (Didi-Huberman, Sloterdijk, Tuan), häuften sich in den poststrukturalistischen Theorien neue Begriffsbildungen, die eine beunruhigende Dynamik zum Ausdruck bringen (Deleuze, Guattari).
Gleichzeitig wurde die Raumbegrifflichkeit von Sozialwissenschaftlern bereichert: Das Erleben von Nicht-Orten ist typisch für die anonymisierten Sozialinteraktionen in der modernen Gesellschaft (Augé). Trotz elektronischer Kommunikation sind Aktivitäten immer noch an physische Standorte gebunden, welche als Knotenpunkte in einem Netzwerk fungieren (Castells). Der Dritte Raum bezeichnet in der Medienphilosophie einen hybriden Sozialraum, in dem physisch entfernte Menschen miteinander im virtuellen Raum kommunizieren; in den postkolonialistischen Theorien bezieht er sich vielmehr auf eine Begegnungszone verschiedener Kulturen, die Handlungsspielräume für die schwächeren Kulturen erschließt (Bhabha). Weitere Raumbegriffe, die im Seminar anhand einschlägiger Literatur behandelt werden können, sind die Umwelt, Landschaft, Sinneslandschaft und flüssiger Raum.

Didaktik: Einführung durch die LV-Leiterin, Impulsreferat, PowerPoint-Präsentationen, Diskussionen, Reader verfügbar auf Moodle.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Impulsreferat, aktive Teilnahme an Diskussionen, Seminararbeit

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Impulsreferat, aktive Teilnahme an Diskussionen, Seminararbeit

Prüfungsstoff

Literatur

Alexander, Christopher, The Nature of Order. An Essay on the Art of Building and the Nature of the Universe, Berkeley: The Center for Environmental Structure, 2005.
Augé, Marc. 1994. Orte und Nicht-Orte: Vorüberlegungen zu einer Ethnologie der Einsamkeit. Frankfurt/M.: Fischer.
Berleant, Arnold. 2005. Aesthetics and Environment. Variations on a Theme. Burlington: Ashgate.
Bhabha, Homi K. 2011. Die Verortung von Kultur. Tübingen: Stauffenburg.
Böhme, Gernot. 2006. Architektur und Atmosphäre. München: Fink.
Casey, Edward S. 2017. The World on Edge. Bloomington: Indiana University Press.
Castells, Manuel. 1999. Space flow – Der Raum der Ströme. In: Stefan Bollmann (Hg.): Kursbuch Stadt. Stadtleben und Stadtkultur an der Jahrtausendwende. Stuttgart: DVA, 39–81.
Certeau, Michel de. 1988. Kunst des Handelns. Berlin: Merve, 179–208.
Deleuze, Gilles, Félix Guattari. 1977. Rhizom. Berlin: Merve.
Foucault, Michel. 2005. Die Heterotopien. Der utopische Körper. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Griffero, Tonino. 2010. Atmospheres: Aesthetics of Emotional Spaces. Farnham: Ashgate.
Heidegger, Martin. 1967. Bauen Wohnen Denken. In: Vorträge und Aufsätze, Pfullingen: Neske, 139–156.
Lefebvre, Henri. 2006. Die Produktion des Raums. In: Jörg Dünne, Stefan Günzl (Hg.), Raumtheorien. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 330–342.
Norberg-Schulz, Christian, Genius loci. Landschaft, Lebensraum, Baukunst, Stuttgart: Klett-Cotta, 1982.
Meskimmon, Marsha. 2003. Embodiment: space and situated knowledge. In: Women Making Art. London: Routledge, 75–90.
Schmitz, Hermann. 1969. System der Philosophie. III. Der Gefühlsraum. Bonn: Bouvier, 185–342.
Sloterdijk, Peter. 1998. Sphären I. Blasen. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Soja, Edward W. 1996. Thirdspace. Journeys to Los Angeles and other real-and-imagined places. London: Blackwell.
Waldenfels, Bernhard. 2009. Ortsverschiebungen, Zeitverschiebungen. Modi leibhaftiger Erfahrung. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:21