Universität Wien

180740 VO Modul 4: Lektüre psychoanalytischer Texte (2011S)

Psychoanalyse als Wissenschaft - Die Beziehung zu ihrer Nachbardisziplinen und der Standpunkt der Philosophie der Wissenschaft

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie

HS 3D, Beginn ist Dienstag 15.03.2011, 19.00-20.30 Uhr
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Details


Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Seit über einem Jahrhundert bietet die Psychoanalyse eine eigenständige Theorie des Geistes, eine therapeutische Behandlungsform und eigene Untersuchungsmethoden an. Bleibt die Psychoanalyse die kohärenteste und intellektuell befriedigendste Theorie des Geistes, wie sie der Neurobiologe Eric Kandel bezeichnet? Empirische und experimentelle psychoanalytische Untersuchungen (u.a. die Subliminalitätsforschung, frühkindliche Forschung, Affektforschung), die sich als Grundlagenforschung verstehen, tragen dazu bei, die Grundannahmen der Psychoanalyse in Frage zu stellen, zu ergänzen und zu aktualisieren. Durch die Begegnung mit ihren Nachbardisziplinen integriert die Psychoanalyse Beschreibungen, Erklärungen und Methodologien aus der kognitiven Neurobiologie, der Neuropsychologie, den Kognitionswissenschaften und der Evolutionstheorie. Wird diese Synergie die Erneuerung der Metapsychologie auf wissenschaftlicher Grundlage (David Olds) ermöglichen? Sind die Psychoanalyse und ihre Nachbardisziplinen unterwegs zu einer allgemeinen interdisziplinären Theorie des Geistes? Auch die Fallstudienmethode erlebt dank der Neuropsychoanalyse eine Renaissance, die Ergebnisse der neuropsychoanalytischen Forschung wirken sich bereits auf den klinischen Alltag aus (z. B. effektivere Behandlung von Lernhemmungen und Aufmerksamkeitsdefizitstörungen). Die Vergangenheit der Beziehungen zwischen Psychoanalyse und der Philosophie der Wissenschaften war bewegt und wird in der VO nachgezeichnet. Wird diese Psychoanalyse im Wandel den Kriterien der gegenwärtigen Philosophie der Wissenschaft genügen können?
Die multimediale VO wird durch die Lektüre psychoanalytischer Texte in diese breitgefächerte Diskussion einführen und Beispiele aus der laufenden Forschung anführen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Zeugnisse können durch Kolloquien erworben werden. Auch schriftliche Arbeiten sind für HörerInnen der VO oder nach persönlicher Vereinbarung in der Sprechstunde (Dienstag 14:00-15:00, Zi. C0215) möglich.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Literatur

Ein Ordner mit den ausgewählten Auszügen aus der empfohlenen Literatur wird den Studierenden zur Verfügung gestellt (Sekretariat Frau Zuccato, Institut für Philosophie, Zimmer C0216, 2. Stock, NIG).

Kalender der Lektüren: Ausgewählte Auszüge aus folgenden Werken werden in der VO vorgestellt:

15. März 2011: Freud, S. (1913j). Das Interesse an der Psychoanalyse. Gesammelte Werke 8: 389-420.

22. März 2011: Freud, S. (1933a [1932]). 35. Vorlesung. Über eine Weltanschauung. Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Gesammelte Werke 15: 170-197.

29. März 2011: Hartmann, H. (1959). Psychoanalysis as a scientific theory. In Psychoanalysis, Scientific Method, and Philosophy hg. S. Hook. New York: New York University Press, S. 3-37.

5. April 2011: Waelder, R. (1962). Psychoanalysis, scientific method, and philosophy. Journal of the American Psychoanalytical Association 10: 617-637.

12. April 2011: Green, A. (1996a). Welche Forschung für die Psychoanalyse? InternationalPsychoanalysis. The Newsletter of the IPA. Deutsche Ausgabe 5/1: 10-14.
Wallerstein, R. S. (1996). Psychoanalytische Forschung: Wo sind wir unterschiedlicher Meinung? International Psychoanalysis. The Newsletter of the IPA. Deutsche Ausgabe 5/1: 15-17.
Green, A. (1996b). Antwort auf Robert S. Wallerstein. International Psychoanalysis. The Newsletter of the IPA. Deutsche Ausgabe 5/1: 18-21.

3. Mai 2011: Grünbaum, A. (1991). Eine zusammenfassende Darstellung von Die Grundlagen der Psychoanalyse. Eine philosophische Kritik. In Kritische Betrachtungen zur Psychoanalyse hg. A. Grünbaum. Berlin & Heidelberg: Springer Verlag, S. 3-31.

10. Mai 2011: L. Luborsky (1991). Beweise, die Grünbaum Bedenken hinsichtlich Freuds Methode der klinischen Schlußfolgerung verringern können. In Kritische Betrachtungen zur Psychoanalyse hg. A. Grünbaum. Berlin & Heidelberg: Springer Verlag, S. 107-111.
Shevrin, H. (1991). Ein Argument für die Beweiskraft von psychoanalytischen Daten. In Kritische Betrachtungen zur Psychoanalyse hg. A. Grünbaum. Berlin & Heidelberg: Springer Verlag, S. 142-145.

17. Mai 2011: Kandel, E.R. (2006). Psychiatrie, Psychoanalyse und die neue Biologie des Geistes. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 125-154.

24. Mai 2011: Kandel, E.R. (2006). Psychiatrie, Psychoanalyse und die neue Biologie des Geistes. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 163-174.

31. Mai 2011: Leichsenring, F. & Rabung, S. (2008). Effectiveness of long-term psychodynamic psychotherapy: a meta-analysis. Journal of the American Medical Association 300 (13): 1551-1565.
Leichsenring, F. & Rabung, S. (2009). Zur Wirksamkeit psychodynamischer Langzeittherapie bei komplexen psychischen Störungen. Nervenarzt 80 (11): 1343-1349.

7. Juni 2011: Shedler, J. (2010). The efficacy of psychodynamic psychotherapy. American Psychologist 65: 98-109

21. Juni 2011: Giampieri-Deutsch, P. (2010). Psychoanalysis: Philosophy and/or Science of Subjectivity? Prospects for a Dialogue between Phenomenology, Philosophy of Mind, and Psychoanalysis. In Founding Psychoanalysis Phenomenologically. Phenomenological Theory of Subjectivity and the Psychoanalytical Experience, hg. D. Lohmar & J. Brudzinska. Phaenomenologica, Heidelberg & New York: Springer, S. 104-131.

28. Juni 2011: Giampieri-Deutsch, P. (2010). Some remarks on psychoanalytic research and universities. International Forum of Psychoanalysis 19/4: 210-217.

Weiterführende Literatur:

Erdelyi, M. H. (1985). Psychoanalysis: Freud´s Cognitive Psychology. New York: W. H. Freeman.
Farrell, B. A. (1981). The Standing of Psychoanalysis. New York & Oxford: Oxford University Press.
Giampieri-Deutsch, P., Hg. (2002). Psychoanalyse im Dialog der Wissenschaften. Europäische Perspektiven. Bd. 1. Stuttgart: Kohlhammer.
Giampieri-Deutsch, P., Hg. (2004). Psychoanalyse im Dialog der Wissenschaften. Anglo-amerikanische Perspektiven. Bd. 2. Stuttgart: Kohlhammer.
Giampieri-Deutsch, P., Hg. (2005). Psychoanalysis as an Empirical, Interdisciplinary Science. Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Grünbaum, A. (1984). Die Grundlagen der Psychoanalyse. Eine philosophische Kritik. Stuttgart: Reclam 1988
Grünbaum, A. (1993). Validation in the Clinical Theory of Psychoanalysis. New York: International University Press.
Kitcher, P. (1992). Freud’s Dream. A Complete Interdisciplinary Science of Mind. Cambridge, Mass.: MIT Press.


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

(191 )EC 1 - Modul 4

Letzte Änderung: Mi 19.08.2020 08:02